Atlas der Migration 2022. Karten, Klima, Kriege – Neue Daten und Fakten über Menschen in Bewegung.

07.07.2023 Den Blick auf Migration verändern. Mit diesem zweiten «Atlas der Migration» legt die Rosa-Luxemburg-Stiftung eine komplett neue Ausgabe mit zahlreichen aktuellen Texten und Themen vor. Neben Länderbeispielen und einem Schwerpunkt auf Arbeitsmigration und Pflege widmen wir uns auch den Auswirkungen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Vierzehn Millionen Ukrainer*innen haben seit dem Beginn des Krieges am 24. Februar 2022 Schutz vor dem Tod in und außerhalb der Ukraine gesucht. Und auch viele junge russische Männer fliehen nun vor der Einberufung durch ihre Regierung.

Schon im letzten Atlas haben wir davon erzählt, dass Schutz meistens bei den Nachbarn gesucht wird, damals noch am Beispiel von Ländern des Globalen Südens wie Syrien und Afghanistan. Jetzt ist in Europa ein Nachbar in Not.

Die wenigsten Menschen migrieren freiwillig. Der Klimawandel mit seinen verheerenden Folgen zwingt immer öfter Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen. Aber auch die Suche nach Arbeit und einem besseren Einkommen veranlasst Menschen, sich auf den Weg zu machen. Migration hat viele Realitäten.

Dieser Atlas soll all diejenigen unterstützen, die sich für eine Gesellschaft der Vielen engagieren. Er will den Blick auf Migration verändern und für Offenheit und Pragmatismus werben.
 

Kostenlos als Download oder auf Papier erhältlich. 

 

 

Geldbeutel entscheidet über Mobilität wurde eine Besprechung in nd überschrieben. Hier Auszüge:

Wer migriert, wird zu einer anderen Person. Krieg, Umweltkatastrophen, Verfolgung und Armut zwingen Menschen überall auf der Welt, ihren Wohnort zu verlassen und damit ihre vertraute Existenz aufzugeben. Im Jahr 2020 gab es weltweit rund 281 Millionen internationale Migrant*innen, ein Höchststand. Noch größer ist die Zahl derer, die innerhalb des eigenen Landes migrieren.

Über Menschen in Bewegung gibt es in Europa viele Vorurteile. Die Rosa-Luxemburg-Stiftung stellt dem mit dem »Atlas der Migration« eine umfangreiche und zugleich überschaubare Sammlung von Daten und Fakten entgegen. In 25 Kapiteln auf jeweils zwei Seiten werden Glaubenssätze widerlegt: Nicht »alle« wollen nach Europa, laut den Vereinten Nationen erfolgte 80 Prozent der internationalen Migration in Afrika innerhalb der eigenen Region. Es werden Werkzeuge an die Hand gegeben: Wie erkennt man, ob Karten und Grafiken ein verzerrtes Bild vermitteln, obwohl die Zahlen stimmen? Und es wird ein kenntnisreicher Überblick vermittelt: Geopolitische Interessen spielen dabei genauso eine Rolle wie zivilgesellschaftliche Selbstorganisation und kapitalistische Zwänge. Bislang fehlt ein eigenes Kapitel zur gescheiterten beziehungsweise bis heute schleppenden Evakuierung afghanischer Ortskräfte, Journalist*innen und Menschenrechtler*innen nach Deutschland.

…. Unterdessen wird der Klimawandel zunehmend eine der wichtigsten Fluchtursachen. Allein in Asien gab es der Broschüre zufolge 2021 mehr als 57 Millionen Klimaflüchtlinge, die Weltbank erwartet bis zu 216 Millionen bis zum Jahr 2050. Doch ein anerkannter Fluchtgrund sind Umweltprobleme bis heute nicht. »Die Industrieländer, die für den größten Ausstoß von Kohlendioxid verantwortlich sind, sind auch die größten Grenzschützer der Welt«, schreibt Amali Tower im Kapitel »Die Umwelt als Gefahr«. Die sieben Länder mit den höchsten CO2-Emissionen, darunter die USA, Deutschland und Frankreich, gäben zusammen im Schnitt mehr als doppelt so viel für »Grenzkontrollen und kontrollierte Einwanderung« wie für die Finanzierung »klimawirksamer Maßnahmen« aus. Das ist nur ein Beispiel dafür, dass der Geldbeutel nicht nur »maßgeblich über den Grad der (eigenen) Bewegungsfreiheit« entscheidet, wie Maria Oshana im Kapitel »Käufliche Freiheit« schreibt. Die Mobilität der »Anderen« wird vielfach durch eine Kosten-Nutzen-Rechnung der reicheren Nationen reguliert.