17.10.2024 In seinem .. Urteil stellt der Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) klar: Zurückweisungen von Schutzsuchenden an den Grenzen sind nicht zulässig. “Alle Parteien müssen nun endlich die menschenrechtsverachtende Zurückweisungsdebatte und die systematische Entrechtung an deutschen Grenzen beenden“, fordert Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von PRO ASYL.
Wir zitieren eine Pressemitteilung von Pro Asyl:
15.10.2024 PRO ASYL und ECCHR begrüßen das heutige Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und fordern die Ampelregierung auf, der Zurückweisungspraxis an den deutschen Grenzen ein Ende zu setzen.
„Das heutige Urteil in der Beschwerde von 2019 ist entscheidend für die Debatte rund um Zurückweisungen an den deutschen Grenzen und kommt genau im richtigen Moment. Deutschland ist verpflichtet, menschenrechtliche Standards zu wahren und den Zugang zu rechtsstaatlichen Asylverfahren auch an deutschen Grenzen zu gewährleisten”, sagt Tareq Alawos, flüchtlingspolitischer Sprecher von PRO ASYL. “Alle Parteien müssen nun endlich die menschenrechtsverachtende Zurückweisungsdebatte und die systematische Entrechtung an deutschen Grenzen beenden“, führt Alaows aus.
In seinem heutigen Urteil stellt der Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) klar: Zurückweisungen von Schutzsuchenden an den Grenzen sind nicht zulässig. Damit erteilt er Verwaltungsabkommen wie dem “Seehofer-Deal” von 2018 eine klare Absage und stärkt den Zugang zum Rechtsschutz von Asylsuchenden an der Grenze. PRO ASYL, Refugee Support Aegean (RSA) und European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) hatten die Klage durch eine Eingabe vor Gericht unterstützt. In Entscheidungen von 2019 und 2021 hatte das VG München die Rechtswidrigkeit von Zurückweisungen unter dem Seehofer-Deal bereits festgestellt.
“Der Versuch Deutschlands, Europarecht zu umgehen und Menschen im Hauruckverfahren zurückzuweisen, ist gescheitert. Der EGMR macht deutlich, dass Zugang zu einem rechtsstaatlichen Verfahren zwingend erforderlich ist, um schwerste Menschenrechtsverletzungen, wie sie der Beschwerdeführer erlitten hat, zu verhindern”, sagt Hanaa Hakiki, Juristin beim ECCHR.
Hintergrund zu dem Fall
Der Kläger H.T. aus Syrien stellte im Juni 2018 auf der griechischen Insel Leros einen Asylantrag. Er litt unter den dortigen Lebensverhältnissen, die jenen im Elendslager „Moria“ auf Lesbos glichen und fürchtete zudem die Abschiebung in die Türkei und von dort die Kettenabschiebung nach Syrien. Im September 2018 floh er über Österreich nach Deutschland. Dabei wurde er von der deutschen Bundespolizei aufgegriffen und, trotz dass er ein Asylgesuch äußerte, nur wenige Stunden später nach Griechenland abgeschoben – basierend auf dem Seehofer-Deal zwischen Deutschland und Griechenland. In den Stunden zwischen Aufgriff und Abschiebung hatte er keinen Zugang zu einem effektiven Rechtsschutz. Ein Dublin-Verfahren wurde nicht durchgeführt.
Auf Leros wurde H.T. fast drei Monate inhaftiert, in einer Zelle mit verhangenem Fenster und ohne die Möglichkeit, einen Außenbereich aufzusuchen. Der griechische Flüchtlingsrat half ihm, aus der Haft zu kommen und ein Asylverfahren in Griechenland durchzuführen.
Im März 2019 reichte H.T. Individualbeschwerde beim EGMR ein. Er macht geltend, dass seine Rückführung durch Deutschland sowie seine Behandlung und Inhaftierung in Griechenland das Verbot von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung (Artikel 3) und das Recht auf wirksame Beschwerde (Artikel 13) in der Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) verletzen.
2021 wurde H.T. in Griechenland als Flüchtling anerkannt. Aufgrund der unhaltbaren Lebensbedingungen für anerkannte Flüchtlinge in Griechenland, floh H.T nach Deutschland und stellte hier einen Asylantrag. 2022 wurde er durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge als subsidiär schutzberechtigt anerkannt.