Abwehr Schutzsuchender 2: Mauern und Zäune und tödlicher Winter im Osten

24.10.2021 Auch beim EU-Gipfel 21 ging es um die Abwehr Schutzsuchender. 10 Mitgliedsstaaten forderten entsprechende Aufrüstung und deren Finanzierung. Schon jetzt ist die Lage der Migrant*innen vor und hinter den EU-Ost-Grenzen unerträglich, wie zahlreiche Filmberichte uns zeigen. Und jetzt kommt der Winter. "Wir werden es erleben, dass Menschen im Winter sterben, weil die EU sie nicht reinlässt," warnt Gerald Knaus.

Zuvor hatte es bereits zahlreiche Proteste gegeben. Mindestens acht Menschen kamen in oder vor der polnischen Sperrzone ums Leben. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International wirft Polen das gewaltsame Zurückdrängen von 17 afghanischen Flüchtlingen an der EU-Außengrenze nach Belarus vor. Die Gruppe sei bei dem Versuch, die Sperranlage aus Stacheldraht zu überwinden, unter Zwang von polnischen Sicherheitskräften gefasst, in einer Wachstube festgehalten und dann nach Belarus abgeschoben worden. Der Leiter des Europa-Büros von Amnesty International, Nils Muiznieks, sprach von einem "Schlag ins Gesicht des Völkerrechts und des Menschenrechts auf Asyl". Das Zurückdrängen der Gruppe Afghanen, ein sogenannter Pushback, stelle eine eklatante Missachtung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs dar. Die Migranten säßen seit zwei Monaten unter "abgründigen Bedingungen" an der Grenze fest, so Muiznieks. - EU-Innenkommissarin Ylva Johansson äußerte sich besorgt über eine geplante Änderung des polnischen Ausländerrechts, derzufolge Grenzschützer entscheiden könnten, ob Personen Zugang zu einem Asylverfahren erhielten. Die Kommission prüfe die Übereinstimmung mit EU-Recht. "Gewalt an unseren Grenzen ist nie akzeptabel, besonders wenn sie strukturell und organisiert ist", sagte Johansson. "Pushbacks dürfen nie legalisiert werden." (Quelle: Tagesschau)

 

DW berichtete: "EU-Gipfel: Mauern gegen Migranten?" und "Der letzte EU-Gipfel von ..Merkel":

"Wie will die EU mit der zunehmenden Zahl von Migranten umgehen? Zehn Mitgliedstaaten fordern den Bau von Mauern oder Zäunen an der Außengrenze zu Belarus. Die meisten anderen wollen eher weitere Sanktionen.

...Auch beim Thema Migration spielt Polen in Brüssel eine entscheidende Rolle. Wie andere EU-Staaten wirft das Land dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vor, Geflüchtete und Migranten über Polen, Litauen und Lettland in die EU einzuschleusen.

Angela Merkel bezeichnete dieses Vorgehen als "hybride Bedrohung" und "politische Instrumentalisierung" auf dem Rücken von Menschen. Und obwohl alle EU-Staaten diese Einschätzung teilen, sind sie sich uneins, wie die EU darauf reagieren soll.

EU-Gipfel: Mauern gegen Migranten?

Während Deutschland etwa weitere Sanktionen ins Spiel brachte, wollen ein Dutzend EU-Länder, darunter Polen, Lettland und Litauen, vor allem eines: mehr Geld und Hilfe, um die Außengrenzen der Union zu bewachen.

Der österreichische Bundeskanzler Alexander Schallenberg etwa forderte, dass die EU Drohnen und Zäune mitfinanzieren solle. "Warum sollten ausschließlich die litauischen Steuerzahler die Last tragen, wenn sie eigentlich uns alle schützen", so Schallenberg. EU-Kommissionpräsidentin Ursula von der Leyen erteilte solchen Wünschen allerdings eine Absage. Stacheldrahtzäune und Mauern sollen ihrer Ansicht nach nicht von der EU finanziert werden.

Schallenbergs luxemburgischer Amtskollege Xavier Bettel sagte, die EU müsse den richtigen "Balanceakt" finden und im Einklang mit den Menschenrechten handeln.

Der Streit um die EU-Asyl- und Migrationspolitik treibt die Union seit Jahren um. Obwohl die EU-Kommission bereits im Herbst 2020 einen neuen Migrationspakt vorgestellt hat, geht es seitdem kaum voran. Gerald Knaus, Vorsitzender der Denkfabrik Europäische Stabilitätsinitiative, sieht vor allem die Lage an der EU-Außengrenze mit Belarus mit Sorge: "Wir werden es erleben, dass Menschen im Winter sterben, weil die EU sie nicht reinlässt. Und das ist einfach schrecklich."

Dass das Thema Migration in der Union noch nicht gelöst sei, sagte die scheidende Kanzlerin Angela Merkel, mache die EU von außen verwundbar. Merkel selbst hat es allerdings in ihren 16 Jahren Amtszeit hier nicht geschafft, eine Lösung herbeizuführen. Kompromissmaschine hin oder her."

Zum Ergebnis in dieser Frage berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland über die Abschlusserklärung:

„Instrumentalisierung von Flüchtlingen“: EU wirft Minsk hybriden Angriff vor

Brüssel. Die Europäische Union hat das Vorgehen des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko scharf verurteilt und weitere Sanktionen angekündigt. Die EU beschuldigt Lukaschenko, in organisierter Form Flüchtlinge aus Krisenregionen an die EU-Außengrenze zu bringen. „Der Europäische Rat wird keinen Versuch von Drittländern akzeptieren, Migranten für politische Zwecke zu instrumentalisieren“, hieß es am Freitag in der Abschlusserklärung eines zweitägigen EU-Gipfels in Brüssel. „Er verurteilt die jüngsten hybriden Angriffe auf die EU-Außengrenzen und wird entsprechend reagieren.“

Damit dürfte vor allem der Versuch gemeint sein, die Europäische Union nicht mit Waffen anzugreifen, sondern durch eine Vielzahl an Migranten zu destabilisieren. Weitere Sanktionen gegen Belarus werden bereits vorbereitet. Bundeskanzlerin Angela Merkel warf Lukaschenko bei dem Gipfel staatlichen Menschenhandel vor.

Nach stundenlanger Debatte wurde der Abschlusstext noch ergänzt. Die EU werde sich dem hybriden Angriff durch Belarus weiter widersetzen, auch durch weitere „restriktive Maßnahmen“, hieß es. Außerdem wurde die EU-Kommission dazu aufgefordert, mögliche Änderungen am gemeinsamen Rechtsrahmen sowie konkrete Maßnahmen vorzuschlagen, damit schnell und angemessen auf derlei Angriffe reagiert werden könne. Diese müssten in Einklang mit EU-Recht und Grundrechten sein."