Der nächste Schnitt: Zum neuen Jahr weniger Leistungen nach AsylbLG für Schutzsuchende

02.11.2024 Empfänger*innen von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten ab 1. Januar 2025 weniger Geld - bei Erwachsenen vermutlich etwa 20 Euro weniger im Monat. Der entsprechenden Verordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) stimmte der Bundesrat zu.

Der Flüchtlingsrat NRW schreibt am 1.11.2024 in seinen News: Das BMAS hat die neuen Regelsätze im AsylbLG für 2025 im Bundesgesetzblatt (siehe auch unten) veröffentlicht. Da die Inflation gesunken sei, müssten auch die Regelsätze sinken, schreibt es auf seiner Webseite.
Im Bürgergeld gelte allerdings eine Besitzschutzregelung, im AsylbLG hingegen nicht. So sinken ausschließlich die Leistungssätze im AsylbLG, je nach Regelbedarfsstufe zwischen 13 und 19,-€.

Die vom BMAS verantwortete und vom Bundesrat beschlossene Verordnung ist die vierte binnen zwölf Monaten, mit der die Verantwortlichen schutzsuchende Menschen tiefer in die existenzielle Not treiben. In diese Reihe gehören schon die diskriminierende Bezahlkarte, verlängerte Grundleistungen im AsylbLG und die infame Leistungsstreichung im Sicherheitspaket. (Pro Asyl) und weiter:

Ein bisher einmaliger Vorgang... Schon jetzt sind die Leistungen nach dem AsylbLG geringer als die Bürgergeldsätze, nun geht die Schere noch weiter auf.

Pro Asyl erinnert:

Das Verfassungsgericht hielt 2012 grundsätzlich fest, dass die Sozialleistungen für Geflüchtete nicht pauschal niedriger bemessen sein dürfen als die regulären Sozialleistungen.

 

Pro Asyl am 25.10.2024:

Nächster Akt im Theater der Diskriminierung: Minusrunde für Geflüchtete

Menschen, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) erhalten, sollen 2025 weniger Unterstützung bekommen. Bei Sozialhilfe und Bürgergeld wird es dagegen »nur« eine Nullrunde geben. Mit der Minusrunde für Geflüchtete setzen Bund und Länder ihre antisoziale Politik auf dem Rücken der Allerschwächsten fort.

Die Bundesregierung ist verpflichtet, die Regelbedarfe für die Sozialleistungen jährlich an die Entwicklung von Preisen und Löhnen anzupassen. Am 18. Oktober 2024, zeitgleich mit der Abstimmung über das Sicherheitspaket im Bundestag, hat der Bundesrat der diesjährigen Verordnung aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) zugestimmt. Sie führt jedoch nicht zu einer Steigerung, sondern zur Kürzung der Grundleistungen für Geflüchtete nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Die Kürzung dürfte vermutlich um die 20 Euro monatlich für eine erwachsene Person betragen.

Die vom BMAS verantwortete und vom Bundesrat beschlossene Verordnung ist die vierte binnen zwölf Monaten, mit der die Verantwortlichen schutzsuchende Menschen tiefer in die existenzielle Not treiben. In diese Reihe gehören schon die diskriminierende Bezahlkarte, verlängerte Grundleistungen im AsylbLG und die infame Leistungsstreichung im Sicherheitspaket.

Diskriminierende Ungleichbehandlung

Als Grund für die Minusrunde gibt das zuständige BMAS an, die aktuelle Neuberechnung des Statistischen Bundesamtes hätte für das Jahr 2025 ein Minus ergeben. Allerdings sehe § 28a Absatz 5 SGB XII einen Bestandsschutz vor, so dass die Bürgergeld- und Sozialhilfe-Regelsätze unverändert bleiben. Für Asylsuchende hingegen bestreitet das BMAS die Anwendbarkeit des Bestandschutzes.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat die aktuelle Berechnungsmethode für die Anpassung bemängelt und kritisiert, dass auch die Nullrunde für Sozialhilfe- und Bürgergeldempfänger*innen angesichts gestiegener Preise und Löhne nicht sachgerecht ist. Arme Menschen verlieren damit an Kaufkraft. Für Asylsuchende gilt eigentlich dieselbe Berechnungsmethode. Schon jetzt sind die Leistungen nach dem AsylbLG geringer als die Bürgergeldsätze, nun geht die Schere noch weiter auf.

Das Verfassungsgericht hielt 2012 grundsätzlich fest, dass die Sozialleistungen für Geflüchtete nicht pauschal niedriger bemessen sein dürfen als die regulären Sozialleistungen.

Die Minusrunde für Geflüchtete ist ein bislang einmaliger Vorgang. Die Idee jedoch, Geflüchtete über den Hebel der jährlichen Anpassungen zu benachteiligen, ist nicht neu: Das Bundesverfassungsgericht hat die Leistungen nach AsylbLG bereits in seinem wegweisenden Urteil von 2012 als »evident unzureichend« bezeichnet, weil sie, anders als die Sozialhilfe, über viele Jahre nicht an die Preisentwicklung angepasst worden waren und dadurch eine erhebliche Differenz entstanden war. Von 2017 bis 2019 kam es drei Mal in Folge erneut zu gesetzgeberischen Versäumnissen bei der Anpassung.

NEWS (2012)

Bild entfernt.

Urteil des BVerfG  »Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren«

Pauschal niedrigere Leistungen sind nicht erlaubt

Aufgrund der Ungleichbehandlung der verschiedenen Gruppen bedürftiger Personen darf man erhebliche Zweifel haben, dass die nun beschlossene Regelung verfassungskonform ist. Das Verfassungsgericht hielt 2012 grundsätzlich fest, dass die Sozialleistungen für Geflüchtete nicht pauschal niedriger bemessen sein dürfen als die regulären Sozialleistungen. Der Gesetzgeber darf, wie es in den Leitsätzen des Urteils heißt »nicht pauschal nach dem Aufenthaltsstatus differenzieren«. Abweichende Leistungen sind nur möglich, sofern der Bedarf an existenznotwendigen Leistungen einer bestimmen Gruppe von Menschen »von dem anderer Bedürftiger signifikant abweicht und dies folgerichtig in einem inhaltlich transparenten Verfahren anhand des tatsächlichen Bedarfs gerade dieser Gruppe belegt werden kann«.

Eine solche empirisch belegte, transparente Berechnung hat der Gesetzgeber allerdings seit mehr als zwölf Jahren nicht geliefert.  Das ist nicht überraschend: Auch Geflüchtete im AsylbLG-Bezug sind Menschen, die alle Bedarfe haben, die Menschen nun einmal haben. Dass die Asylbewerberleistungen nicht bedarfsdeckend sind, haben PRO ASYL und der Flüchtlingsrat Berlin 2022 ausführlich analysiert. Zahlreiche Organisationen kritisieren das Asylbewerberleistungsgesetz insgesamt als verfassungswidrig und fordern seine Abschaffung.

 

 

 

Bekanntmachung
über die Höhe der Leistungssätze nach § 3a Absatz 4 des
Asylbewerberleistungsgesetzes für die Zeit ab 1. Januar 2025

Vom 23. Oktober 2024

Nach § 3a Absatz 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes, der durch Artikel 1 Nummer 5 des Gesetzes vom 13. August 2019 (BGBl. I S. 1290) eingefügt worden ist, wird hiermit Folgendes bekannt gemacht:
1. Als monatliche Beträge nach § 3a Absatz 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes werden für die Zeit ab 1. Januar 2025 als Geldbetrag für alle notwendigen persönlichen Bedarfe anerkannt
a) für erwachsene Leistungsberechtigte, die in einer Wohnung im Sinne von § 8 des Regelbedarfsermittlungsgesetzes leben und für die nicht Nummer 2 Buchstabe a oder Nummer 3 Buchstabe a gelten, sowie für jugendliche Leistungsberechtigte, die nicht mit mindestens einem Elternteil in einer Wohnung leben, je 196 Euro (§ 3a Absatz 1 Nummer 1),
b) für erwachsene Leistungsberechtigte je 177 Euro, wenn sie aa) in einer Wohnung im Sinne von § 8 des Regelbedarfsermittlungsgesetzes mit einem Ehegatten oder
Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft mit einem Partner zusammenleben (§ 3a Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a),
bb) nicht in einer Wohnung leben, weil sie in einer Aufnahmeeinrichtung im Sinne von § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes oder in einer Gemeinschaftsunterkunft im Sinne von § 53 Absatz 1 des Asylgesetzes oder nicht nur kurzfristig in einer vergleichbaren sonstigen Unterkunft untergebracht sind (§ 3a Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b),
c) für erwachsene Leistungsberechtigte je 157 Euro, wenn sie aa) das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, unverheiratet sind und mit mindestens einem Elternteil in
einer Wohnung im Sinne von § 8 des Regelbedarfsermittlungsgesetzes zusammenleben (§ 3a Absatz 1 Nummer 3 Buchstabe a),
bb) in einer stationären Einrichtung untergebracht sind (§ 3a Absatz 1 Nummer 3  uchstabe b),
d) für jugendliche Leistungsberechtigte vom Beginn des 15. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres 133 Euro
(§ 3a Absatz 1 Nummer 4),
e) für leistungsberechtigte Kinder vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 131 Euro
(§ 3a Absatz 1 Nummer 5),
f) für leistungsberechtigte Kinder bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres 126 Euro (§ 3a Absatz 1 Nummer 6);

2. als monatliche Beträge nach § 3a Absatz 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes werden für die Zeit ab 1. Januar 2025 als notwendiger Bedarf anerkannt
a) für erwachsene Leistungsberechtigte, die in einer Wohnung im Sinne von § 8 des Regelbedarfsermittlungsgesetzes leben und für die nicht Nummer 2 Buchstabe a oder Nummer 3 Buchstabe a gelten, sowie für jugendliche Leistungsberechtigte, die nicht mit mindestens einem Elternteil in einer Wohnung leben, je 245 Euro (§ 3a Absatz 2 Nummer 1),
b) für erwachsene Leistungsberechtigte je 220 Euro, wenn sie
aa) in einer Wohnung im Sinne von § 8 des Regelbedarfsermittlungsgesetzes mit einem Ehegatten oder Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft mit einem Partner zusammenleben (§ 3a Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a),
bb) nicht in einer Wohnung leben, weil sie in einer Aufnahmeeinrichtung im Sinne von § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes oder in einer Gemeinschaftsunterkunft im Sinne von § 53 Absatz 1 des Asylgesetzes oder nicht nur kurzfristig in einer vergleichbaren sonstigen Unterkunft untergebracht sind (§ 3a Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe b),
c) für erwachsene Leistungsberechtigte je 196 Euro, wenn sie
aa) das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, unverheiratet sind und mit mindestens einem Elternteil in einer Wohnung im Sinne von § 8 des Regelbedarfsermittlungsgesetzes zusammenleben (§ 3a Absatz 2
Nummer 3 Buchstabe a),
bb) in einer stationären Einrichtung untergebracht sind (§ 3a Absatz 2 Nummer 3 Buchstabe b),
d) für jugendliche Leistungsberechtigte vom Beginn des 15. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres 258 Euro (§ 3a Absatz 2 Nummer 4),
e) für leistungsberechtigte Kinder vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 196 Euro (§ 3a Absatz 2 Nummer 5),
f) für leistungsberechtigte Kinder bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres 173 Euro (§ 3a Absatz 2 Nummer 6).
Berlin, den 23. Oktober 2024
B u n d e s m i n i s t e r i u m
f ü r A r b e i t u n d S o z i a l e s
Im Auftrag
B u n g a r t z
Herausgeber: Bundesministerium der Justiz