Bonn: Infos zur Lage Geflüchteter und Ortskräfte in der Stadt

04.12.2021 Über die "Aktuelle Situation der Geflüchteten und Ortskräfte in Bonn" wurden interessierte Ehrenamtliche am gestrigen Freitag in einer Online-Veranstaltung informiert. Die Integrationsbeauftragte, Mitarbeiter*innen des Amtes für Soziales und Wohnen sowie der Leiter des Ausländeramtes gaben ausführlich Auskunft und beantworteten zahlreiche Fragen. Sie setzten damit die mehrjährige Praxis solcher Info-Runden fort. Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen die Unterbringung und Wohnsituation angesichts des Mangels an bezahlbarem Wohnraum in Bonn sowie die Bemühung um Steigerung des Impfschutzes und Verhinderung neuer Infektionsausbrüche in den Sammelunterkünften.

Gegenwärtig sind durch die Stadt Bonn 1471 Geflüchtete untergebracht, von denen 654 eine Aufenthaltserlaubnis und Bleiberecht haben und demnach aus der Gemeinschaftsunterkunft ausziehen könnten, wenn sie denn eine Wohnung fänden. Seit dem Sommer konnten 169 afghanische Ortskräfte nach Bonn gelangen; 139 davon sind in einer gesonderten Gemeinschaftsunterkunft der Stadt untergebracht, 30 sind privat untergekommen. Die Ortskräfte durchlaufen nicht das Asylverfahren. (Aktuell erhöhte sich die Zahl durch zwei weitere Familien auf 180).

Zum Infektionsschutz verhängte die Stadt jetzt für alle Gemeinschaftsunterkünfte ein Zutrittsverbot für Besucher*innen. Davon ausgenommen ist lediglich die Unterkunft der Ortskräfte, weil diese einerseits besseren Impfschutz und andererseits einen erhöhten Betreuungs- und Begleitungsbedarf kurz nach ihrer Ankunft haben.

Aussagen zur Impfquote können nicht gemacht werden. Es gibt unter den Geflüchteten wie in der Gesamtbevölkerung teils hohe Bereitschaft, teils Skepsis. Auch hier gilt es weiter, durch persönliche Kontakte Vetrauen und Bereitschaft zur Impfung zu erreichen und die offenen Impfangebote zu kommunizieren.

Die Stadt Bonn hat die Aufnahmequote mit 143% deutlich übererfüllt. Sie liegt damit wie seit langem auf Platz 2 aller Städte und Kreise in NRW.

Durch die Aufnahme der Ortskräfte und nach den Bränden in der Unterkunft im Rheinweg (dort kam es Ende November zu einer 2. Brandstitung innerhalb kurzer Zeit, wodurch ein Drittel der Anlage nicht mehr bewohnbar ist) hat Bonn jetzt keine Unterbringungskapazitäten mehr frei. Dies schrieb auch OB Dörner an die Lokalgruppe der Seebrücke, die ein Aufnahmesignal bezüglich der Schutzsuchenden an der Grenze Belarus/Polen gewünscht hatte.

Gegenwärtig bemüht sich die Stadt Bonn, auch durch Ankauf von Immobilien durch die stadteigene VEBOWAG, weiteren Wohnraum zur Verfügung stellen zu können. Am weitesten ist dabei das Projekt "Hotel Willkens" in Beuel gediehen. Wenn alles klappt, könnten dort ab Ende 2022 45 Personen in Einzelzimmern wohnen. Deutlich ist, dass dies nur die willkommene Lösung für einige wenige der vielen Wohnungssuchenden, darunter auch Menschen mit Beeinträchtigungen,  sein kann und die Wohnungsnot weiter besteht. Die Gemeinschaftsunterkunft Rheinweg soll geschlossen werden, sobald das möglich ist.

Im Ausländeramt gibt es Terminpflicht, es gilt die 3G-Regel für den Zutritt. Die eigentlich geplante Ausweitung der Öffnungszeiten des Ausländeramtes scheitert vorerst wegen der Pandemiebeschränkungen. Problematisch ist wegen der Kontaktbeschränkungen zur Zeit die Aushändigung mehrerer Tausend Aufenthaltskarten; sie sollen bis  Januar/Februar hinein ausgegeben werden. Über die Funktion der "Fiktionsbescheinigungen" herrscht vielfach Unklarheit. (Ein landesweites Problem, s. hierzu auch den Beitrag im WDR-Magazin Westpol am 5. 12. 2021: NRW-Ausländerbehörden überlastet)Bei der Migration insgesamt verzeichnet das Ausländeramt Bonn einen Rekordwert von 26.000 befristeten Aufenthaltserlaubnissen. 

Da viele der Geflüchteten in Bonn jetzt schon mehrere Jahre hier leben, Sprach- und Integrationskurse erfolgreich absolviert und Arbeitsplätze gefunden haben, kann das Ausländeramt jetzt zunehmend die Niederlassungserlaubnis erteilen, allein 100 im November, 1000 bisher in diesem Jahr. Es ist auch damit zu rechnen, dass jetzt zunehmend Anträge auf Einbürgerung gestellt werden. Wegen der Pandemiebeschränkungen können die Antragsteller*innen derzeit nur brieflich und nicht persönlich beraten werden. Ein Tool, das bequem online durch den Prozess führen soll, ist bestellt und sollte demnächst zur Verfügung stehen. Der Leiter des Ausländeramtes, Michael Wald, rät sehr dazu, die Einbürgerungsanträge schnell zu stellen, sobald die Frist seit Ankunft erreicht ist und die Voraussetzungen erfüllt sind, weist aber auch darauf hin, dass die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag vor der Gesetzgebung nicht wirksam werden können. - Zukünftig soll sich 1 Mitarbeiter*in im Ausländeramt ausschließlich um über einen längeren Zeitraum Geduldete kümmern und mit den Klient*innen eine Perspektive erarbeiten.