Bonner Erklärung zu Moria: Bonns Ratsfraktionen und Kirchen sichern Unterstützung zu

19.09.2020 „Ich war obdachlos und ihr habt mich aufgenommen“ - Humanität und Nächstenliebe fordern klares Handeln für Lesbos Geflüchtete  Mit dieser Überschrift einer gemeinsamen Erklärung hatten sich katholische und evangelische Kirchen, die Caritas und die Diakonie an den bisherigen Oberbürgermeister und den alten und neuen Stadtrat gewandt. In einem gemeinsamen Gespräch, zu dem OB Sridharan neben den Initiatoren Vertreter*innen aller Fraktionen zusammenrief, ergab sich breite Zustimmung. Bis Anfang kommender Woche wird der Wortlaut einer gemeinsamen Erklärung abgestimmt, "in der Solidarität mit den Flüchtlingen aus dem abgebrannten Lager Moria gezeigt wird und Bonn seine Bereitschaft artikuliert, bei der Aufnahme von Betroffenen zu helfen",  so Stadtdechant Dr. Wolfgang Picken.

Wir dokumentieren im Folgenden die Presseerklärung und die vorangegangene Stellungnahme der Kirchen.

Pressemitteilung von katholisch in Bonn:

Am Freitagnachmittag hat sich Oberbürgermeister Ashok Sridharan mit den Sprechern aller Ratsfraktionen sowie den Vertretern der Bonner Kirchen und ihrer Verbände getroffen, um über die Aufnahme von obdachlosen Moria-Flüchtlingen in Bonn zu sprechen. Mit dabei war auch Stadtdechant Dr. Wolfgang Picken, der am Mittwoch gemeinsam mit Superintendent Dietmar Pistorius, Caritasdirektor Jean-Pierre Schneider und Diakonie-Geschäftsführer Ulrich Hamacher eine Stellungnahme abgegeben hatte, in denen sie eine klare Aussage zu diesem Thema gefordert hatten. Dem war der OB nachgekommen.

Sridharan erklärte in der nicht-öffentlichen Sitzung, dass man – werde man der Bilder aus Moria gewahr – nicht anders könne, als zu reagieren, berichtete Dr. Picken aus der Sitzung. Sridharan vertrete die Auffassung, dass die Stadt Bonn etwas tun solle. Er habe der NRW-Regierung bereits schriftlich die Unterstützung Bonns bei der Aufnahme von Geflüchteten zugesichert. Ähnliches beabsichtige er nun gegenüber der Bundesregierung in Berlin zu tun. Dies sehe er von der Ratsentscheidung „Sichere Häfen“ gedeckt. Der OB habe betont, so Picken, dass man in Bonn durch die Unterstützung von Bürgern, Wohlfahrtsverbänden und Kirchen sehr gute Erfahrungen mit der Integration von Geflüchteten gemacht habe. Gleichzeitig sei dem OB in Übereinstimmung mit allen Parteien wichtig gewesen, dass dieses Thema nicht zum Wahlkampf genutzt würde. "Das Feingefühl der anwesenden Parteien, die Notlage der Menschen auf Moria nicht für den Wahlkampf zu instrumentalisieren, empfinde ich als beeindruckend und bemerkenswert", so Picken.

Stadtdechant Dr. Picken merkte in der Gesprächsrunde an, dass die zurückliegende Bonner Rats-Erklärung zu den "Sichere Häfen" nicht ausreiche, um die nötige Solidarität mit den obdachlosen Geflüchteten nach dem verheerenden Brand auf Lesbos zum Ausdruck zu bringen. "Für diese Tragödie braucht es eine eigene Erklärung." Dieser Vorschlag fand die Zustimmung des Oberbürgermeisters und beinahe aller Fraktionen des Rates. Lediglich  zwei Parteien lehnten ihre Beteiligung an einer gemeinsamen Erklärung ab. Entsprechend wird Anfang der kommenden Woche der Wortlaut einer gemeinsamen Erklärung abgestimmt. Diese wird beinhalten, dass Bonn bereit ist, Geflüchteten aus Moria zu helfen und sie aufzunehmen. 

Die Kirchenvertreter bewerten das Ergebnis des Treffens positiv. "Ich bin sehr zufrieden, dass es uns mit unserer gemeinsamen Initiative gelungen ist, eine deutliche Mehrheit in Politik und Stadt für den Einsatz für die Geflüchteten aus Moria zu gewinnen", stellte Superintendent Pistorius fest. "Die jetzt abgestimmte Verfahrensweise ist angemessen. Es wird eine Bonner Erklärung geben, in der Solidarität mit den Flüchtlingen aus dem abgebrannten Lager Moria gezeigt wird und Bonn seine Bereitschaft artikuliert, bei der Aufnahme von Betroffenen zu helfen. Ein solches Zeichen der Humanität und Nächstenliebe steht Bonn gut zu Gesicht", stellte Stadtdechant Dr. Wolfgang Picken fest. In der Erklärung würden keine Zahlen genannt, aber zum Ausdruck gebracht werden, dass Bonn sich je nach Notwenigkeit an den Hilfsmaßnahmen beteiligen werde.

Quelle: https://www.kath-bonn.de/detail/Bonns-Ratsfraktionen-und-Kirchen-sichern-Unterstuetzung-zu/

 

16.09.2020 STELLUNGNAHME DER BONNER KIRCHEN, DER CARITAS UND DER DIAKONIE

„Ich war obdachlos und ihr habt mich aufgenommen“ - Humanität und Nächstenliebe fordern klares Handeln für Lesbos Geflüchtete

Seit der Brandkatastrophe auf der griechischen Insel Lesbos hat es zahllose Appelle gegeben, den dort obdachlos gewordenen Flüchtlingen zu helfen. Viele in Politik, Gesellschaft und Kirche fordern seit Tagen schnelle Hilfe. Zahlreiche Kommunen haben sich inzwischen schon zur Aufnahme von Geflüchteten bereit erklärt.
Auch in Bonn sprechen sich viele Bürgerinnen und Bürger sowie zahlreiche Vertreter der politischen Parteien für die schnelle Aufnahme von Geflüchteten aus. Sie sind bereit, einen Beitrag zur Hilfe zu leisten. Kirchliche Dienste und Gemeinden, Wohlfahrtsverbände und Stiftungen sowie ehrenamtliche Initiativen, die in der Begleitung von Geflüchteten erfahren sind, sichern ihre Unterstützung zu.
Es ist bekannt, dass schon vor der Brandkatastrophe die Lebensumstände der Flüchtlinge auf Lesbos menschenunwürdig waren. Das Lager Moria war vollkommen überfüllt, die Hygienezustände, zumal in der Coronakrise, total inakzeptabel und die Situation der Kinder und Jugendlichen einfach nur trostlos. Das Lager Moria zeigte ein Bild, das Europa beschämen muss und mit seinen Vorstellungen von Menschenwürde in keiner Weise in Übereinstimmung zu bringen ist. Für die Lage der tausenden Obdachlosen nach dem Brand trifft das umso mehr zu. Wenn man die Werte der Europäischen Union und das Ideal christlicher Nächstenliebe nicht verraten will, muss jetzt unverzüglich gehandelt werden
Katholische und evangelische Kirchen in Bonn erklären deshalb: “Wir fordern alle Mitglieder im neuen und alten Rat der Stadt Bonn sowie die Verwaltung der Stadt Bonn auf, eine klare Aussage für die Aufnahme von Geflüchteten aus Moria in Bonn zu treffen. Wir wünschen, dass sie diese Entscheidung der Bundesregierung übermitteln und die Aufnahme einer nennenswerten Zahl von Betroffenen verlangen. Bonn als internationale und weltoffene Stadt muss im Einsatz für die obdachlosen Geflüchteten unmissverständlich sein und sich entschieden dafür einsetzen, dass der Anspruch auf eine unverletzbare Menschenwürde nicht an den EU-Außengrenzen endet.

Dr. Wolfgang Picken Stadtdechant Katholische Kirche in Bonn, Dietmar Pistorius Superintendent Evangelischer Kirchenkreis Bonn, Jean-Pierre Schneider Caritasdirektor Caritasverband für die Stadt Bonn, Ulrich Hamacher Geschäftsführer  Diakonisches Werk Bonn und Region