Abschiebungen am Flughafen Frankfurt: Bericht unabhängiger Beobachter:innen vorgelegt

11.02.2024    12.945 Menschen wurden 2022 aus Deutschland abgeschoben, 3857 vom Frankfurter Flughafen aus. 700 Mal waren kirchliche Beobachter:innen dabei, um die Umstände zu dokumentieren. Ihre Beobachtungen, die sie im Auftrag von Diakonie und Caritas im Jahre 2022 während der Abschiebevorgänge machten, legten die Beobachter:innen jetzt in einem einen Bericht vor. Wir zitieren aus der Frankfurter Rundschau:

Flughafen Frankfurt: In Flip-Flops zur Abschiebung – 3857 Personen abgeschoben

Ein Bericht vom Frankfurter Flughafen benennt Missstände bei den Rückführungen von Geflüchteten in ihre Heimatländer. Aber es gibt auch Lob.

Frankfurt – Im Auftrag von Caritas und Diakonie wird seit 2006 beobachtet, wie Abschiebungen am Flughafen Frankfurt erfolgen. Jetzt haben die Beobachter:innen Melisa Ergül-Puopolo und Raphael Schulte-Kellinghaus ihren Bericht für 2022 vorgelegt.

3857 Personen wurden demnach 2022 vom Frankfurter Flughafen aus in ihre Herkunftsländer abgeschoben. In rund 700 Fällen waren der Vertreter und die Vertreterin der beiden kirchlichen Sozialverbände dabei, um diese und die Begleitumstände zu dokumentieren.

Abschiebung am Flughafen Frankfurt: Viele sind traumatisiert

Meist seien die Rückführungen ohne besondere Vorkommnisse verlaufen, heißt es im Tätigkeitsbericht. Positiv aufgefallen sei, dass einige Beamt:innen den Rückzuführenden die Hand gegeben und „auf eine respektvolle Sprache auf Augenhöhe“ geachtet hätten. Grundsätzlich sei die Bundespolizei bemüht, Eskalationen vorzubeugen und deeskalierend einzuwirken.

Problematisch gewesen seien Fälle, bei denen schutzbedürftige oder psychisch kranke Menschen unter der Anwendung unmittelbaren Zwangs abgeschoben worden seien. Zwar bemühe sich die Bundespolizei auch dann, die körperliche Unversehrtheit der Betroffenen zu wahren. Die Zwangsanwendungen stellten aber einen massiven Eingriff in die Selbstbestimmung dar. Dies könne gerade bei vulnerablen Menschen (re-)traumatisierend wirken. Ein Großteil der Geflüchteten leide unter psychischen Erkrankungen. Sie hätten oft stark einschneidende Ereignisse wie Krieg, Verfolgung oder Zwangsrekrutierung erlebt.

Abschiebungen

12.945 Menschen wurden 2022 aus Deutschland abgeschoben, 3857 vom Frankfurter Flughafen aus.

700 Mal waren kirchliche Beobachter:innen dabei, um die Umstände zu dokumentieren.

Geflüchtete seien vereinzelt nachts von der Polizei aus ihren Unterkünften abgeholt worden. Häufig seien die Betroffenen nicht ausreichend über die Abläufe informiert gewesen und hätten „einen irritierten oder verängstigten Eindruck“ gemacht, heißt es im Bericht. Manche seien im Winter mit viel zu dünner Kleidung unterwegs gewesen, etwa mit Flip-Flops an den Füßen. Auch hätten manche Asylsuchende vor dem Abflug kein Geld mehr vom Konto abheben können. Einige hätten Gepäck zurücklassen müssen.

„Viele kommen mittellos zum Flughafen und wissen meist gar nicht, was mit ihnen passiert“, sagt Ergül-Puopolo. Geholfen werden konnte ihnen in vielen Fällen durch eine Kleiderkiste in den Räumen der Bundespolizei und gespendete Kleidungsstücke der kirchlichen Dienste. Die Bundespolizist:innen würden dies regelmäßig nutzen und auch selbst spenden.

Abschiebung am Flughafen Frankfurt: Kinder müssen dolmetschen

Der Bericht kritisiert, dass in einzelnen Fällen Familien gezielt getrennt worden seien. Dies sei besonders für die Kinder extrem belastend. Unzumutbar sei es, wenn diese zum Dolmetschen aufgefordert würden, etwa um ihren Eltern anzukündigen, dass diese gefesselt würden, sofern sie Widerstand leisteten.

Zwar könnten die Beobachter:innen nicht aktiv eingreifen, so Diakoniepfarrer Markus Eisele. Immerhin aber könnten sie Menschen in schweren Stunden Kraft und etwas Halt geben. Dazu gehöre, dass sie oft in deren Muttersprache Sachverhalte erklärten, ein kleines Handgeld oder Hinweise auf Hilfen im Ausland geben könnten. (pgh)