28.06.2021 Mit der dringenden Aufforderung "an alle Abgeordneten, die in Zukunft in diesem Hause sitzen, diese abscheulichen Verbrechen gegen Schutzsuchende an den EU-Außengrenzen endlich zu beenden" und dem Appell "Verteidigen Sie das Grundrecht auf Asyl, und kämpfen Sie gegen seine Demontage! Und vor allen Dingen: Kümmern Sie sich endlich um Fluchtursachenbekämpfung! Ich glaube, dann wäre dem Flüchtlingsschutz in diesem Lande schon viel geholfen." verabschiedete sich LINKEN-Abgeordnete Ulla Jelpke am 24. Juni nach 16 Jahren Parlamentsarbeit aus dem Bundestag. Die 70-jährige Innenpolitikerin kandidiert nicht mehr.
Wir werden ihre konsequente Stimme im Bundestag für den Flüchtlingsschutz und das Asylrecht mit zahllosen bohrenden Nachfragen und Veröffentlichungen vermissen und danken Ulla Jelpke (und ihren Mitarbeiter:innen) für ihre Arbeit. Wir wünschen ihr persönlich alles Gute, uns allen wünschen wir eine ebenso wertvolle Nachfolge!
In ihrer letzten Rede im Deutschen Bundestag ging es um hetzerische Anträge aus der AfD-Fraktion „Asylchaos beenden – Auf Ebene der EU zur politischen Vernunft und den bewährten Grundsätzen des nationalen und internationalen Asylrechts zurückkehren“ und „Schutzbedürftigkeit von Asylbewerbern wiederkehrend prüfen“, die zur Beratung standen. Auf solche Stimmen wollen wir gern im nächsten Bundestag verzichten. Doch realistischerweise müssen wir davon ausgehen, dass dieser Wunsch nicht Wirklichkeit wird. Trotzdem sollten wir alles dransetzen, dass faschistische oder rechtspopulistische Stimmen / Stimmungen aus den Parlamenten (und den Köpfen ihren Anhänger:innen) wieder verschwinden. sr
Auf Ulla Jelpkes Seite ist ihre Rede im Wortlaut des Protokolls zu lesen und das Video anzusehen.
Rede zu TOP ZP 13/14 der 236. Sitzung des Deutschen Bundestags, 24. Juni 2021
Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Inneres und Heimat (4. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Gottfried Curio, Martin Hess, Dr. Bernd Baumann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD „Asylchaos beenden – Auf Ebene der EU zur politischen Vernunft und den bewährten Grundsätzen des nationalen und internationalen Asylrechts zurückkehren“ auf Drucksachen 19/27843, 19/28501
Beratung des Antrags der Fraktion der Antrag der Abgeordneten Dr. Gottfried Curio, Dr. Bernd Baumann, Peter Boehringer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD „Schutzbedürftigkeit von Asylbewerbern wiederkehrend prüfen“ auf Drucksache 19/30963
Ulla Jelpke (DIE LINKE):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch in der letzten Sitzungswoche hetzt die AfD mal wieder gegen Geflüchtete und glänzt erneut mit asylpolitischer Inkompetenz.
(Zuruf: Glänzt?)
Ich glaube, man muss Ihnen einiges hinter die Ohren schreiben. Schutzsuchende haben ein verbürgtes Recht darauf, einen Antrag auf Asyl zu stellen und ein faires Verfahren zu durchlaufen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Zuruf des Abg. Martin Reichardt (AfD))
Eine Zurückweisung direkt an den Grenzen verstößt klar gegen das Nichtzurückweisungsprinzip der Genfer Flüchtlingskonvention.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Die AfD suggeriert, dass viele Menschen fälschlicherweise Schutz erhalten würden. Die Wahrheit ist: Nicht zu viele, sondern zu wenige Menschen erhalten den Flüchtlingsschutz, der ihnen zusteht. Im Jahr 2020 haben Gerichte fast ein Drittel aller überprüften BAMF-Bescheide kassiert. Die Klagen endeten zugunsten der Geflüchteten. Bei den afghanischen Flüchtlingen sind es sogar 60 Prozent, die rechtswidrig einen abgelehnten Bescheid vom BAMF bekamen.
Die AfD träumt davon, Geflüchtete ganz an der Einreise nach Deutschland zu hindern. Traurige Realität ist jedoch: Die Abschottungspolitik der Bundesregierung sorgt mit der Dublin-Regelung, also mit dem Konzept der vermeintlich sicheren Herkunft aus Drittstaaten, sowie Deals mit Diktatoren wie Erdogan bereits heute dafür, dass immer weniger Schutzsuchende überhaupt einen Asylantrag in Deutschland stellen können.
An der kroatischen Grenze werden Geflüchtete schwer misshandelt, in der Ägäis auf dem offenen Meer ausgesetzt, und von der EU ausgebildete finanzierte libysche Milizen verschleppen Schutzsuchende zurück in Folter- und Internierungslager. Der deutsche Innenminister Seehofer schweigt dazu und verliert kein Wort der Kritik zu diesen menschenrechtswidrigen Zuständen. Das ist wirklich ein Skandal.
(Beifall bei der LINKEN)
Anstatt die selbstorganisierte Seenotrettung zu kriminalisieren, sollte die EU endlich für sichere Fluchtwege und eine staatlich organisierte zivile Seenotrettung sorgen.
(Andreas Bleck (AfD): Shuttleservice!)
Das wäre wirklich angesagt.
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Ich appelliere an alle Abgeordneten, die in Zukunft in diesem Hause sitzen, diese abscheulichen Verbrechen gegen Schutzsuchende an den EU-Außengrenzen endlich zu beenden.
(Beifall bei der LINKEN)
Verteidigen Sie das Grundrecht auf Asyl, und kämpfen Sie gegen seine Demontage! Und vor allen Dingen: Kümmern Sie sich endlich um Fluchtursachenbekämpfung! Ich glaube, dann wäre dem Flüchtlingsschutz in diesem Lande schon viel geholfen.
(Beifall bei der LINKEN)