Auskunft zu den Anker-Zentren: Überlanger Aufenthalt Schutzsuchender

08.01.2020 Auf ihre parlamentarische Frage nach der Verweildauer in den ANKER-Zentren erhielt die Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke (Linke) am 17. Dezember 2020 eine Antwort. Diese bewertete sie auf ihrer Webseite:

Seehofers Anker-Zentren krachend gescheitert

Veröffentlicht am 5. Januar 2021 von Ulla Jelpke

„Was für eine desaströse Bilanz: Die Dauer eines Asylverfahrens in den so genannten Anker-Zentren oder funktionsgleichen Einrichtungen im Jahr 2020 war mit 8,5 Monaten länger als im allgemeinen Durchschnitt von 8,3 Monaten. Dabei hatte Seehofer eine angeblich beschleunigte Bearbeitung als Hauptargument für sein Projekt der Anker-Zentren gepriesen. Nun wird deutlich: In Wahrheit geht es bei den Anker-Zentren nicht um die Beschleunigung von Verfahren, sondern um Abschreckung. Denn Schutzsuchende werden dort unter schwierigsten Bedingungen in möglichst zentralisierten und isolierten Lagern untergebracht. Eine dezentrale Unterbringung ist die menschenwürdige Alternative zu dieser Lager-Politik und auch angesichts der Pandemie dringend geboten“, kommentiert Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, eine Antwort der Bundesregierung auf ihre schriftliche Frage. Die Abgeordnete weiter:

„Die reinen Verfahrensdauern sagen jedoch relativ wenig über die Qualität der Asylprüfungen aus, entscheidend sind vielmehr faire und gute Asylverfahren in einem angemessenen Zeitraum. Denn nur dann halten die Asylentscheidungen auch einer gerichtlichen Überprüfung stand, sodass es erst gar nicht zu einem aufwändigen Gerichtsverfahren kommen muss. Angesichts vieler mangelhafter und fehlerhafter Bescheide des BAMF ist die durchschnittliche Verfahrensdauer bei den Gerichten auf zuletzt fast zwei Jahre gestiegen.

Die Gesamtdauer der Asylverfahren in Deutschland ließe sich mit qualitativ hochwertigen und bestandskräftigen Asylprüfungen deutlich verkürzen. Die derzeit praktizierte, möglichst schnelle Anhörung der Asylsuchenden ist demgegenüber sogar kontraproduktiv, denn die Schutzsuchenden sollten nach einer anstrengenden und oft lebensbedrohlichen Flucht erst einmal zur Ruhe kommen, sich beraten lassen und auf die Anhörung vorbereiten können. Es gibt jedoch weder eine solche Ruhephase zu Beginn des Verfahrens noch eine flächendeckende unabhängige Asylverfahrensberatung. Zudem ist das BAMF mit Hunderttausenden Widerrufsprüfungen belastet, die in der Regel zu nichts führen, aber im Durchschnitt 11,6 Monate dauern und damit wertvolle Kapazitäten im BAMF binden, die an anderer Stelle weitaus besser aufgehoben wären.

Eine rationale Asylpolitik ist von Seehofer leider nicht zu erwarten. Er ist vernarrt in seine rechtspopulistische Symbolpolitik, die an den realen Erfordernissen vorbeigeht, wie die verheerende Bilanz seiner Anker-Zentren zeigt: Sie sind ineffektiv und menschenrechtlich inakzeptabel.“