05.10.2015 Die Teilnehmer*innen der ersten flüchtlingspolitische Werkstatt fordern die Stadt Bonn auf, ihre Bemühungen für eine menschenwürdige Unterbringung von Geflüchteten weiter zu verstärken. Die Werkstatt des Bonner Netzwerkes weltoffen und der EMFA/Integrationsagentur fand bereits am 12. Mai 2015 im Migrapolis/Haus der Vielfalt statt (siehe Bericht von Birte Libner/EMFA). Doch angesichts der jüngsten Entwicklungen sind unserer erarbeiteten Ergebnisse aktueller denn je. Gerade jetzt, da mehr und mehr Flüchtlinge in Bonn untergebracht und versorgt werden,
- müssen Mindeststandards der Unterbringung formuliert und eingehalten werden,
- müssen die Lebensbedingungen in den Gemeinschaftsunterkünften weiter verbessert werden,
- müssen langfristige Strategien zum Schaffen von Wohnraum (nicht nur) für Flüchtlinge entwickelt werden.
Flüchtlingsunterbringung in Bonn - Was bisher geschah
In Bonn leben Ende September 2015 etwa 3.600 Flüchtlinge. Das Land NRW unterhält zwei Erstaufnahmeeinrichtungen auf dem Bonner Stadtgebiet. In ihnen leben etwa 800 Flüchtlinge so lange bis sie offiziell an eine andere Kommune in NRW weitergeleitet werden. Die Stadt ist für die Unterbringung von 1.500 Flüchtlingen aus 35 Ländern verantwortlich. 44 Prozent der Menschen sind in sechs größeren Gemeinschaftsunterkünften und in kleineren Notunterkünften, und 44 Prozent in Wohnungen untergebracht; für 12 Prozent wurden Zimmer in Hotels angemietet. Des Weiteren leben etwa 160 syrische Flüchtlinge, die von ihren Familien über das Aufnahmeprogramm des Bundes oder des Landes nach Bonn geholt wurden, in eigenen Wohnungen und in den Wohnungen bzw. Häusern ihrer schon länger in Bonn ansässigen Angehörigen. Auf Grund der stark gestiegenen Anzahl der in Deutschland angekommenen Geflüchteten geht die Stadt Bonn davon aus, dass in den nächsten Wochen ca. 150 zusätzliche Personen pro Woche unterzubringen sind (laut Aussagen von OB Nimptsch, General Anzeiger, 25.09.2015). Bis Jahresende wären das 2.100 weitere Menschen. Die Gesamtzahl der in Bonn lebenden Flüchtlinge liegt dann bei etwa 6.000. Zum Vergleich: Während der Jugoslawienkriege als Hundertausende Menschen nach Deutschland flohen, lebten etwa 3.000 Menschen in 36 über das Stadtgebiet verteilten Übergangswohnheimen. Die 2015 in Bonn erwartete Zahl an Flüchtlingen ist somit sicherlich der Höchststand seit dem 2. Weltkrieg.
Eine unerwartete Flüchtlingskrise?
Seit Mitte der 1990er Jahre kamen auf Grund der verstärkten Sicherung der EU-Außengrenzen, dem Prinzip der sicheren Herkunftsstaaten und der damals noch wirksamen Dublin-Regelungen immer weniger Flüchtlinge nach Deutschland und nach Bonn. In der Folge wurden die bestehenden Unterbringungskapazitäten in Bonn immer weiter abgebaut (2011 lebten nur 60 Flüchtlinge in zwei Unterkünften). Nun steht die Stadt Bonn wiederum vor der großen Herausforderung alle Geflüchtete angemessen unterzubringen. Schon vor fünf Jahren war klar absehbar, dass die Zahl der in Bonn unterzubringenden Flüchtlinge steigend wird. Laut Asylstatistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge steigen die Zahlen der Asylerstanträge bereits seit 2008 kontinuierlich an. Und im Oktober 2010 (!) informierte die für die Verteilung von Flüchtlingen in NRW zuständige Bezirksregierung Arnsberg alle Kommunen in NRW über den konstanten Anstiegs und forderte sie auf diese Entwicklungen bei Ihren Planungen für die Unterbringung der Ihnen zugewiesenen Asylbewerber zu berücksichtigen.
Anstatt Wohnungen und angemessene Gemeinschaftsunterkünfte zu bauen, betreibt die Stadt ein reaktives „Krisenmanagement“. Sie ist ständig auf der Suche nach größeren Gebäuden, die als „Notunterkünfte“ genutzt werden können, nach Wohnungen in die Flüchtlinge umziehen können, und nach Flächen auf denen vorübergehend Containerunterkünfte errichtet werden können. Die Verwaltung hat hierzu im Sommer einen Krisenstab unter der Leitung des Oberbürgermeisters eingerichtet und ist zuversichtlich, dass die Unterbringung der Neu-Ankommenden dank der erhöhten Bundesmittel – ab 2016 bekommt jede Kommune 670 EUR pro Flüchtling pro Monat – funktioniere: bislang muss „bei uns kein Flüchtling in einer Turnhalle oder in einem Zelt schlafen“ sagte OB Nimptsch bei einer Veranstaltung der Bad Godesberg Flüchtlingshilfe (General Anzeiger, 25.09.2015). Das hört sich gut an. Doch dass die Bundesstadt Bonn nun, fünf Jahre nach der "Warnung" der Bezirksregierung Arnsberg, noch immer nach ad hoc Lösungen sucht, ist nicht nur der aktuellen Krisensituation zu schulden. Vielmehr ist diese Ausdruck eines langfristigen Versäumnis für eine humane und angemessene Unterbringung von Flüchtlingen zu sorgen. Die Bundesstadt Bonn hat (wie viele andere Städte und Kommunen auch) die steigende Asylbewerber*innen-Zahlen schlichtweg nicht wahrhaben wollen und es verpasst entsprechenden Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Vielleicht waren die Verantwortlichen von der Hoffnung getrieben, dass sich das "Problem" auf Bundesebene oder an den EU-Außengrenzen erledige.
Nun ist die Situation wie sie ist. In Bonn werden Flüchtlinge glücklicherweise (noch) nicht in Zeltstädten, Turnhallen und Baumärkten vorübergehend untergebracht. Dennoch erkennt jeder, der schon eine der Gemeinschaftsunterkünfte in Bonn besucht hat, sofort, dass die Zahl der zur Verfügung stehenden Plätze nicht reicht und zu viele Leute sich kleinste Zimmer, Küchen und sanitäre Anlagen teilen müssen. Die Ausstattung der Unterkünfte und die Zahl der in ihnen tätigen Sozialarbeiter*innen ist bei weitem nicht ausreichend. So kommt es auch immer wieder zu Spannungen und Konflikten in den Gemeinschaftsunterkünften, die für die Bewohner*innen eine erhebliche zusätzliche psychische Belastung bedeuten und auch durch Ehrenamtliche nicht einfach zu lösen sind. Die Stadt kennt die Probleme. Dennoch scheint es keine längerfristige Strategie der besseren Wohnraumversorgung für Geflüchtete zu geben. Auch Mindeststandards zur Flüchtlingsunterbringung wurden in Bonn bislang nicht formuliert. Und im Gegensatz zu Köln gibt es in Bonn auch kein „Auszugsmanagement“, welches Flüchtlingen hilft schnell eine eigene Wohnung zu finden. Warum eigentlich nicht?
Die 50 Teilnehmer*innen, überwiegend in der Flüchtlingsarbeit tätige Ehrenamtliche und Geflüchtete, der 1. flüchtlingspolitischen Werkstatt setzten sich mit diesen Aspekten und weiteren Fragen auseinander:
- Wie werden Geflüchtete in Bonn untergebracht?
- Wie ist die Qualität der Unterbringung in den Gemeinschaftsunterkünften?
- Welche alternativen Unterbringungsmöglichkeiten gibt es?
- Wie finden Geflüchtete eine angemessene Wohnung?
Nach einem Impulsvortrag von Lina Hüffelmann vom Kölner Flüchtlingsrat, Beratungsstelle Bonn/Bad Godesberg, tauschten sich die Teilnehmer*innen in Arbeitsgruppen über die benannten Probleme aus, sammelten Ideen für Verbesserungen und formulierten unsere drei wesentlichen politischen Forderungen.
Mindeststandards für die Unterbringung von Flüchtlingen schaffen!
Zu Beginn der Werkstatt gab Lina Hüffelmann vom Kölner Flüchtlingsrat einen ersten Überblick über das formale Verfahren der Flüchtlingsaufnahme in NRW und die „Wohnsituation von Flüchtlingen in Bonn“. Sie kritisierte, dass Bund, Länder und Kommunen schon seit Jahren nicht gut zusammenarbeiten und nicht ausreichend Gelder zur Flüchtlingsunterbringung zur Verfügung gestellt würden. Die Aufnahme von Geflüchteten erfolge durch die Kommunen immer nur kurzfristig und ohne Konzept. Das Fehlen einer langfristig ausgerichtete Strategie zur angemessen Unterbringung von Flüchtlingen sei ein deutschlandweites Problem. Eine im November 2013 veröffentlichte Studie des Flüchtlingsrates NRW zeigt, dass fehlende Mindeststandards und eine Nicht-Willkommenskultur in vielen Kommunen NRWs zu desolaten Zuständen in den Unterkünften führt (>>mehr Informationen). Und auch in Bonn gibt es, im Gegensatz zu Köln, keine Leitlinien oder Mindeststandards für die Unterbringung von Flüchtlingen. Diese sind aber zwingend notwendig.
Die Teilnehmer*innen der Bonner flüchtlingspolitischen Werkstatt schließen sich den Forderungen des Flüchtlingsrates NRW nach einer menschenwürdigen Unterbringung und nach Mindeststandards für Flüchtlingsunterkünfte an:
- Geeignete Gebäude in Festbauweise – keine Sammelunterbringung in Zelten, Containern, Turnhallen o.ä.
- Abgeschlossene Apartments mit eigenen funktionstüchtigen und sauber übergebenen sanitären Anlagen und Küchen sowie mit einer Mobiliargrundausstattung.
- Möglichst kleine Gemeinschaftsunterkünfte mit maximal 80 Bewohnerinnen.
- Zentral gelegene Einrichtungen (ÖPNV-Anschluss, Zugang zu Schulen, Versorgungsmöglichkeiten, etc.) – keine Unterbringung in Wald-, Industrie- oder Gewerbegebieten.
- Eine Mindestgröße der Wohn- und Schlaffläche von 9 m² pro Person.
- Räume für die Kinderbetreuung, Freizeit- und Gemeinschaftsräume.
- Behebung von baulichen Mängeln und unverzügliche Schließung von Unterkünften mit erheblichem Schäden.
- Verpflichtende regelmäßige Kontrollen durch die Gesundheitsämter, baurechtliche Überprüfungen und Kontrollen des Brandschutzes.
Die soziale Situation in den Gemeinschaftsunterkünften verbessern!
In Bonn ist das Amt für Wohnen und Soziales für die Verwaltung der Übergangsheime und Notunterkünfte zuständig (>> mehr Informationen zur Aufgabenverteilung und Abläufe in der Stadtverwaltung). Das Amt stellt auch die Heimleiter, Hausmeister und pädagogische Mitarbeiter*innen. Im April 2015 waren allerdings nur zwei Sozialarbeiterinnen mit der Aufgabe angestellt die neu angekommenen Flüchtlinge zu begrüßen, mit Informationen zu versorgen und sie zu betreuen. Selbstverständlich können sie dies nicht einmal ansatzweise leisten. Auf Grund der gestiegenen Zahl der Geflüchteten und der nun neu bereit gestellten Mittel sollen laut Angaben der Sozialdezernentin der Stadt Bonn bald (?) sechs weitere Sozialarbeiter*innen für die Arbeit in den größeren Einrichtungen eingestellt werden. Ob die Stellenerhöhung für eine wirkliche Verbesserung der Situation in den Flüchtlingsunterkünften ausreicht ist anzuzweifeln.
Die Zusammenarbeit zwischen der Stadtverwaltung, Flüchtlingsberatungsstellen, karitativen Einrichtungen, Kirchengemeinden, Migrantenorganisationen und ehrenamtlichen Initiativen hat sich in den letzten Jahren verbessert. Die Stadt stellt viele Informationen online bereit, informiert bei öffentlichen Veranstaltungen früh über die neu entstehenden Unterkünfte, lädt zu Arbeitstreffen ein, und fördert ehrenamtliches Engagement durch Fortbildungsmaßnahmen. Beispielsweise unterstützen 40 von der Stadt "ausgebildete" Integrationslotsen in Bonn lebende Geflüchtete. Auch wenn im Vergleich zu anderen Kommunen das Zusammenspiel zwischen Stadt und in der Flüchtlingsarbeit tätigen Organisationen und Ehrenamtlichen sicherlich gut ist, so werden jenseits der praktischen Hilfsangebote, welche die Stadt entlasten, die flüchtlingspolitischen Forderungen von Initiativen nicht in ausreichendem Maße gehört. Was allerdings schwerer wiegt: Geflüchtete selbst scheinen keinerlei Mitspracherecht für Ihre Belange zu haben.
In den Arbeitsgruppen der flüchtlingspolitischen Werkstatt wurden zahlreiche Maßnahmen besprochen, die ergriffen werden müssen um die Situation der Geflüchteten in den Unterkünften zu verbessern. Folgende politische Forderungen haben die Werkstatt-Teilnehmer*innen formuliert:
- Die Zahl der Sozialarbeiter*innen der Stadt Bonn muss erhöht werden! Die Pädagog*innen müssen in den Unterkünften stetig präsent sein und zu den zentralen Ansprechpartnern für die Geflüchteten und auch für ehrenamtlich Engagierte werden. Der Flüchtlingsrat NRW fordert nicht mehr als 80 zu betreuende Personen pro vollzeittätiger Sozialarbeiter*in.
- Flüchtlingsarbeit ist Stadtteilarbeit! Soziale Einrichtungen, Jugendzentren und Stadtteilvereine im gesamten Stadtgebiet, und insbesondere in den Stadtteilen mit größeren Flüchtlingsunterkünften, müssen langfristig mit zusätzlichen Mitteln ausgestattet werden, um die Arbeit mit Geflüchteten in ihre bestehenden Programme zu integrieren und auszubauen!
- Unabhängige Beratungsorganisationen und ehrenamtliche Initiativen benötigen Zugang zu den Unterkünften! Die Stadt Bonn soll in den Heimen Beratungsräume zur Verfügung stellen. Nur durch regelmäßige Präsenz von Flüchtlingsberatern in den Unterkünften kann sichergestellt werden, dass auch alle Geflüchtete notwendige rechtliche und soziale Unterstützung in ihren Asylverfahren bekommen.
- Die unterschiedlichen Bedürfnisse der in den Unterkünften untergebrachten Menschen müssen berücksichtigt werden! Das Amt für Soziales und Wohnen sollte durch kluges Belegungsmanagement potentiellen Konflikten zwischen Flüchtlingen unterschiedlicher Herkunft, Religion oder politischen Überzeugung und zwischen Alleinreisenden und Familien vorbeugen. Menschen mit besonderen Bedarfen (Traumatisierte, Menschen mit Behinderung, Alleinerziehende) müssen auch gesondert untergebracht werden.
- Geflüchtete können selbst Verantwortung in und um die Unterkunft zu übernehmen! Am Anfang des Zusammenlebens in beengten Verhältnissen ist ein gegenseitiges Kennenlernen essentiell. Dies muss durch Sozialarbeiter*innen und durch die Einrichtung von Gemeinschaftsräumen gefördert werden. Regelmäßige Treffen aller Bewohner*innen, die von Sozialarbeiter*innen moderiert sind und bei denen übersetzt wird, können dazu beitragen, dass Konflikte schneller gelöst werden und dass sich Geflüchtete gemeinsam für ihr Wohl einsetzen.
- Geflüchtete müssen sich über Zustände beschweren können! Viele Probleme können leichter bewältigt werden, wenn sie früh bekannt sind. Unabhängige Beratungsorganisationen könnten anonymisierte Beschwerden der Bewohner*innen sammeln und an die Stadt weiterreichen.
- Geflüchtete haben ein Mitspracherecht für ihre Belange! Jede Unterkunft sollte gewählte Sprecher haben, die bei Konflikten in der Unterkunft vermitteln können und zugleich Ansprechpartner für die Stadt und für ehrenamtliche Initiativen sind.
- Kostenlosen Internetzugang in allen Unterkünften ermöglichen! Der Zugang zu Informationen im Internet ist für Geflüchtete entscheidend. Kostengünstig mit in vielen Ländern verstreuten Familienmitgliedern Kontakt zu halten ist immens wichtig. In den Unterkünften sollten W-LAN-Zugänge geschaffen werden. In nahen Einrichtungen sollten darüber hinaus PCs, Drucker, etc. für Geflüchtete bereitstehen.
Vermittlung in Privatwohnungen verbessern, neuen Wohnraum schaffen!
Lina Hüffelmann vom Kölner Flüchtlingsrat stellte bei der Werkstatt das Kölner Projekt „Auszugsmanagement“ vor, das sich am „Leverkusener Modell“ der dezentralen Unterbringung in Privatwohnungen orientiert und sich nun selbst zu einem überzeugenden Erfolgsmodell entwickelt hat. Seine Ausweitung und Fortführung bis Ende 2017 wurde im Frühjahr in Köln beschlossen. Die drei Träger des Projektes (Caritas, Deutsches Rotes Kreuz, Kölner Flüchtlingsrat) verfügen über sechs Vollzeitstellen. Hinzu kommt eine Stelle beim Amt für Wohnungswesen. Die Mitarbeiter*innen der Projektträger haben die Aufgaben, die anerkannten Flüchtlinge über die Möglichkeiten des Auszugs aus Gemeinschaftsunterkünften zu informieren, Wohnraum zu vermitteln, die Betreffenden bei allen Fragen zum Umzug zu beraten und das Einleben in der neuen Wohnung drei Monate lang zu begleiten. Die in Köln vorliegenden Zahlen zeigen eindeutig, dass die Unterbringung in Wohnungen sehr viel weniger Geld kostet als die problematische Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften. Den Kosten für Finanzierung der Stellen für das Auszugsmanagement stehen sehr viel höhere Einsparungen gegenüber. Durch die kontinuierliche Arbeit des Auszugsmanagements gelang es auch auf dem angespannten Wohnungsmarkt in Köln, zunehmend Vermieter zu finden, die Flüchtlinge aufnehmen.
Die Leiterin der Stabsstelle Integration der Stadt Bonn, Coletta Manemann, spricht sich bei vielen Veranstaltungen für eine dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen aus und die „optimale Lösung“ der eigenen Wohnung für Geflüchtete aus. Doch warum folgt die Stadt Bonn nicht dem guten Beispiel Leverkusens und Kölns? Warum gibt es trotz der vorzeigbaren Erfolge kein Auszugsmanagement in Bonn? Wie will es die Stadt Bonn angesichts der ohnehin angespannten Situation auf dem Bonner Wohnungsmarkt schaffen, angemessenen Wohnraum für Geflüchtete zur Verfügung zu stellen?
Die Teilnehmer*innen der flüchtlingspolitischen Werkstatt formulierten hierzu folgende politische Forderungen:
- Die Unterbringung von Geflüchteten in Privatwohnung, in denen sie selbstbestimmt ihr Leben gestalten können, muss Vorrang haben vor der Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften! Größere Unterkünfte können nur dem ersten Ankommen dienen; der Aufbau eines dauerhaften Lebens in Bonn ist nur in einer Wohnung möglich.
- Ein effektives Umzugsmanagement muss auch in Bonn eingeführt werden! Die Stadt soll hierfür eine eigene Stelle im Amt für Soziales und Wohnen und weitere Stellen bei Bonner Organisationen der Flüchtlingsarbeit schaffen. Familien mit Kindern müssen schnellstmöglich aus Gemeinschaftsunterkünften ausziehen können (auch vor Abschluss der Asylverfahren). Die Dauer der Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft muss auf maximal zwölf Monate klar begrenzt werden.
- Die Stadt muss mehr sozial geförderten Wohnraum zur Verfügung stellen, d.h. jetzt bauen! Mehr Wohnungen der städtischen Wohnungsbaugesellschaft (VEBOWAG) müssen auch für Geflüchtete zur Verfügung stehen.
- Innovative städtebauliche Konzepte müssen her! Wir fordern die Stadt, freie Architekten und Stadtplaner, wissenschaftliche Institute und die Bürger*innen auf, sich zusammenzusetzen und nachhaltige Lösungen zu finden, die (nicht nur) Flüchtlingen helfen, und langfristigen Wohnraum für alle schaffen.
- Wir fordern Privatpersonen, Wohngemeinschaften, Kirchengemeinden und Unternehmen auf Wohnungen oder auch einzelne Zimmer an Geflüchteten zu vermieten! Die bürokratischen Hürden bei der zur Verfügung-Stellung von privatem Wohnraum müssen von Seiten der Stadt reduziert werden. Weitere Informationen hierzu unter „Mitmachen“
Ziele der flüchtlingspolitischen Werkstatt
Die flüchtlingspolitische Werkstatt bringt in der Bonner Flüchtlingsarbeit engagierte Organisationen, ehrenamtlich Initiativen und Flüchtlinge zusammen, um aktuelle Themen zu diskutieren, auf die alltäglichen Probleme von in Bonn lebenden Flüchtlingen aufmerksam zu machen und alternative Handlungsstrategien zu erarbeiten. Wir tauschen uns über unsere Erfahrungen in der praktischen Arbeit für und mit Geflüchteten aus, ziehen daraus politische Schlussfolgerungen und arbeiten gemeinsam an den gesellschaftlichen Grundlagen für eine weltoffene und Schutz-bietende Stadt.
Die nächste Werkstatt findet am 20. Oktober 2015 von 19 bis 22 Uhr im Migrapolis / Haus der Vielfalt statt.
Das Thema ist „Wie finden Flüchtlinge Zugang zu Arbeit und Ausbildung?“.
Es geht um Information und Austausch über die rechtlichen, bürokratischen und gesellschaftlichen Hürden für den Zugang von Flüchtlingen zum Arbeitsmarkt sowie Unterstützungsangebote und Fördermaßnahmen.
In der Region lebende Geflüchtete, in der Flüchtlingsarbeit engagierte Vertreter von Kirchengemeinden, karitativen Organisationen, Flüchtlingsinitiativen und Ehrenamtliche sind herzlich eingeladen.