Bonn: Forderungen in Sorge um die Situation von Kindern und Jugendlichen in den Landesunterkünften

09.08.2024 „In großer Sorge um die Situation von Kindern und Jugendlichen in den Landesunterkünften“ auf Bonner Stadtgebiet hat sich der Bonner Runde Tisch gegen Kinder- und Familienarmut (RTKA)* am 1. Juli 2024 mit einem Offenen Brief an den Ministerpräsidenten, die zuständigen Landesminister*innen, Bonner Landtagsabgeordnete, den Regierungspräsidenten und an die Bonner OB gewandt:

... „In Bonn gibt es zwei große Unterkünfte des Landes, die Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) in der Ermekeilkaserne und die Zentrale Unterkunftseinrichtung (ZUE) in Muffendorf. In beiden Einrichtungen sehen wir für Kinder und Jugendliche erheblichen Handlungsbedarf hinsichtlich des Kindeswohls.

Beide Einrichtungen haben eine Kapazität von 500 bis zu 800 Bewohner*innen und sind im Jahresdurchschnitt nach unserer Recherche mit 500 Bewohner*innen belegt. Aufnahmeeinrichtungen in dieser Größe sind keine Orte, die für den Aufenthalt von Kindern konzipiert sind.“ ...

Begründet mit ausführlicher Darstellung der Situation in beiden Einrichtungen des Landes werden deutliche Forderungen an die politischen Akteur*innen gerichtet:

"Wir fordern:

  • die Unterbringung von Familien mit Kindern und Jugendlichen nach maximal Monaten in kommunalen Unterkünften, wozu die Kommunen die notwendige finanzielle Unterstützung des Landes erhalten müssen;
  • die sofortige Schulpflicht für Kinder und Jugendliche in den ZUEs (und ggfls. in den EAEs, wenn sie hier länger verweilen),
  • den Zugang zum Hilfesystem für Familien durch enge Kooperation mit den entsprechenden Diensten in Bonn;
  • die geregelte Einbindung des Jugendamtes;
  • die Leistungsvergabe für die Betreuung in Flüchtlingsunterkünften nicht mehr europaweit öffentlich auszuschreiben, so dass keine gewinnorientierte privatwirtschaftliche bzw. Aktienunternehmen dort tätig werden können;
  • die Einhaltung des Landesgewaltschutzgesetzes in den Landesunterkünften (Dazu haben wir im Anhang Auszüge des Gesetzes mit unseren Anmerkungen und Forderungen ergänzt);
  • die Sicherstellung von effektiven Zugängen zu unabhängiger rechtlicher Beratung und zu Anwält*innen für die Menschen in den Einrichtungen;
  • die Sicherstellung von effektiven Zugängen zu medizinischen und therapeutischen Angeboten, was insbesondere durch eine elektronische Gesundheitskarte und damit verbundene freie Arztwahl ermöglicht wird, und einer angemessenen Finanzierung und der Schaffung weiterer PSE-Stellen in den Landesunterkünften bedarf.
  • die konsequente Umsetzung diskriminierungsfreier Rechte aus den Verpflichtungen des 1976 in Kraft getretenen Sozialpaktes, insbesondere Gesundheit, Bildung, kulturelle und soziale Teilhabe und insbesondere für Kinder, Jugendliche und Familien und dem 2013 in Kraft getretenen Fakultativprotokoll. Dieser von der Generalversammlung der UN 1966 verabschiedete Pakt verpflichtet die Vertragsstaaten, darunter Deutschland alle Möglichkeiten auszuschöpfen die Rechte fortschreitend für alle zu verwirklichen."

Im Offenen Brief heißt es weiter:

"Die Situation in den beiden Landesunterkünften stellt sich für uns wie nachfolgend ausgeführt dar:
Das Zusammenleben von Menschen

  • unterschiedlichster Herkunft,
  • mit unterschiedlichen Fluchtgründen,
  • aller Altersgruppen,
  • mit unterschiedlichen Lebenssituationen von allein reisenden Männern überFamilien mit Kindern, Alleinerziehende mit Kindern bis hin zu allein reisenden Frauen,
  • mit Traumatisierungen,
  • mit enttäuschten Erwartungen über ihre Perspektiven im Asylsystem,

in Kombination mit der engen Belegung und fehlenden Rückzugsmöglichkeiten, steigert
das Konflikt- und Aggressionspotential. Der Aufenthalt ist geprägt von Lärm und Enge, dem Miterleben von Gewalt und der Ohnmacht der Erwachsenen. Kinder sind den schädlichen Einflüssen und der Gewalt mit Gefährdung ihrer psychischen und physischen Gesundheit häufig schutzlos ausgeliefert, ohne entsprechende, auch psychosoziale Unterstützungen.

Das Landesgewaltschutzkonzept, welches Gewaltsituationen präventiv entgegenwirken soll, Kinder, Jugendliche und allein reisende Frauen mit Kindern als besonders schutzwürdig einstuft und entsprechenden Schutzmaßnahmen definiert, wird scheinbar nur unzureichend umgesetzt. Zu diesem Fazit kommen verschiedene Studien zur Situation von Kindern in Flüchtlingsunterkünften, u.a. vom UNHCR, von der bundesweiten Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer, von Jumen e.V. und terre des hommes, von UNICEF und dem Deutschen Institut für Menschenrechte sowie von UNICEF & Bundesfachverband für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (BumF) e.V. Die Berichte von Bewohner*innen beider Unterkünfte, die die Flüchtlingsberatungsstellen in Bonn aufsuchen, bestätigen diese Einschätzung.

Die Situation in der Erstaufnahmeeinrichtung Bonn, Ermekeilkaserne:

In der Erstaufnahme sind alle Akteure vertreten, um die ersten Schritte der Aufnahme und des Asylverfahrens oder Folgeverfahrens in kurzer Zeit effektiv an einem Ort zu absolvieren: Bezirksregierung, Zentrale Ausländerbehörde, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Dort sollen Asylsuchende für 2-4 Wochen untergebracht werden, bis die ersten Schritte des Asylverfahrens bearbeitet wurden und die Anhörung durch das BAMF erfolgt ist. Danach werden sie, je nach Bleibeperspektive, in Zentrale Unterkünfte des Landes oder in kommunale Unterkünfte weiterverteilt. Leider ist die Aufenthaltsdauer oftmals länger als bis zu 4 Wochen.

Die Unterbringung erfolgt viele in Mehrbettzimmern. Oft werden 2 Familien in einem Zimmer untergebracht. Zwar gibt es einen Familientrakt und einen Trakt für Frauen, bei voller Belegung können aber nicht alle Familien bzw. Frauen in diesen Trakten untergebracht werden. Die Zuweisung erfolgt aus der Sicht der Betroffenen nicht transparent, sondern willkürlich.

Die sanitären Einrichtungen (Toiletten und Duschen) befinden sich für alle in Containern auf dem Hof und nicht in den einzelnen Bewohnertrakten. Dies ist besonderen für Frauen nachts ein Problem. wagen nachts nicht den Gang über den Hof zu den Toilettencontainern. Da alleinerziehende Mütter ihre Kinder nicht allein lassen möchten, müssen bei jedem Toilettengang alle Kinder mitgehen bzw. bei Familien der Mann zum Schutz der Frau und aller Kinder.

Es gibt in der EAE keine geregelte Kinderbetreuung. Diese wird von Ehrenamtlichen organisiert. Eltern haben in der kurzen Aufnahmezeit sehr viele Termine im Rahmen des Asylverfahrens zu bewältigen, teilweise müssen die Kinder bei diesen Terminen anwesend sein, teilweise nicht. Dann müssen die Eltern die Kinderbetreuung selbst organisieren und die Kinder anderen Bewohner*innen anvertrauen, Menschen, die sie gerade erst kennengelernt haben.

Während des Aufenthalts in der EAE unterliegen die Kinder nicht der Schulpflicht, es gibt auch keine schulnahen Bildungsangebote. Nach der Anhörung beim BAMF werden die Asylsuchenden bei guter Bleibeperspektive in die kommunale Unterbringung transferiert oder – was meist der Fall ist – in eine der Zentralen Unterkunftseinrichtungen NRW-weit.

Das Sicherheitspersonal wird von Bewohner*innen oftmals als bedrohlich und übergriffig wahrgenommen. Sie handeln in Teilen entgegen ihrem im Landesgewaltschutzkonzept definierten Auftrag und missachten gesetzliche Vorgaben. Die Probleme haben sich verschärft, seit der Betreuungsauftrag an die ORS, einem privatwirtschaftlichen Unternehmen der serco-Gruppe, einer Aktiengesellschaft, die Gewinne erwirtschaften muss, vergeben wurde.
Der Caritasverband Bonn hat sich deshalb Ende 2022 aus der Verfahrensberatung in
der Erstaufnahme zurückgezogen, weil die Zustände für das Personal der Verfahrensberatung nicht mehr aushaltbar und tragbar waren.

1. Das Personal wurde geringer entlohnt als beim vorangegangen Betreuer DRK und scheint wenig qualifiziert zu sein. Es scheint keine gute Einarbeitung, z.B. in das Landesschutzkonzept, in gesetzliche Vorschriften etc. zu geben. Den Flüchtlingsberatungsstellen in Bonn wurde von Bewohner*innen übergriffiges und angsteinflößendes Verhalten des Betreuungspersonals berichtet. In der
Vergangenheit wurden die Mitarbeitenden des Betreuungsverbandes regelmäßig für ein sensibles und den gesetzlichen Vorgaben entsprechendem Vorgehen geschult.
2. Die Sanitätsstation war und ist bis heute chronisch unterbesetzt und in Nachtzeiten und am Wochenende oft nicht erreichbar. Akut Erkrankte konnten nicht ärztlich versorgt werden. Auch chronisch Erkrankte konnten oftmals die notwendigen Medikamente nicht erhalten, sondern wurden an die Verfahrensberatung verwiesen, damit diese einen schnellen Termin bei Fachärzten organisiert. Was bedeutete, dass die Betroffenen bis zu einem Facharzttermin ohne lebensnotwendige Medikamente auskommen mussten.

Aus den Berichten von Bewohner*innen der EAE, die in den Flüchtlingsberatungsstellen
in Bonn um Rat nachfragen, scheint sich an der Situation nicht viel geändert zu haben.


Die Situation in der Zentralen Unterkunftseinrichtung in Bonn-Bad Godesberg:

In der ZUE werden Asylsuchende mit mutmaßlich geringer Bleibeperspektive
untergebracht. Als eines der wenigen Bundesländer hat NRW von der Möglichkeit der
Länder Gebrauch gemacht, die Aufenthaltszeiten in den Landeseinrichtungen auf bis zu 24 Monate zu verlängern. Familien sind hiervon zwar gesetzlich ausgenommen, dennoch verbleiben auch sie immer wieder länger als sechs Monate in der Aufnahmeeinrichtung.

In der ZUE sind Kinder und Jugendliche durch die räumlichen und organisatorischen Bedingungen einer bedenklich hohen Anzahl von Risikofaktoren ausgesetzt. Sie erleben Gewalt und Konflikte unter Bewohnerinnen und Bewohnern sowie bei Polizeieinsätzen. Zur miterlebten Gewalt gehört auch der Zwang bei Abschiebungen, die meist in den frühen Morgenstunden stattfinden. Die Familien leben in der ständigen Angst, ebenfalls abgeschoben zu werden.
Die räumliche Enge, die fehlende Privatsphäre, die regelmäßigen Ruhestörungen, das Beobachten von Abschiebungen und die schlechten Ernährungsbedingungen wirken sich deutlich sowohl auf gesunde als auch schon durch traumatische Ereignisse belastete Kinder und Jugendliche aus. Räume der Entspannung und Erholung existieren kaum, das Stresslevel aller Bewohner*innen bleibt daher dauerhaft hoch. Die Betroffenen haben Angst vor erneuter Gewalt und Übergriffen, Diskriminierung und weiteren Konflikten. Sie haben oftmals das Gefühl, ausgeliefert zu sein und ihre Situation nicht kontrollieren zu können. Das Gefühl vieler dort Untergebrachten ist, im Lager der Hoffnungslosen zu leben, so berichten uns die Bewohner*innen.

Die Inanspruchnahme von Unterstützung außerhalb der Einrichtung ist aufgrund von räumlicher Beschränkung, Sachleistungsvorrang, unzureichender finanzieller Mittel, mangelnden Informationen und Sprachbarrieren vielfach unmöglich. Von bestehenden Rechten sind die Familien oft ausgeschlossen.

Das schulnahe Bildungsangebot für Kinder, das ohnehin keinen Regelschulbesuch zu ersetzen vermag, existiert nur in mangelhaftem Rahmen und ist nicht im Inhalt, Umfang und Niveau des Unterrichts an einer regulären Schule bzw. einer Willkommens- oder Sprachförderklasse gleichwertig. Da die Aufenthaltsdauer von max. 6 Monaten für Familien mit Kindern oftmals überschritten wird und die Familien davor in einer EAE mit manchmal 2 Monate Dauer untergebracht waren, fehlt den Kindern wertvolle Zeit der schulischen Bildung.

Zusammenfassend kommt das Land seiner Verpflichtung nicht nach, Kinder diskriminierungsfrei zu schützen. Weder sind die gesetzlichen Voraussetzungen für eine am Schutzanspruch orientierte Unterbringung gegeben noch sind die strukturellen Rahmenbedingungen dergestalt, dass das Recht von Kindern auf Schutz und Entwicklung langfristig und systematisch sichergestellt werden könnte. Trotz Gewaltschutzkonzepts wird insbesondere das Recht auf Schutz, das Recht auf Gesundheit, das Recht auf Bildung, das Recht auf Privatsphäre sowie Beteiligungsrechte oft verletzt.

Wir freuen uns auf Ihre baldige Rückmeldung.

Mit freundlichen Grüßen

Gabriele Al-Barghouthi für den Runden Tisch gegen Kinder- und Familienarmut (RTKA) Bonn"

Antworten

... vielen Dank für Ihren Brief zur Situation von Kindern und Jugendlichen in Landesunterkünften. Ich schätze die Arbeit des Runden Tisches gegen Kinder- und Familienarmut sehr. Gerne nehme ich im Folgenden zu Ihren Forderungen Stellung.

Es ist sinnvoll, sich an den gesetzlichen Vorgaben in § 47 AsylG zu orientieren, wonach die Dauer der Wohnverpflichtung von minderjährigen Asylsuchenden und ihren Eltern auf sechs (und nicht auf drei) Monate beschränkt ist. Eine frühere Zuweisung an die Kommunen würde diese noch mehr überfordern, um Unterbringung und Kinderbetreuung bzw. Schulunterricht zu organisieren. Zudem sollten Familien, bei denen eine zeitnahe Ausreise bzw. Rückführung zu erwarten ist, nicht auf die Kommunen verteilt werden.

Kinder und Jugendliche erhalten in den zentralen Unterbringungseinrichtungen ein schulnahes Bildungsangebot, das auf den Besuch einer Regelschule vorbereiten soll. Der Unterricht wird durch Lehrkräfte des Landes durchgeführt. Der Schwerpunkt des Unterrichts liegt in der Vermittlung der deutschen Sprache und bei Bedarf der Alphabetisierung. Der Unterricht vermittelt außerdem Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten in Mathematik, in Gesellschaftslehre und in Naturwissenschaften. Die reguläre Schulpflicht kann hingegen erst nach Zuweisung an die Kommunen greifen. Dies ist so auch in § 10 Abs. 3 des Teilhabe- und Integrationsgesetzes vorgegeben, das mit den Stimmen aller demokratischen Fraktionen beschlossen wurde.

Eine europaweite Ausschreibung der Leistungsvergabe für die Betreuung in den Unterkünften ist schon allein aus wirtschaftlichen Gründen für das Land sinnvoll. Eine Unterbringung in den Landeseinrichtungen ist sicher mit Unannehmlichkeiten für die Betroffenen verbunden, aber zeitlich begrenzt und im Hinblick auf eine geordnete Migrationspolitik sowie zur Entlastung der Kommunen erforderlich.

Ich freue mich auf den Austausch und danke Ihnen herzlich für Ihr Engagement..."

 

... "Die Unterbringung von Geflüchteten und speziell von Familien und Kindern stellt eine Herausforderung dar, bei der die besonderen Interessen und Bedürfnisse der Familien und Kinder in Einklang mit den tatsächlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten vor Ort gebracht werden müssen. Das Land und die Kommunen stehen hierbei vor der Aufgabe, Obdachlosigkeit zu vermeiden und die Geflüchteten menschenwürdig und unter Beachtung der von Ihnen genannten Vorschriften unterzubringen. Dies ist insbesondere in Zeiten hoher Zuzugszahlen von Geflüchteten eine besondere Herausforderung.

Das Landesgewaltschutzkonzept trägt den besonderen Interessen und Bedürfnissen der Geflüchteten Rechnung und soll eine familien- und kindgerechte Unterbringung gewährleisten, weshalb die Umsetzung des Landesgewaltschutzkonzeptes grundsätzlich in jeder Einrichtung — auch in den Landesunterkünften in Bonn — höchste Priorität genießt. Vorgaben finden bei allen Um- und Ausbauprojekten sowie im laufenden Betrieb Anwendung. Sie binden nicht nur die Bezirksregierungen, sondern auch alle in den Landesunterkünften eingesetzten Dienstleister. Die Umsetzung des Landesgewaltschutzkonzepts wird von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor Ort sowie durch Mobile Kontrollteams regelmäßig kontrolliert. Den Geflüchteten steht vor Ort in jeder Unterkunft auch ein Beschwerdemanagement zur Verfügung, um Probleme frühzeitig zu erkennen und zu lösen.

Unterbringung von Familien in der EAE Bonn

Betreffend die Verweildauer von Personen in der EAE Bonn ist es zutreffend, dass die Unterbringungsdauer der Geflüchteten in der Regel 2 bis 4 Wochen beträgt. In der EAE Bonn erfolgen zunächst alle medizinisch notwendigen Untersuchungen sowie die Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Nur im Ausnahmefall sind Personen länger als 4 Wochen in der EAE untergebracht, weil beispielweise der Verdacht auf eine Tuberkulose-Erkrankung vorliegt.

Zur konkreten Unterbringung von Familien, Kindern und alleinreisenden Frauen in der EAE Bonn kann ich Ihnen mitteilen, dass alleinreisende Frauen ausschließlich in einem separierten Flur bzw. einem separaten Gebäudeteil nur für Frauen untergebracht werden. Der Flur dieses Frauenbereichs ist mit mehreren Notrufklingeln gesichert, welche bei Betätigung direkt den Sicherheitsdienst alarmieren. Familien werden ebenfalls ausschließlich in separaten Familienfluren untergebracht. Hierbei erhält jede Familie grundsätzlich ein eigenes Zimmer.

Aufgrund der baulichen Gegebenheiten der EAE Bonn befinden sich die Sanitäreinrichtungen in Containern im Hof der Einrichtung, wobei auch hier ein
separater Bereich im Erdgeschoss nur für Frauen zur Verfügung steht.
In der EAE Bonn findet zudem an Werktagen morgens und nachmittags
eine Kinderbetreuung statt, sodass die Kinder auch bei behördlichen Terminen der Eltern betreut werden können. Außerdem finden zweimal wöchentlich
Deutschkurse für Kinder und Jugendliche statt.

Unterbringung von Familien in der ZUE Bonn
Familien dürfen in einer Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) nicht
länger als sechs Monaten untergebracht werden. In vielen Fällen gelingt es, die Geflüchteten deutlich schneller den Kommunen zuzuweisen. In dieser Zeit finden auch — jedenfalls unter der Gruppe der Familien — nur in seltenen Fällen Abschiebungen statt, dann in der Zuständigkeit der Zentralen Ausländerbehörde Köln. Es handelt sich bei der ZUE Bonn auch nicht um eine Einrichtung, in der in besonderem Maße Geflüchtete mit schlechter Bleibeperspektive untergebracht werden. Für alle Geflüchteten und auch die Familien gibt es auch in der ZUE Beratungs- und Unterstützungsangebote.

Während ihres Aufenthaltes in der ZUE gibt es durchaus Möglichkeiten zum Rückzug und zur Erholung. Familien — wie auch alleinreisende Frauen —
werden grundsätzlich in nur für diese Personengruppe bestimmten Gebäudetrakten untergebracht. Es wird außerdem besonders darauf geachtet, dass Familien unter sich in eigenen Zimmern untergebracht werden, gerade um den Bedürfnissen nach Privatsphäre gerecht zu werden.

In der Unterkunft wird ein breites Angebot an Aktivitäten für Frauen, Kinder und
Jugendliche vorgehalten. Neben einem Frauencafé und einem Jugendcafé gibt es einen Bewegungsraum, in dem u.a. das KiTa ähnliche Bildungsangebot veranstaltet wird. Es gibt weiterhin eine Vielzahl von Aufenthaltsräumen und Sportangeboten, z.B. ein Fußball- und ein Volleyballfeld, Tischtennisplatten, einen Basketballkorb sowie einen Sandkasten. Im Zuge der zurzeit erfolgenden Erweiterung hat die Bezirksregierung darauf geachtet, das Angebot an Sozialräumen deutlich auszuweiten. So ist u.a. geplant, einen neuen Spielplatz
sowie einen Bibliotheks- und Ruheraum einzurichten.

Außerdem gibt es eine Vielzahl von weiteren Angeboten. Neben einer Fahrradwerkstatt und einem Fahrradtraining werden den untergebrachten
Kindern in unregelmäßigen Abständen Ausflüge ermöglicht, zum Beispiel auf den Drachenfels oder in den Kölner Zoo, oder Sonderaktionen mit Kooperationspartnern veranstaltet.

Im Rahmen des Schulnahen Bildungsangebotes sind insgesamt fünf Lehrkräfte in Vollzeit in der ZUE beschäftigt. Auch für dieses Angebot, das die Kinder auf den Besuch einer Regelschule vorbereitet, gibt das Land Qualitätsstandards vor.
Der Schwerpunkt des Angebots liegt in der Vermittlung der deutschen Sprache und bei Bedarf bei der Alphabetisierung. Besonders durch die Förderung der deutschen Sprache erhalten die Kinder und Jugendlichen eine wichtige Unterstützung, um sich in der für sie noch neuen Umgebung besser zu orientieren und miteinander zu kommunizieren. Ihnen werden zudem Kenntnisse in Mathematik, in Gesellschaftslehre und in Naturwissenschaften
vermittelt. Die Unterrichtsinhalte und Rahmenbedingungen beruhen auf einem
pädagogischen Konzept des Ministeriums für Schule und Bildung. Im Rahmen des KiTa-ähnlichen Angebotes werden drei Vollzeitkräfte eingesetzt. Neben der Sprachentwicklung legen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hierbei auch auf das Thema Ernährung großen Wert und frühstücken beispielsweise gemeinsam mit den Kindern. ..."

 

* Der Runde Tisch gegen Kinder- und Familienarmut (RTKA) aus Bonn setzt sich seit
17 Jahren auf kommunaler, Landes- und Bundesebene für die Stärkung von
Kinderrechten ein. In dieser Hinsicht befassen wir uns auch mit der Situation von
geflüchteten Kindern, Jugendlichen und ihren Familien, deren Lebenssituationen in
vielerlei Hinsicht von den gesellschaftlichen und politischen Bedingungen in
Deutschland und Europa beeinflusst werden. (aus dem Offenen Brief zur Europawahl)