25.10.2022 In erster Lesung hat der Bundestag am 19.10.2022 die Einführung eines „Chancen-Aufenthaltsrechts“ beraten. Den Gesetzentwurf der Koalition beantragte die Linke zu ändern: "Die Linke wendet sich in ihrem Antrag (20/3973) gegen eine „Abschiebungsoffensive“ und tritt für ein „wirksames Bleiberecht“ ein. Darin fordert sie die Bundesregierung auf, den Gesetzentwurf für ein Chancen-Aufenthaltsrecht in geänderter Fassung erneut einzubringen, um sowohl humanitären Anliegen als auch dem Vorhaben gerecht zu werden, „Kettenduldungen“ zu beenden. Vor allem will die Fraktion eine stichtagsunabhängige Regelung und Erleichterungen beim Übergang in ein dauerhaftes Bleiberecht, wobei Ausschlussgründe deutlich abgemildert werden müssten. - Auch sollten die seit 2015 vorgenommenen Verschärfungen im Abschiebeverfahren und bei der Abschiebungshaft zurückgenommen werden. Das betreffe vor allem Abschiebungen ohne Vorankündigung und den Umgang mit kranken Menschen. Ferner verlangt die Fraktion, alle Formen von Abschiebungshaft ersatzlos zu streichen." (Quelle: Bundestag)
Der Onlinedienst des Bundestages veröffentlicht dazu:
Der Bundestag hat am Mittwoch, 19. Oktober 2022, erstmals den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einführung eines Chancen-Aufenthaltsrechts (20/3717) beraten. Der Gesetzentwurf wurde im Anschluss an die Aussprache zusammen mit einem Antrag der Fraktion Die Linke (20/3973) zur weiteren Beratung in den federführenden Ausschuss für Inneres und Heimat überwiesen.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Mit der Einführung eines sogenannten „Chancen-Aufenthaltsrechts“ will die Bundesregierung langjährig geduldeten Ausländern ermöglichen, die Voraussetzungen für ein Bleiberecht in Deutschland zu erfüllen. Dazu zählen insbesondere die Sicherung des Lebensunterhalts, Kenntnisse der deutschen Sprache und der Identitätsnachweis, wie aus ihrem Gesetzentwurf (20/3717) hervorgeht. Danach sollen zugleich die geltenden Bleiberechtregelungen weiterentwickelt sowie die Abschiebung von Straftätern und Gefährdern konsequenter durchgesetzt werden. Weitere Neuregelungen betreffen unter anderem Erleichterungen bei der Fachkräfteeinwanderung und den Zugang von Asylbewerbern zu Integrationskursen.
Das einjährige Chancen-Aufenthaltsrecht sollen Menschen erhalten, die am 1. Januar 2022 seit fünf Jahren geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis in Deutschland gelebt haben. Profitieren sollen davon nur Ausländer, die sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennen. Straftäter sollen vom Chancen-Aufenthaltsrecht grundsätzlich ausgeschlossen bleiben, ebenso Personen, die ihre Abschiebung aufgrund von wiederholten, vorsätzlichen und eigenen Falschangaben oder aktiver Identitätstäuschung verhindern. Sofern die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der einjährigen Aufenthaltsdauer nicht erfüllt sind, sollen die Betroffenen in den Status der Duldung zurückfallen. Ende vergangenen Jahres haben sich der Vorlage zufolge in Deutschland 242.029 geduldete Ausländer aufgehalten, davon 136.605 seit mehr als fünf Jahren.
Bleiberecht für gut integrierte junge Menschen
Ferner sieht das Gesetz laut Bundesinnenministerium vor, bestehende Bleiberechtsregelungen so anzupassen, dass mehr Menschen davon profitieren können. Danach sollen gut integrierte Jugendliche und junge Volljährige nach drei Jahren Aufenthalt in Deutschland sowie bis zum 27. Lebensjahr die Möglichkeit für ein Bleiberecht bekommen. Besondere Integrationsleistungen von Geduldeten sollen gewürdigt werden, indem ihnen künftig nach sechs Jahren – oder schon nach vier Jahren bei Zusammenleben mit minderjährigen Kindern – ein Bleiberecht eröffnet wird. Die Voraufenthaltszeiten würden damit um jeweils zwei Jahre reduziert.
Zudem sollen bestimmte Regelungen aus dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz entfristet werden, um den Standort Deutschland für Fachkräfte aus Nicht-EU-Staaten attraktiver zu machen. Der Familiennachzug zu solchen Fachkräften soll laut Gesetzentwurf dadurch erleichtert werden, dass nachziehende Angehörige keinen Sprachnachweis erbringen müssen. Der Zugang zu Integrationskursen und Berufssprachkursen soll künftig allen Asylbewerbern im Rahmen verfügbarer Plätze offenstehen.
Rückführung von Straftätern und Gefährdern
Konsequenter als bisher soll die Rückführung vor allem von Straftätern und Gefährdern durchgesetzt werden. Vorgesehen ist, für diese Personen die Ausweisung und die Anordnung von Abschiebungshaft zu erleichtern.
Eine weitere Neuregelung zielt auf Flüchtlinge mit einer abgeschlossenen ärztlichen Ausbildung ab, denen aufgrund nicht verfügbarer Unterlagen oder Nachweise eine Approbation oder Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufs nicht zeitnah erteilt werden kann. Daher soll zur kurzfristigen Lösung sowie zur Sicherstellung einer ausreichenden und qualifizierten Versorgung in Aufnahmeeinrichtungen befristet eine Ermächtigung zur vorübergehenden Ausübung von Heilkunde eingeführt werden, die auf die Versorgung anderer Schutzsuchender in der entsprechenden Einrichtung beschränkt ist.
Gesetzentwurf der AfD
Der von der AfD-Fraktion zur Debatte angekündigte Gesetzentwurf zur „Behebung von Fehlanreizen im Asylverfahren und zur klaren Trennung von Asyl- und Erwerbsmigration“ wurde wieder von der Tagesordnung genommen.
Antrag der Linken
Die Linke wendet sich in ihrem Antrag (20/3973) gegen eine „Abschiebungsoffensive“ und tritt für ein „wirksames Bleiberecht“ ein. Darin fordert sie die Bundesregierung auf, den Gesetzentwurf für ein Chancen-Aufenthaltsrecht in geänderter Fassung erneut einzubringen, um sowohl humanitären Anliegen als auch dem Vorhaben gerecht zu werden, „Kettenduldungen“ zu beenden. Vor allem will die Fraktion eine stichtagsunabhängige Regelung und Erleichterungen beim Übergang in ein dauerhaftes Bleiberecht, wobei Ausschlussgründe deutlich abgemildert werden müssten.
Auch sollten die seit 2015 vorgenommenen Verschärfungen im Abschiebeverfahren und bei der Abschiebungshaft zurückgenommen werden. Das betreffe vor allem Abschiebungen ohne Vorankündigung und den Umgang mit kranken Menschen. Ferner verlangt die Fraktion, alle Formen von Abschiebungshaft ersatzlos zu streichen. (vom/sto/19.10.2022)
Zur Info: Rede von Innenministerin Faeser
Der Spiegel schreibt dazu am 19.10.2022:
Integration und Fachkräftemangel Widerstand gegen geplantes »Chancen-Aufenthaltsrecht«
Zehntausende Menschen werden in Deutschland nur geduldet. Laut Plänen der Ampel-Koalition könnten viele von ihnen bald einen gesicherten Aufenthaltstitel bekommen. Die Opposition kritisiert das.
Das sogenannte Chancen-Aufenthaltsrecht, das Tausenden geduldeten Ausländern eine langfristige Bleibeperspektive in Deutschland eröffnen soll, stößt bei der Opposition auf breiten Widerstand. Während CDU/CSU und AfD bei der ersten Lesung im Bundestag vor Fehlanreizen und Asylmissbrauch warnten, gehen der Linken die Pläne der Ampel-Koalition nicht weit genug....