Aus den Augen, aus dem Sinn? Deutsche Träume von Drittstaaten für Schutzsuchende

27.5.2024 Oh, wie schön ist .. Ruanda? Oder doch besser Albanien? Oder ??? Hauptsache weg! Nun schließt sich auch Innenministerin Faeser den Träumereien deutscher Politiker*innen an und befindet, die italienischen  Asylverfahren in Albanien seien "ein interessantes Modell".. Zuvor hatten Jens Spahn und Markus Söder dafür geworben.

Migration Innenministerin Faeser zieht "Albanien-Modell" für Drittstaaten-Verfahren in Betracht

betitelt der Stern heute ein Interview. Weiter heißt es:

Wie könnten Asylverfahren in Drittstaaten funktionieren? Das "Albanien-Modell" hat nun das Interesse von Innenministerin Nancy Faeser geweckt. ...

Nach monatelanger Prüfung lässt Bundesinnenministerin Nancy Faeser Sympathien für das sogenannte Albanien-Modell erkennen und geht auf Distanz zum Ruanda-Modell. "Ich schaue mit Spannung darauf, was Italien gemeinsam mit Albanien macht", sagte die SPD-Politikerin im Interview mit dem stern

Anders als beim viel diskutierten Ruanda-Modell wolle Italien selbst die Asylverfahren in Albanien abwickeln, das sei etwas anderes, so Faeser. "Das ist ein interessantes Modell, über das ich mich mit meinem italienischen Amtskollegen austausche", sagt die Innenministerin. Sie sei in der Migrationspolitik pragmatisch. "Ob Asylverfahren in größerem Stil in einem kleinen Land wie Ruanda stattfinden könnten, wage ich aber zu bezweifeln." 

Faeser weiter: "Wie viele Flüchtlinge hat Ruanda denn bisher für andere Länder aufgenommen? Großbritannien tut sich hier – gelinde gesagt – sehr schwer." Viel wichtiger sei, dass man sich weiter auf den besseren Schutz der Außengrenzen und schnellere Verfahren konzentriere, so wie es die EU-Asylrechtsreform vorsehe. 

Aktuell prüft die Bundesregierung, ob und welcher Umständen Asylverfahren in Drittstaaten rechtlich möglich wären. Die zentrale Frage bleibe aber auch dann noch: "Welcher Staat wäre überhaupt dazu bereit, in größerer Zahl Flüchtlinge zu übernehmen? Welches Land würde für die Sicherheit dieser Menschen sorgen und sie bei einer Ablehnung auch zurückführen? Und das alles unter Wahrung der Menschenrechte", sagte Faeser.

Ob der letzte Satz nur wegen der gleichzeitigen Feierlichkeiten zu 75 Jahre Grundgesetz ausgesprochen wurde? Zur eigenen Beruhigung und der der Kritiker*innen?

 

Zuvor hatte Jens Spahn sich gegenüber dem Stern geäußert. Darüber berichtete u. a. Migazin am 16.05.2024:

Spahn: Geflüchtete nach Ruanda „einzig humanitäre Lösung“

CDU-Politiker Jens Spahn will Asylverfahren in „sichere“ Drittstaaten auslagern. Vorbild ist das britische Abkommen mit Ruanda. Geflüchtete würden Schutz bekommen, aber nicht in Europa bleiben. Den Posten des Beauftragten für Migrationsabkommen will Spahn abschaffen.

CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn hat Asylverfahren in Drittstaaten außerhalb der EU als „einzig humanitäre Lösung“ angesichts der Fluchtbewegungen bezeichnet. „Wer das Sterben im Mittelmeer beenden will, muss eine zentrale Botschaft in die Welt senden: Das Risiko lohnt sich nicht, Schlepper teuer bezahlen lohnt sich auch nicht“, sagte Spahn dem Magazin „Stern“ in einem am Donnerstag online veröffentlichten Interview.

Wer sich auf diesen Weg mache, komme nicht in der EU, sondern in einem sicheren Drittstaat an, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete zu seiner Position: „Er wird Schutzgewährung bekommen, wird ein Asylverfahren bekommen, aber er wird nicht in Europa bleiben.“

Spahn sagte, ein Flüchtling habe nicht das Recht, sich das Zielland seiner Flucht auszusuchen. Zum Abkommen Großbritanniens mit Ruanda sprach der CDU-Politiker von einer Win-Win-Win-Situation. „Die Asylvereinbarung mit dem Vereinigten Königreich sieht zum Beispiel finanzielle Unterstützung für Wohnungen, Kindergärten und Schulen vor. Davon profitiert auch die ruandische Bevölkerung“, sagte er.

Spahn: Ruanda will mit Deutschland verhandeln

Großbritannien will das afrikanische Ruanda als sicheres Land definieren und Schutzsuchende ohne Aufenthaltsgenehmigung dorthin abschieben. Vorgesehen ist, dass diese dann in Ruanda das Asylverfahren beantragen. Eine Rückkehr nach Großbritannien sieht die Vereinbarung nicht vor. Die britische Regelung steht international massiv in der Kritik. Dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen zufolge verstößt Großbritannien damit gegen Verpflichtungen aus der Internationalen Flüchtlingskonvention.

Spahn war vergangene Woche mit einer Delegation der Unionsfraktion nach Ruanda gereist und hatte auch Präsident Paul Kagame getroffen. „Ruanda ist so gut wie der einzige stabile und sichere Staat in der Region“, sagte Spahn dem „Stern“. Vor allem aber sei Ruanda ein Land mit Migrationserfahrung und könne in dieser Frage ein Partner sein. „Ruanda will ausdrücklich mit uns reden und verhandeln. Das Thema müsste Chefsache sein“, betonte der CDU-Politiker. Demgegenüber berichten unabhängige Beobachter von massiven Menschenrechtsverletzungen in dem Land.

Spahn will Beauftragten für Migrationsabkommen abschaffen

Spahn hält in der Flüchtlingspolitik das Amt des Sonderbevollmächtigen für Migrationsabkommen für überflüssig. Im Fall eines Wahlsieges bei der nächsten Bundestagswahl will er den Posten wieder abschaffen. „Wenn man die Bekämpfung der Migrationskrise ernst nimmt, braucht es den Posten nicht“, sagte Spahn dem Magazin. „Kanzler, Innenminister und Außenminister sind die Beauftragten, niemand sonst.“

Er erwarte, dass diese „Tag und Nacht nichts anderes tun, als die Krise zu lösen“. Das Amt des Sonderbevollmächtigten hatte die Ampel-Koalition zum 1. Februar 2023 eingeführt. Es ist beim Bundesinnenministerium angesiedelt. Den Posten hat der frühere NRW-Integrationsminister Joachim Stamp (FDP), inne. (epd/dpa/mig)

 

In Zusammenhang mit seinem Besuch bei Italiens äußerst rechter Ministerpräsident Meloni am 10.05.2024  äußerte sich auch Bayerns Ministerpräsident Söder dahingehen:

Ich glaube, Ruanda ist einfach zu weit weg, um das aus meiner Sicht vernünftig, planbar und überwachbar zu organisieren - auch aus unseren Grundsätzen heraus. Aber Albanien, das ist ein europäischer Staat, der auf dem Weg in die Europäische Union ist. Das könnte ein Modell sein, das für ganz Europa trägt. Das würde ich sehr unterstützen.  Bayerns Ministerpräsident Markus Söder

Die Tagesschau berichtete mit dem Titel:

Söder sieht Gemeinsamkeiten mit Meloni

Bayerns Ministerpräsident Söder hat einen neuen SMS-Kontakt - mit Italiens Regierungschefin Meloni. Das im Vorfeld umstrittene Treffen in Rom wertet er als positiv. In vielen politischen Fragen gebe es Gemeinsamkeiten.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat in der letzten Zeit eine ganze Reihe von Auslandsreisen absolviert. Nach Besuchen in Israel, Serbien, Schweden oder China ist der CSU-Politiker heute und morgen in Italien.

Das Treffen mit Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni galt im Vorfeld als möglicherweise heikel, schließlich hat ihre Partei, die "Brüder Italiens", ihre Wurzeln in der faschistischen Bewegung des früheren Diktators Benito Mussolini. Doch nach dem Gespräch machte Söder deutlich, dass er mit Italiens Regierungschefin eine ganze Reihe von Einschätzungen teile.

Meloni sprach nach dem Treffen mit Söder nicht mit Pressevertretern. Söder hingegen nahm sich Zeit, um etwas über die Unterredung zu erzählen: "Ich fand es ein sehr interessantes Gespräch. Es hat viel, viel länger gedauert als ursprünglich gedacht." Und er habe mit Meloni die privaten Handy-Nummern ausgetauscht, berichtet Söder - was er sehr positiv fände. Dann könne man Probleme mal auch schnell per SMS adressieren.   ....

Söder gegen "Ruanda-Modell"

Nicht in die Vergangenheit, sondern in die Zukunft will Söder beim Thema Zuwanderung schauen. Italien plant, Flüchtlinge nach Albanien zu bringen, damit dort - außerhalb der EU - über ihre Asyl-Anträge entschieden wird. Ein ähnliches Modell hat Großbritannien mit dem zentralafrikanischen Land Ruanda gestartet. Das hält Bayerns Ministerpräsident nicht für nachahmenswert.

Ich glaube, Ruanda ist einfach zu weit weg, um das aus meiner Sicht vernünftig, planbar und überwachbar zu organisieren - auch aus unseren Grundsätzen heraus. Aber Albanien, das ist ein europäischer Staat, der auf dem Weg in die Europäische Union ist. Das könnte ein Modell sein, das für ganz Europa trägt. Das würde ich sehr unterstützen.  Bayerns Ministerpräsident Markus Söder
Auf einer pragmatischen Ebene sieht der bayerische Landeschef also Gemeinsamkeiten mit Italiens Regierungschefin. Und solche Gemeinsamkeiten zu vertiefen, sei im italienischen, im bayerischen und auch im gesamtdeutschen Interesse, findet Söder.