Ankerzentren: Sogar laut behördeneigener Evalution kaum erfolgreich

28.02.2021 Die Ankerzentren waren ein Lieblingskind von Seehofer. Das BAMF legte jetzt einen Evaluationsbericht vor. Bisher haben sich offenbar nur wenige damit beschäftigt, ist das Thema kaum in die Öffentlichkeit durchgedrungen. Ob es daran liegt, dass der Bericht wenig Erfolgreiches vermelden kann, das die Kasernierung der Schutzsuchenden rechtfertigen würde?

Die Migrationsbeauftragte von Niedersachsen schreibt am 26. Februar unter der Überschrift

Asylverfahren laufen in Ankerzentren nicht wesentlich schneller ab

"Im Jahr 2018 wurden sogenannte „Ankerzentren“ eingeführt, in denen der Effizienz wegen mehrere Behörden zusammenarbeiten. Ein Evaluationsbericht des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge hat nun ergeben, dass die Asylverfahren hier nicht wesentlich schneller ablaufen.

Bei Dublin-Verfahren konnte keine schnellere Bearbeitung festgestellt werden, da hier stets geprüft werden müsse, ob ein anderer EU-Staat für das Verfahren zuständig ist.

Erstanträge von Geflüchteten konnten jedoch im Schnitt fünf Tage eher bearbeitet werden. Folgeanträge wurden durschnittlich neun Tage eher bearbeitet."

Für die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag geht aus dem behördeninternen Bericht hervor, dass die Ankerzentren ein Flop sind. Sie fordert eine sofortige Auflösung, auch wegen des Gesundheitsschutzes, und zudem eine uabhängige Evalutation, die auch "menschen- und flüchtlingsrechtliche Aspekte und menschenwürdigen Umgang mit Schutzsuchenden" in den Blick nimmt.

Anker-Zentren sind politischer Fehlschlag

„Seehofers Anker-Zentren sind in wirklich jeder Beziehung ein politischer Fehlschlag. Vieles von dem, was der Innenminister seiner Klientel versprochen hatte – schnellere Verfahren, schnellere Abschiebungen – wurde nicht erreicht. Erreicht wurde hingegen eine Entmündigung und Entrechtung von Menschen, die auf engstem Raum in Lager gezwungen und von unabhängigen Beratungsstrukturen und der Zivilgesellschaft abgeschnitten werden. Dieses schäbige Konzept der Abschreckung ist mit humanitären und rechtsstaatlichen Grundsätzen unvereinbar. Die Lager müssen schnellstmöglich aufgelöst werden, das gilt erst recht in Zeiten der Pandemie“, erklärt die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, zur Evaluation der Anker-Zentren durch die Forschungsabteilung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Jelpke weiter:

„Sinnvoll und wichtig wäre eine Evaluation der Anker-Zentren durch unabhängige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Dabei müssten auch menschen- und flüchtlingsrechtliche Aspekte und der menschenwürdige Umgang mit Schutzsuchenden eine zentrale Rolle spielen. Es ist demgegenüber nicht besonders glaubwürdig, wenn sich eine Behörde selbst evaluiert, und das noch unter ihrem Präsidenten Sommer, der zuvor im bayerischen Innenministerium für den Aufbau eines Landesamts für Abschiebungen zuständig war.“

Zur Erinnerung:

"Der Begriff Anker suggeriert, einen Halt im Umgang mit der Flüchtlingsbewegung gefunden zu haben. Die Bürokratie schreibt das Wort anders: ANkER. Denn es steht für ein Asylverfahren bei dem Aufnahme, Entscheidung und Rückführung von allen beteiligten Behörden unter einem Dach abgewickelt werden. Darum gab es in den Sondierungen und Koalitionsverhandlungen ein langes Tauziehen.", schrieb die Rheinische Post am 5. Juli 2019 in einer Analyse.