Bundestag und Bundesrat in Sachen Asylrechtsverschärfung einig: Weiterer Abbau beschlossen

21.10.2024 Gemeinsam wurde das sogenannte "Sicherheitspaket" dem Bundestag und dem Bundesrat vorgelegt. Abgesehen von leider nur vereinzelten Stimmen in den Fraktionenen von SPD und Günen waren sich in Sachen Asylrechtsverschärfung die Koalitionsparteien und Opposition einig. Nur die "Terrorismusbekämpfung" ging der CDU/CSU nicht weit genug, mit ihrer Mehrheit im Bundesrat ließ sie diesen Teil nicht passieren.

Die meisten Stimmen nennen kommentarlos die Inhalte der Verschärfungen, wie sie auch in der Erklärung der Bundesregierung enthalten sind. Im Folgenden eine Zusammenstellung Auszügen aus amtlichen Erklärungen, Kommentaren und Forderungen, die anschließend im Wortlaut zu lesen sind:

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge darf zukünftig biometrische Daten nutzen, um die Identität von Schutzsuchenden festzustellen.

Schutzsuchende, für die laut Dublin-Regelung ein anderer europäischer Staat zuständig ist, sollen künftig keine Sozialleistungen mehr erhalten, wenn der zuständige Mitgliedsstaat der Rückübernahme zugestimmt hat und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ihre Ausreise in den zuständigen Staat für „rechtlich und tatsächlich möglich“ hält.

Bei Reisen ins Herkunftsland, die nicht „nicht sittlich zwingend“ geboten sind, erfolgt die Aberkennung des Schutzstatus. Geflüchtete aus der Ukraine sind hiervon nicht betroffen. (alles Bundesregierung)

„Es ist schockierend, dass die vermeintliche Fortschrittskoalition mit diesem Gesetzespaket sehenden Auges Grund- und Menschenrechte verletzt. Ein rechtswidriges Gesetz wird auch durch die letzten kosmetischen Änderungen nicht rechtskonform, und sicherer wird Deutschland dadurch auch nicht.” Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von PRO ASYL, in der Presseerklärung

Auch die Grünen müssen in der Asylpolitik mehr Härte zeigen, fordert BW-Ministerpräsident Kretschmann. Nun will das Land der Ampel Beine machen - mit einer neuen Bundesratsinitiative. (SWR)

 

Die Bundesregierung hat ihre Schlüsse aus dem grausamen Attentat in Solingen gezogen und ein umfassendes Sicherheitspaket vorgelegt. Mit ihm gibt die Bundesregierung die richtige Antwort auf die aktuellen Bedrohungen durch islamistischen Terror, durch Antisemitismus sowie durch Rechts- und Linksextremismus. Es sollen Abschiebungen erleichtert, die Behörden im Kampf gegen gewaltbereiten Islamismus gestärkt und das Waffenrecht weiter verschärft werden. Mit den Maßnahmen soll insgesamt die Sicherheit in Deutschland verbessert werden. 

Hierfür wurden zwei Gesetzentwürfe aus der Mitte des Deutschen Bundestages eingebracht, die am 18. Oktober 2024 im Bundestag und Bundesrat beraten wurden. Der Gesetzentwurf zur Verbesserung der inneren Sicherheit und des Asylsystems, bei dem es sich um eine Einspruchsgesetz handelt, wurde im Bundestag sowie Bundesrat beschlossen.

... Was im Bundestag und Bundesrat beschlossen wurde

Bekämpfung von irregulärer Migration:

  • Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge darf zukünftig biometrische Daten nutzen, um die Identität von Schutzsuchenden festzustellen.
  • Schutzsuchende, für die laut Dublin-Regelung ein anderer europäischer Staat zuständig ist, sollen künftig keine Sozialleistungen mehr erhalten, wenn der zuständige Mitgliedsstaat der Rückübernahme zugestimmt hat und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ihre Ausreise in den zuständigen Staat für „rechtlich und tatsächlich möglich“ hält.
  • Bei Reisen ins Herkunftsland, die nicht „nicht sittlich zwingend“ geboten sind, erfolgt die Aberkennung des Schutzstatus. Geflüchtete aus der Ukraine sind hiervon nicht betroffen. ...

 

... Der Bundestag hatte das von SPD, Grünen und FDP nach dem Messeranschlag von Solingen beschlossene Sicherheitspaket vergangene Woche nach kontroverser Debatte angenommen. Der erste Teil war nicht zustimmungspflichtig und damit nicht auf das Votum der Länderkammer angewiesen. Er sieht unter anderem strengere Asylregeln, schnellere Abschiebungen und Verschärfungen im Waffenrecht vor. Außerdem ist die Streichung von Sozialleistungen für Geflüchtete geplant, für deren Asylverfahren ein anderer EU-Staat zuständig ist.

 

18.10.2024 Anlässlich ihrer Herbsttagung in Erfurt fordern PRO ASYL und die Landesflüchtlingsräte die Bundestagsabgeordneten auf, das sogenannte Sicherheitspaket abzulehnen. Auch nach den jüngsten Änderungen gilt: Die für bestimmte Gruppen von Geflüchteten vorgesehene Streichung von Sozialleistungen steht im klaren Widerspruch zur Verfassung.

Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von PRO ASYL stellt klar: „Es ist schockierend, dass die vermeintliche Fortschrittskoalition mit diesem Gesetzespaket sehenden Auges Grund- und Menschenrechte verletzt. Ein rechtswidriges Gesetz wird auch durch die letzten kosmetischen Änderungen nicht rechtskonform, und sicherer wird Deutschland dadurch auch nicht.”

Insbesondere die Kürzung und Streichung von Sozialleistungen für sogenannte Dublin-Fälle und Menschen mit einer Flüchtlingsanerkennung in einem anderen EU-Mitgliedstaat ist offensichtlich verfassungswidrig und trägt nicht zur Sicherheit Deutschlands bei. Stattdessen verletzen die vorgesehenen Maßnahmen grundlegende Freiheitsrechte und gefährden den sozialen Zusammenhalt insgesamt. PRO ASYL hat auf die gravierendsten Verschärfungen bereits in einer Stellungnahme aufmerksam gemacht.

Dieses Gesetzesvorhaben führt zu vorsätzlich herbeigeführter Wohnungslosigkeit und Verelendung bei Schutzsuchenden. Es bedeutet zudem einen fatalen Abbau des Rechtsstaates durch die Hintertür”, so Alaows weiter.

Appell an die Abgeordneten

PRO ASYL und die Landesflüchtlingsräte appellieren an Bundestagsabgeordnete, gegen das Sicherheitspaket zu stimmen. Sie fordern von allen demokratischen Abgeordneten: Stehen Sie zu unserer Verfassung und lehnen Sie das Gesetz ab. Auch wenn der Bundeskanzler Olaf Scholz in dieser Entscheidung mit der Vertrauensfrage droht.

Ausschluss von Sozialleistungen

Der Gesetzentwurf sieht vor, durch Änderungen des Asylbewerberleistungsgesetzes bestimmten Gruppen geflüchteter Menschen die Versorgung mit dem Allernötigsten (Bett-Seife-Brot) zu verweigern. Selbst in Härtefällen soll kaum mehr als das physische Überleben gesichert werden. Es besteht die Gefahr, dass damit zahlreiche Menschen ungeachtet ihrer sozialen und gesundheitlichen Situation ohne Geld, Nahrung und medizinische Hilfe auf die Straße gesetzt werden. Das Vorhaben verstößt gegen die aktuelle EU-Aufnahmerichtlinie sowie gegen internationales Völkerrecht, allen voran den UN-Sozialpakt, die UN-Kinderrechtskonvention, die Behindertenrechtskonvention und die Istanbul Konvention zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. PRO ASYL plant, Klagen von Betroffenen bis zur höchsten richterlichen Instanz zu unterstützen. 

Innerparlamentarische Kritik

Nach massiver Kritik der Sachverständigen im Innenausschuss des Bundestages zu dem Sicherheitspaket wurde die Abstimmung mehrfach verschoben.

Der innerparlamentarische Widerstand gegen das Sicherheitspaket macht Mut: Den Angriffen auf die Würde und Rechte von Geflüchteten muss ein Ende gesetzt werden. Wir appellieren an alle Abgeordneten, den verfassungswidrigen Gesetzentwurf abzulehnen und den Rechtsstaat und die Demokratie zu verteidigen”, sagt Nour Al Zoubi vom Flüchtlingsrat Thüringen.

 

Auch die Grünen müssen in der Asylpolitik mehr Härte zeigen, fordert BW-Ministerpräsident Kretschmann. Nun will das Land der Ampel Beine machen - mit einer neuen Bundesratsinitiative.

Die grün-schwarze Landesregierung in Baden-Württemberg macht in der Asyl- und Migrationspolitik massiv Druck auf die Ampel im Bund. Die Regierung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) dringt in einer neuen Bundesratsinitiative auf rasche und umfangreiche Abschiebungen von Straftätern und Gefährdern nach Syrien und Afghanistan. Das Papier liegt dem SWR vor.

Mit dem Forderungskatalog geht das Land über sein erst jüngst beschlossenes Maßnahmenpaket zur Sicherheits- und Migrationspolitik deutlich hinaus. Die Initiative soll an diesem Freitag in Bundesrat eingebracht werden, wenn der Bundestag auch über das umstrittene Sicherheitspaket der Ampel entscheiden will.