Afghanistan-Aufnahmeprogramm: Zehntausende registriert, aber noch längst nicht auf dem Weg in Sicherheit

08.11.2022 Gerade erst im Oktober gestartet (s. Bundesaufnahmeprogramm für gefährdete Afghan*innen spät und unzureichend) gibt es für das Bundesaufnahmeprogramm schon zehntausende Registrierungen und Anfragen in Afghanistan, die beweisen, wie dringend die geschützte Ausreise benötigt wird. Die Schwachpunkte werden dabei überdeutlich: Je Monat sollen nur bis zu 1000 "besonders gefährdete" Menschen nach Deutschland geholt werden. Und diese können sich nicht selbst für eine Aufnahme im Rahmen des Programms bewerben: Sie müssen von den Hilfsorganisationen wie Reporter ohne Grenzen und Kabul Luftbrücke als "meldeberechtigte Stellen" vorgeschlagen werden.

Diese zivilen Helfer allerdings kritisieren das Vorgehen der Bundesregierung bei dem Programm. Sie fordern mehr Transparenz und mehr Einsatz durch den Bund für gefährdete Afghanen. "Das Programm kommt uns vor wie ein PR-Gag. Es ist nicht wirklich konzipiert für gefährdete Personen", sagte Tilly Sünkel von Kabul Luftbrücke gegenüber der Presse. Laut Christian Mihr von Reporter ohne Grenzen droht das Aufnahmeprogramm "vollends zu scheitern". Die Bundesregierung müsse die Rahmenbedingungen überarbeiten und "vor allem auch jenseits des Aufnahmeprogramms unbürokratisch humanitäre Visa für ganz besonders bedrohte Medienschaffende vergeben", forderte er.

Wir zitieren den Betrag der Zeit vom 07.11.2022:

Zehntausende Afghanen beantragen Aufnahme in Deutschland

Deutschland will besonders gefährdete Afghanen aufnehmen, die Resonanz auf das Programm ist groß. Hilfsorganisationen kritisieren, es gleiche einem PR-Gag.

Wenige Wochen nach dem offiziellen Start des Bundesaufnahmeprogramms für Afghanistan berichten mehrere Hilfsorganisationen über einen großen Andrang von Menschen in dem Taliban-Staat. Bis Anfang November erreichten die Hilfsorganisation Mission Lifeline rund 17.000 Anfragen. Bei der Organisation Kabul Luftbrücke waren es nach eigenen Angaben 15.000 Anfragen per E-Mail oder über die Social-Media-Accounts.

Bei Reporter ohne Grenzen gab es demnach bislang 12.000 Registrierungen und knapp 4.000 Hilfsanfragen. Die Organisation habe das Onlineformular für gefährdete afghanische Medienschaffende "temporär wieder offline gestellt", hieß es. Auch die Bundesregierung hat nach Angaben des Auswärtigen Amts "bereits Anfragen im fünfstelligen Bereich" erhalten.

Bundesregierung will gefährdete Afghanen schützen

Gestartet war das neue Bundesaufnahmeprogramm Mitte Oktober. Es hat zum Ziel, monatlich bis zu 1.000 besonders gefährdete Afghaninnen und Afghanen nach Deutschland zu holen. Darauf hatten sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) geeinigt. Es geht um den Schutz etwa von Medienschaffenden und Menschenrechtlern, aber auch Mitarbeitenden in Justiz, Polizei oder Politik, die seit der Machtübernahme der Taliban in Gefahr sind.

Allerdings können sich gefährdete Menschen in Afghanistan nicht selbst für eine Aufnahme im Rahmen des Programms bewerben. Sie müssen von den Hilfsorganisationen wie Reporter ohne Grenzen und Kabul Luftbrücke als "meldeberechtigte Stellen" vorgeschlagen werden.

Hilfsorganisationen: Wie ein PR-Gag der Bundesregierung

Die zivilen Helfer kritisieren das Vorgehen der Bundesregierung bei dem Programm. Sie forderten mehr Transparenz und mehr Einsatz durch den Bund für gefährdete Afghanen. "Das Programm kommt uns vor wie ein PR-Gag. Es ist nicht wirklich konzipiert für gefährdete Personen", sagte Tilly Sünkel von Kabul Luftbrücke den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Laut Christian Mihr von Reporter ohne Grenzen droht das Aufnahmeprogramm "vollends zu scheitern". Die Bundesregierung müsse die Rahmenbedingungen überarbeiten und "vor allem auch jenseits des Aufnahmeprogramms unbürokratisch humanitäre Visa für ganz besonders bedrohte Medienschaffende vergeben", forderte er.

 

 

 

 

 

Zwar wird das deutsche Aufnahmeprogramm als zu spät und unzureichend beurteilt.