2023: Mehr Abschiebungen und mehr Visa für Familiennachzug

24.12.2023 Zahlen für das ablaufende Jahr erfragte MdB Bünger. Das Innenministerium antwortete: 2023 wurden 13.512 Menschen abgeschoben und damit mehr als im Gesamtjahr 2022 und Deutschland hat im laufenden Jahr deutlich mehr Visa zum Familiennachzug vergeben als 2022. Bis zum 12. Dezember waren es 124.625 Visa. Aber Familien von Geflüchteten profitierten nur in geringem Ausmaß: Nur ein kleiner Teil der Visa ging 2023 den Daten zufolge an Verwandte anerkannter Flüchtlinge (10.570), subsidiär Schutzberechtigter (12.067) sowie von Asylberechtigten (254). Für Verwandte von in Deutschland lebenden Menschen, die nicht Geflüchtete sind, wurden dagegen 101.734 Visa erteilt. Die Parlamentarierin gab die Ergebnisse der Presse bekannt. Wir zitieren zwei Beiträge:

1. Vergleich mit dem Vorjahr - Mehr Menschen aus Deutschland abgeschoben

Die Tagesschau berichtete am 21.12.2023:

Während der Corona-Pandemie sanken die Abschiebezahlen - doch in diesem Jahr mussten wieder mehr Menschen Deutschland verlassen. 2023 wurden 13.512 Menschen abgeschoben und damit mehr als im Gesamtjahr 2022, teilte das Innenministerium mit.

Die Zahl der Abschiebungen aus Deutschland ist gestiegen. In den ersten zehn Monaten des laufenden Jahres wurden bereits mehr Menschen abgeschoben als im gesamten Jahr 2022. Das geht aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linkspartei-Abgeordneten Clara Bünger hervor, die der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ) vorliegt. Von Januar bis Ende Oktober wurden demnach 13.512 Menschen aus Deutschland abgeschoben, im gesamten Jahr 2022 waren es 12.945 Abschiebungen gewesen.

Damit sei allerdings das Niveau von vor der Corona-Pandemie immer noch nicht wieder erreicht, 2019 seien noch 22.097 Menschen aus Deutschland abgeschoben worden. Vor allem wegen der Pandemie hatte es dem Bericht zufolge in den vergangenen Jahren deutlich weniger Abschiebungen gegeben: 2021 seien es 11.982 Menschen und 2020 seien es 10.800 Personen gewesen.

Den Angaben aus dem Bundesinnenministerium zufolge registrierte die Bundespolizei im selben Zeitraum von Januar bis Ende Oktober dieses Jahres 23.872 freiwillige Ausreisen. Die meisten Rückkehrer waren türkische Staatsangehörige, gefolgt von albanischen, mazedonischen und georgischen Staatsbürgern.

Zielstaaten waren Österreich und Georgien

Einer der wichtigsten Zielstaaten für Abschiebungen war in diesem Jahr das EU-Land Österreich. Bei den Abschiebungen nach Österreich dürfte es um Menschen gehen, die wegen eines vorherigen Aufenthalts dort ihr Asylverfahren durchlaufen müssen. Denn nach der sogenannten Dublin-Verordnung sollen Asylbewerber dort registriert werden, wo sie die Europäische Union zuerst betreten haben.

Deutsche Behörden schoben demnach auch viele Menschen nach Georgien, Nordmazedonien, Moldau und Albanien ab. Diese Länder gelten als sichere Herkunftsländer beziehungsweise als sichere Drittstaaten. Besonders deutlich ist demnach der Anstieg bei Abschiebungen in die Türkei. Von Januar bis Ende Oktober wurden 744 Menschen dorthin abgeschoben, im Gesamtjahr 2022 waren es 515 Abschiebungen.

Bünger pocht auf dauerhaftes Bleiberecht

Die Linkspartei-Abgeordnete Bünger kritisierte die Zunahme der Abschiebungen. "Das bedeutet konkret, dass immer mehr Menschen gegen ihren Willen in Länder zurückgezwungen werden, in denen ihnen Krieg, willkürliche Haft, Folter, extreme Armut oder Perspektivlosigkeit drohen", sagte sie der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Ihrer Ansicht nach wäre es wesentlich besser, diesen Menschen den Weg in ein dauerhaftes Bleiberecht zu eröffnen. Bünger nannte den Anstieg bei Abschiebungen in die Türkei besonders besorgniserregend.

Duldungen verhindern Abschiebungen

Menschen, deren Asylantrag abgelehnt wird oder die aus anderen Gründen kein Aufenthaltsrecht in Deutschland haben, müssen das Land innerhalb kurzer Zeit verlassen. Viele von ihnen haben allerdings eine Duldung, können also nicht abgeschoben werden.

Dafür kann es familiäre, humanitäre oder gesundheitliche Gründe geben. Auch eine ungeklärte Identität oder die Weigerung des Herkunftsstaates, Staatsangehörige zurückzunehmen, stehen einer Abschiebung entgegen.

Die Zahl der ausreisepflichtigen Personen geht derzeit zurück. Den Angaben zufolge waren laut dem Ausländerzentralregister Ende Oktober dieses Jahres 250.749 Personen ausreisepflichtig, von ihnen hatten 201.084 eine Duldung. Im vergangenen August hatte die Zahl der Ausreisepflichtigen noch bei rund 262.000 gelegen.

 

2. Migration: Deutlich mehr Visa für Familiennachzug dieses Jahr

Die Süddeutsche / dpa berichtete am 24.12.2023:

Deutschland hat im laufenden Jahr deutlich mehr Visa zum Familiennachzug vergeben als 2022. Bis zum 12. Dezember waren es 124.625 Visa, wie aus einer Antwort des Auswärtigen Amts auf eine parlamentarische Anfrage der Bundestagsabgeordneten Clara Bünger (Linke) hervorgeht, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Im gesamten Vorjahr lag die Zahl bei gut 117.000.

Der deutlich kleinere Teil der Visa ging 2023 den Daten zufolge an Verwandte anerkannter Flüchtlinge (10.570), subsidiär Schutzberechtigter (12.067) sowie von Asylberechtigten (254). Subsidiären Schutz bekommen Schutzsuchende, denen weder Asyl noch Flüchtlingsschutz gewährt wird, die aber in ihren Heimatländern mit der Todesstrafe oder Folter bedroht sind.

Unter den "allgemeinen Familiennachzug" für Verwandte von in Deutschland lebenden Menschen, die nicht Geflüchtete sind, wurden dagegen 101.734 Visa erteilt. Rund 12.500 Visa davon gingen zum Beispiel an Familienangehörige von Menschen mit türkischer Staatsangehörigkeit.

Monatelanges Warten auf einen Termin

Auf einen Termin zur Beantragung eines Visums müssen die Antragsteller teils monatelang warten. An den deutschen Botschaften in Dhaka (Bangladesch), Islamabad (Pakistan) und Lagos (Nigeria) liegt die Wartezeit nach Angaben des Auswärtigen Amts beispielsweise bei über einem Jahr.

"Viele Flüchtlingsfamilien sind aufgrund versperrter Fluchtrouten und langwieriger Asylverfahren über Jahre getrennt. Unzumutbare Wartezeiten bei der Visumserteilung kommen dann noch obendrauf", sagte Bünger dem RND. Viel zu oft habe dies zur Folge, dass Kinder jahrelang getrennt von einem Elternteil oder ganz ohne ihre Eltern aufwachsen müssten. "Das Menschenrecht auf Familienleben und das Kindeswohl werden so eklatant verletzt."

© dpa-infocom, dpa:231224-99-400040/2