24.09.2024 Der Flüchtlingsrat NRW weist in seinem Aktuell auf die Stellungnahme der Caritas zu den vorgelegten Gesetzesentwürfen zur inneren Sicherheit und zum Asylsystem hin: Wir zitieren:
Aktuell Der Deutsche Caritasverband hat zu zwei Gesetzesentwürfen Stellung genommen. Zum ersten Entwurf zur Verbesserung der inneren Sicherheit und des Asylsystems (SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP) äußert sich die Caritas positiv zu Maßnahmen, die die Sicherheit erhöhen könnten, warnt jedoch vor übermäßigen Einschränkungen im Migrationsrecht und fordert verstärkte Präventionsmaßnahmen gegen Radikalisierung.
Zum zweiten Entwurf zur Begrenzung des illegalen Zustroms von Drittstaatsangehörigen (CDU/CSU) kritisiert die Caritas den Ausschluss von Sozialleistungen für Personen im Dublin-Verfahren als ungeeignet zur Förderung der Ausreisebereitschaft. Zudem warnt sie vor den psychosozialen Folgen der geplanten Regelungen, insbesondere beim Ausschluss des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte.
Die Caritas betont die Bedeutung der Familienzusammenführung für die psychische Stabilität und Integration von Schutzsuchenden und fordert eine humanitäre Ausrichtung in der Gesetzgebung.
Die vollständige Stellungnahme finden Sie hier.
Im Folgenden Ausschnitte:
Deutscher Caritasverband e.V.
Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP zur Verbesserung der inneren Sicherheit und des Asylsystems ...
... Bei der Bewertung der durch die Fraktionen vorgeschlagenen Gesetzesänderungen bleiben aus Sicht des Deutschen Caritasverbandes Zweifel an der Zielgenauigkeit. Den unverkennbaren Überbietungswettbewerb mit immer weitreichenderen Forderungen, das Migrations- und Flüchtlingsrecht einzuschränken, betrachten wir mit Sorge.
... Bewertung [des geplanten Leistungsausschlusses] Die geplante Neuregelung richtet sich gegen die sogenannte Sekundärmigration und soll dazu beitragen, dass der beschriebene Personenkreis in den zuständigen Mitgliedstaat ausreist. Unsere Zweifel, ob die Regelung zur Erreichung dieses Ziels geeignet ist, bestehen fort. Die praktischen Erfahrungen des Deutschen Caritasverbandes mit derartigen Leistungsausschlüssen für EU-Bürger_innen zeigen, dass das Fehlen von existenzsichernden Leistungen nicht dazu führt, dass der Ausreisewille steigt. ... Bei bislang Ausgeschlossenen beobachten wir leider, dass es zu Verelendung kommt, gesundheitliche Langzeitschäden entstehen und insbesondere auch, dass sie Opfer von Arbeitsausbeutung werden. Bei dem Personenkreis, der durch die Neuregelung nun ebenfalls von Leistungen ausgeschlossen werden soll, ist ein ähnlicher Effekt zu befürchten ...
Bezüglich der Möglichkeit der freiwilligen, eigenständigen Reise in den zuständigen Mitgliedstaat muss der Gesetzesbegründung, die eine kurzfristige Rückkehr in diesen Mitgliedstaat für unproblematisch hält (S. 30), deutlich widersprochen werden. Die aktuelle Dienstanweisung des BAMF stellt klar, dass einer freiwilligen Ausreise im Rahmen des Dublin-Verfahrens „aus Sicherheitsgründen“ derzeit nicht zugestimmt wird ...
Ein weiteres Problem der geplanten Neuregelung ist, dass sie die Inanspruchnahme des (verfassungsrechtlich garantierten) Rechtsweges erschwert, da der Leistungsausschluss bereits in der Zeit vor der endgültigen gerichtlichen Entscheidung greifen soll, die Betroffenen aber keine legale Möglichkeit haben, während des Gerichtsverfahrens ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. ...
Bewertung [des vorgeschlagenen Widerruf von Asyl- und Flüchtlingsstatus bei Reisen ins Heimatland] ... Die neue Regelung würde zu erheblicher Unsicherheit führen, nicht zuletzt weil der unbestimmte Rechtsbegriff „sittlich geboten“ in der Rechtspraxis absehbar zu erheblichen Auslegungsschwierigkeiten führen würde.
Gleichstellung von Jugend- mit Freiheitsstrafen Sorgenvoll betrachtet der Deutsche Caritasverband insbesondere die an diversen Stellen des „Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der inneren Sicherheit und des Asylsystems“ weitergehende Gleichstellung von Jugendstrafen mit Freiheitsstrafen nach dem Erwachsenenstrafrecht...
... und zum Entwurf eines Gesetzes der Fraktion der CDU/CSU zur Begrenzung des illegalen Zustroms von Drittstaatsangehörigen nach Deutschland ... Vorgesehen ist eine Änderung des § 36a AufenthG, durch die subsidiär Schutzberechtigte vollständig vom Familiennachzug ausgeschlossen werden.
Bewertung: Diverse Studien haben die Auswirkungen des Zusammenlebens mit der Familie untersucht und decken sich mit den Erfahrungen, die in den Migrationsdiensten der Caritas gemacht werden:
Eine erfolgreiche Familienzusammenführung - trägt deutlich zur psychischen Stabilisierung der Schutzberechtigten bei und führt dazu, dass der Anteil der Flüchtlinge mit psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder Angsterkrankungen abnimmt; - trägt dazu bei, dass die Schutzberechtigten positive Pläne für die Zukunft fassen und sich auf Spracherwerb und Arbeitsmarktintegration konzentrieren; - und führt dazu, dass die Geflüchteten sich am neuen Wohnort zugehörig, sich sicher und beheimatet fühlen. Die gegenteiligen Effekte treten ein und verfestigen sich, wenn Geflüchtete langfristig ohne ihre Familie leben müssen. Die Gefahr von psychischer Destabilisierung, auf Dauer fehlende Deutschkenntnisse oder unzureichende Integration in den Arbeitsmarkt und Entfremdung steigt. Grundsätzlich verpflichten Art. 6 des Grundgesetzes und Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention dazu, die familiären Bindungen in angemessener Weise zu berücksichtigen ...Vor dem Hintergrund, dass die meisten subsidiär Schutzberechtigten absehbar langfristig in Deutschland bleiben werden, ist es sowohl aus menschen- und kinderrechtlicher als auch aus integrationspolitischer Sicht nicht zu empfehlen, den Familiennachzug für diese Personengruppe zu versagen.