Auf Wunsch von Niederkassel: ZUE für 350 Asylbewerber*innen wird errichtet

28.09.2024 Außerhalb des Stadtgebietes jenseits der Landstraße L265 soll nach dem Wunsch des Bürgermeisters und der Mehrheit des Stadtrates von Niederkassel eine neue ZUE (Zentrale Unterkunftseinrichtung des Landes) entstehen. Der bisher ungewöhnliche Wunsch ist im finanziellen Gedanken begründet: ... dass es für die Stadt nicht nur aus finanziellen Gründen zuletzt immer schwieriger geworden sei, eigene Unterkünfte für Geflüchtete zu schaffen. „Und nun bietet sich die Gelegenheit, statt der Einrichtung weiterer dezentraler Standorte, deren Kosten zu Lasten der Stadt gehen, eine ZUE einzurichten, die voll in der Zuständigkeit, Verantwortung und Trägerschaft des Landes unterhalten wird.“ (Kölnische Rundschau)

Eine gute Woche vor der Ratssitzung hatte Niederkassel eine Informationsveranstaltung am 18.09.2024 angesetzt, die von 200 Bürger*innen wahrgenommen wurde. Über diese Veranstaltung wurde eine Bürgerinformation zur Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) für Flüchtlinge herausgegeben. (s. unten)

Die Kölnische Rundschau berichtete:

Stadtrat in Niederkassel stimmt mit großer Mehrheit für Geflüchtetenunterkunft

27.09.2024 Das Land wird in Niederkassel eine Unterkunft für bis zu 350 Geflüchtete bauen. Dafür hat sich der Stadtrat mit großer Mehrheit ausgesprochen.

Der Stadtrat hat den Weg für den Bau einer sogenannten Zentralen Unterbringungseinheit (ZUE) für bis zu 350 Geflüchtete auf Niederkasseler Stadtgebiet freigemacht. Die Politiker stimmten mit großer Mehrheit dafür, dass die Stadt einen entsprechenden Vertrag mit dem Land schließt. Für das Vorhaben votierten 29 Ratsmitglieder von CDU, SPD, Grünen und FDP, dagegen stimmt der Vertreter der AfD. Vier Ratsmitglieder enthielten sich der Stimme: Marcus Kitz (CDU), Ulrich Buchholz und Sascha Essig (Grüne) sowie Eckart Rüther (BSW).

In Betrieb gehen soll der Containerbau nach jetzigem Planungsstand spätestens zum Ende des zweiten Quartals 2025 auf einem Grundstück zwischen Niederkassel-Ort und Uckendorf. Das mehr als 9000 Quadratmeter große Areal, das inzwischen der Stadtentwicklungsgesellschaft (SEG) gehört, liegt in unmittelbarer Nähe des Niederkasseler Kreisverkehrs und wird von einer Kiesgrube, der L269 und der Spicher Straße begrenzt. Die Stadt verpachtet das Areal für zunächst zehn Jahre an das Land, das die Unterkunft für Geflüchtete betreiben wird. Der Kooperationsvertrag zwischen Stadt und Land enthält die Option auf eine Verlängerung der Pacht.

Stadt Niederkassel argumentiert mit Einsparungen von 26 Millionen Euro

Die große Mehrheit der Ratsmitglieder erhofft sich von der ZUE große finanzielle Vorteile für Niederkassel. Denn die Kosten für Bau und Betrieb werden vom Land übernommen. Trotzdem werden die in der ZUE aufgenommenen Geflüchteten komplett auf die Unterbringungsverpflichtung der Stadt angerechnet. In einer Kalkulation hatte die Stadtverwaltung vorgerechnet, dass sie während der zunächst zehnjährigen Vertragsdauer rund 26 Millionen Euro sparen wird. Würde die ZUE nicht gebaut, müsste die Stadt, die sich seit Ende vergangenen Jahres in der Haushaltssicherung befindet, diesen Betrag für den Bau und den Betrieb eigener Unterkünfte für die Geflüchteten aufbringen.

Vertreter von CDU, SPD, Grünen und FDP machten in der von zahlreichen Bürgerinnen und Bürgern besuchten Ratssitzung klar, dass der Bau der ZUE das kleinere von zwei Übeln ist. „Keiner von uns hat sich die Errichtung einer zentralen Unterkunft für Geflüchtete in Niederkassel gewünscht“, machte der Fraktionsvorsitzende Dano Himmelrath für die CDU deutlich. „Doch die aktuelle Situation erfordert, dass wir pragmatische Lösungen finden, um den Herausforderungen, die vor uns liegen, gerecht zu werden.“

Keiner von uns hat sich die Errichtung einer zentralen Unterkunft für Geflüchtete in Niederkassel gewünscht Fraktionsvorsitzender Dano Himmelrath, CDU

Die Stadt werde auch in Zukunft Geflüchtete zugewiesen bekommen. Der Bau eigener Unterkünfte wäre für sie aber kaum zu stemmen. „Es wäre fahrlässig, sich gegen diese Lösung zu stellen, nur um kurzfristig Sympathien zu gewinnen, wenn dies langfristig zu deutlich größeren finanziellen Belastungen führen würde“, sagte Himmelrath mit Hinweise auf viele kritische oder sogar ablehnende Stimmen in der Bevölkerung.

SPD-Fraktionschef Friedrich Reusch erinnerte daran, dass es für die Stadt nicht nur aus finanziellen Gründen zuletzt immer schwieriger geworden sei, eigene Unterkünfte für Geflüchtete zu schaffen. „Und nun bietet sich die Gelegenheit, statt der Einrichtung weiterer dezentraler Standorte, deren Kosten zu Lasten der Stadt gehen, eine ZUE einzurichten, die voll in der Zuständigkeit, Verantwortung und Trägerschaft des Landes unterhalten wird.“

Nach den Zusagen der Bezirksregierung könne man davon ausgehen, dass beim Betrieb der Einrichtung die Einwände, Sorgen und Ängste der Bevölkerung ernst genommen würden und alles dafür getan werde, Missstände zu vermeiden. Dies zeigten die Erfahrungen an anderen ZUE-Standorten.

„Wir sind als Ratsmitglieder dem Wohl unserer Stadt und unserer Bürgerinnen und Bürger verpflichtet“, begründete FDP-Fraktionsvorsitzende Anette Wickel die Zustimmung der Liberalen. Würde sich der Rat gegen die ZUE aussprechen, kämen auf die Stadt in einer ohnehin schwierigen Situation weitere Kosten zu. Alle angeführten Argumente ließen auch für die FDP nur eine Entscheidung zu: „Wir stimmen für die Einrichtung einer ZUE.“

Niederkasseler Grüne setzen auf breite Diskussion in der Stadt

Ähnlich argumentiert auch die Mehrheit der Ratsmitglieder der Grünen. Deren Fraktionsvorsitzende Stephanie Mendel wünscht sich jetzt eine gemeinsame Diskussion mit Verwaltung, Parteien, Vereinen, Schulen, Kirchen, Organisationen, Firmen und Bürgerinnen und Bürgern darüber, „wie wir uns der Herausforderung gemeinsam stellen können, dass immer mehr Menschen hier Zuflucht und Schutz suchen, ohne in pauschalisierende Verdächtigungen oder in ungerechtfertigte Vorurteile zu verfallen.“

Keine Mehrheit fand ein Vorstoß der Grünen, beim Land darauf zu drängen, dass die Stadt Mitsprache bei der Art und Weise der Betreuung der Geflüchteten in der ZUE erhält. Eine solche Einmischung sei rechtlich nicht zulässig, argumentierte Sozialdezernent Carsten Walbröhl. Offenbar auch deshalb enthielten sich zwei Mitglieder der Grünen-Fraktion bei der Abstimmung.

 

Bürgerinformation zur Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) für Flüchtlinge

Am Mittwoch, den 18.09.2024 nahmen rund 200 interessierte Bürgerinnen und Bürger, darunter auch viele Ratsmitglieder, an der Informationsveranstaltung in der Aula der Alfred-Delp-Realschule über den möglichen Bau einer Zentralen Unterbringungseinrichtung für Flüchtlinge (ZUE) teil, die auf einer Fläche am Kreisverkehr L269/Spicher Straße vor dem Kieswerk angedacht ist.

Bereits seit mehreren Monaten beschäftigt sich die Verwaltung im Auftrag der Stadtrates mit der Frage, ob eine ZUE angesichts der angespannten Haushaltssituation ein Baustein bei der Flüchtlingsunterbringung sein könnte. In einer Zentralen Unterbringungseinrichtung für Flüchtlinge werden Flüchtlinge temporär untergebracht, bis sie auf Städte und Gemeinden verteilt werden. Die Kosten der Einrichtung trägt vollständig das Land. Die dort untergebrachten Flüchtlinge werden Niederkassel aber vollständig angerechnet, d. h. die Personen müssen nicht auf Kosten und durch die Stadt selbst untergebracht werden. Die Stadt erhofft sich so die Verhinderung zukünftiger Ausgaben von bis zu 2,5 Mio. € pro Jahr.

Gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der Bezirksregierung Köln informierte die Stadtverwaltung über die Möglichkeit der Landesunterkunft für Geflüchtete und stellte das Konzept vor. Nach dem Vortrag der Bezirksregierung über die Notwendigkeit  und Organisation der Zentralen Unterbringungseinrichtung wurden Fragen aus dem Publikum u. a. zur Sicherheit, zu den Kosten oder zur Betreuung innerhalb der Unterkunft beantwortet.

Bürgermeister Matthias Großgarten sagt dazu: „Wir sind, trotz Haushaltssicherung, zur Aufnahme von Flüchtlingen verpflichtet. Die Unterbringung in einer ZUE würde auf jeden Fall eine deutliche Entlastung des Haushaltes darstellen. Der große Vorteil einer ZUE besteht darin, dass die Unterkunft sowie eine 24-Stunden-Betreuung seitens des Landes sichergestellt wird und die Stadt somit keine finanziellen und personellen Ressourcen einsetzen muss. Zudem gibt es in der ZUE eine Kinderbetreuung sowie ein schulnahes Bildungsangebot für Kinder und Jugendliche. Ich verstehe, dass es Bedenken seitens der Bevölkerung gibt. Die Bezirksregierung weißt meiner Meinung nach ein gutes Gesamtkonzept aus Integrationsmaßnahmen und Sicherheit auf, welches alle Interessen und Akteure berücksichtigt. Nun liegt die Entscheidung beim Stadtrat.“.

In der Ratssitzung am 26.09.2024 wird der Rat darüber beschließen, ob das ausgewählte Grundstück an das Land NRW zum Zwecke der Errichtung einer Zentralen Unterbringungseinrichtung für maximal 350 Personen verpachtet werden soll.

Die Bezirksregierung steht für Fragen und Anregungen unter info.anwohner@brk.nrw.de zur Verfügung. Die Kontaktdaten der Stadtverwaltung finden Sie im Kontaktformular unter niederkassel.de.

Nachstehend finden Sie die Präsentation der Bezirksregierung Köln sowie die Antworten auf die häufig gestellten Fragen im Zusammenhang mit der aktuellen Diskussion über eine ZUE...