21.06.2021 Es kommt jetzt auf die Bundesländer an, meint Pro Asyl (News) Der Kritikpunkt: Speicherung von Dokumenten aus dem Asylverfahren
"Der Bundestag hat den Gesetzentwurf zum Ausländerzentralregister (AZRG) am 9. Juni 2021 beschlossen – mit wenigen Änderungen. Als zustimmungspflichtiges Gesetz ist es nun am 25. Juni 2021 im Bundesrat. Jetzt kommt es auf die Bundesländer an: Sie sollten den Entwurf ablehnen.
Mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung des Ausländerzentralregistergesetzes sollen die Datenbestände von Nichtdeutschen, insbesondere Geflüchteten, erheblich ausgeweitet, zentral gespeichert und für den Abruf quasi »auf Tastendruck« Tausenden von Behörden zur Verfügung gestellt werden. Die Bundesregierung will das Ausländerzentralregister (AZR) erklärtermaßen zum »zentralen Ausländerdateisystem« umbauen. Angeblich dient das Gesetz der Verbesserung der Verwaltungsabläufe. Grob übergangen werden dabei – wie schon in vorangegangenen AZR-Novellen – die datenschutzbezogenen Grundrechte der Betroffenen. In der Sachverständigenanhörung vor dem Innenausschuss des Deutschen Bundestags am 3. Mai 2021 haben Expert*innen erhebliche Datenschutzbedenken geltend gemacht. Auch PRO ASYL hatte den Gesetzentwurf ausführlich kritisiert.
Inzwischen hat die Bundesregierung am Gesetzentwurf einige Verbesserungen vorgenommen – die allerdings ein fragwürdiges Gesetz nicht in einen akzeptablen Gesamtzustand bringen können. Die wichtigsten Kritikpunkte:
Kritikpunkt: Speicherung von Dokumenten aus dem Asylverfahren
Weiterhin ist die Speicherung von ganzen Dokumenten aus asyl- und ausländerrechtlichen Verfahren – unter anderem BAMF-Bescheide und Gerichtsentscheidungen – im AZR vorgesehen. Allerdings sollen die Dokumente nicht an Drittstaaten übermittelt werden dürfen und nun teilweise geschwärzt werden: »Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung sind unkenntlich zu machen«, heißt es jetzt im Gesetzentwurf.
Künftig sollen also Behördenmitarbeitende den Auftrag erhalten, systematisch persönliche Dokumente nach sensiblen Informationen zu durchsuchen, damit ein Dokument, das in Gänze fast keiner lesen darf, für alle abgespeichert werden kann. Wie das betrieben und welcher behördliche Aufwand dafür in Kauf genommen werden soll, ist dem Gesetzesentwurf nicht zu entnehmen.
Nimmt man den grund- und europarechtlichen Schutz des Privatlebens ernst, müssten – etwa beim BAMF-Bescheid – wohl sämtliche Absätze gestrichen werden, in denen persönliche Angaben gemacht werden, darüber hinaus aber auch allgemeine Passagen: etwa solche, die Ausführungen aufgrund bestimmter Gruppenzugehörigkeiten enthalten. So beispielsweise lässt ein Textbaustein des Bundesamts zur allgemeinen Lage von Homosexuellen in Pakistan Rückschlüsse auf die sexuelle Orientierung eines Antragstellers zu – wozu sonst sollte das Bundesamt sich dazu äußern?
Was nach allen notwendigen Schwärzungen übrig bleibt, dürfte entweder vollkommen nutzlos sein oder ohnehin übermittelt werden: Für fast alle Behörden ist die rechtliche Essenz, also das Ergebnis eines Verfahrens wie etwa die Asylentscheidung des BAMF, die einzig relevante Passage des Bescheids. Diese Information wird aber bereits heute von den Behörden geteilt: Die Ausländerbehörden erhalten nach Beendigung des Asylverfahrens standardisiert eine Abschlussmitteilung über dessen Ergebnis. Viel mehr dürfte nach konsequenter Schwärzung von Bescheiden und Urteilen auch nicht an Information übrig bleiben. Wozu also noch die Dokumentenspeicherung samt angehängtem Schwärzungsverfahren? Die Dokumente als solche ins AZR aufzunehmen, ist nicht nur vollkommen unnötig, sondern in der vorgesehenen Form auch noch fehleranfällig und damit nach wie vor datenschutzrechtlich fragwürdig."