21.05.2021 Wie reagieren Politiker:innen auf den Hilferuf aus Lampedusa und die neuen Zahlen über Menschen weltweit auf der Flucht? Zu dem Thema finde ich einen Beitrag des öterreichischen STANDARD vom 20. Mai:
EU-Kommission will Italien mit Umverteilungssystem für Flüchtlinge helfen
In Italien steigen die Ankunftszahlen von Bootsflüchtlingen. EU-Innenkommissarin Johansson verspricht Unterstützung
Brüssel – Die EU-Kommission plant ein System zur freiwilligen Aufnahme von Migranten in der EU, um Italien über den Sommer zu entlasten, bis eine EU-Reform in der Flüchtlingsfrage erreicht ist. Dazu stehe sie in Kontakt mit den Mitgliedstaaten, sagte Innenkommissarin Ylva Johansson der Tageszeitung "La Repubblica". Die Behörde sei zudem bereit, mit Libyen über ein neues Migrationsabkommen zu sprechen, und hoffe auch auf ein internationales Abkommen mit Tunesien.
In Italien, wo die Ankunftszahlen von Bootsflüchtlingen 2021 im Vergleich zum Vorjahr wieder steigen, dürfte das auf offene Ohren stoßen. Die Regierung in Rom sprach sich für ein Abkommen mit Libyen aus. Dieses würde EU-Gelder im Austausch gegen eine stärkere Überwachung der libyschen Südgrenze – über die Migranten ins Land kommen – vorsehen würde.
Aus Brüssel nichts Neues, so scheint mir. Man setzt dort weiter auf Abschottung und will auf den umstrittenen new pact on migration and asylum warten.Ganz im Sinne Seehofers.
Aus dessen Partei kommen derweil moderatere Stimmen, wie der BR am 18.05.2021 berichtete:
Flucht: Experten fordern feste Aufnahmequote
Wie können Fluchtursachen besser bekämpft werden? Eine Kommission hat dazu Empfehlungen für die nächste Bundesregierung vorgelegt. Darunter: 40.000 Menschen sollten pro Jahr aufgenommen werden.
"Die Flüchtlingskrise ist nicht vorbei", sagt Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU). Sie habe sich weltweit sogar dramatisch zugespitzt. Das UN-Flüchtlingskommissariat UNHCR meldet für 2020 das erste Mal 80 Millionen Flüchtlinge weltweit – so viele wie nie zuvor. Krieg und Gewalt, Korruption und Perspektivlosigkeit – das sind die häufigsten Gründe, warum Menschen ihr Land verlassen. Zu diesem Schluss kommt der Bericht der Fachkommission Fluchtursachen. Außerdem gebe es indirekte Ursachen wie Umweltzerstörungen durch den Klimawandel. "Es sei nie ein einzelner Grund, aus dem Menschen ihr Land verlassen", sagte Gerda Hasselfeldt (CSU), Vorsitzende der Fachkommission und Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes. Deshalb müsse auch die Flüchtlingspolitik ressortübergreifend aufgestellt werden.
40.000 Flüchtlinge pro Jahr aufnehmen?
15 konkrete Empfehlungen haben die 24 unabhängigen Experten der Kommission vorgelegt. Unter anderem sollte die Bundesregierung eine "Allianz für Resettlement" auf den Weg bringen. Gemeinsam mit anderen Staaten, etwa USA, Kanada, Japan sowie anderen EU-Staaten könnte Deutschland eine feste Aufnahmequote vereinbaren. Wenn diese 0,05 Prozent der eigenen Bevölkerung entspricht, müsste Deutschland 40.000 Menschen pro Jahr aufnehmen.
Wie realistisch ist der Vorschlag?
Eine solche Quote würde eine starke Ausweitung der bestehenden Resettlementprogramme bedeuten. Laut Bundesinnenministerium nimmt Deutschland zur Zeit zwischen 5.000 und 6.000 Menschen über dieses Programm auf. Durch die Corona-Pandemie sei das allerdings erschwert worden. Ob sich die nächste Bundesregierung entschließe die Quote auf 40.000 anzuheben sei also fraglich.
Auch die Migrationspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Luise Amtsberg, hält es für schwierig, Zahlen für die Aufnahme von Flüchtlingen in den Raum zu stellen. "Ich wünsche mir eine sachliche Debatte anhand von Möglichkeiten", sagte sie BR24. Grundsätzlich seien Resettlementprogramme ein wichtiges Tool in der Migrationspolitik, jedoch müssten zuerst die Strukturen geschaffen werden, bevor über konkrete Zahlen gesprochen werde.
Unterstützung für Klimaschutz
Die meisten Menschen auf der Flucht, finden Zuflucht in anderen armen Staaten. Über 85 Prozent der Flüchtlinge werden in den Entwicklungsländern aufgenommen. "Sie brauchen unsere Hilfe und Unterstützung", sagt Müller.
Neben Investitionen in Bildungs- und Gesundheitssysteme empfiehlt die Kommission auch, die Länder bei der Bekämpfung des Klimawandels zu unterstützen – insbesondere Regionen, die vor voraussichtlich stark von Dürre oder dem Anstieg des Meeresspiegels betroffen sein werden. Dazu gehöre auch für Klimaflüchtlinge einen rechtlichen Rahmen zu schaffen, sagt Kommissionsvorsitzende Hasselfeldt. Bisher fallen sie nicht unter die Genfer Flüchtlingskonvention. Dafür müsse die UN Leitlinien entwickeln.
Seehofer: Hilfsbereitschaft groß, Aufnahmekapazitäten begrenzt
Ziel der Bundesregierung bei der Bekämpfung von Fluchtursachen ist auch, die Einwanderung nach Deutschland begrenzen. Der für Asyl zuständige Innenminister Horst Seehofer (CSU) hatte die Bekämpfung von Fluchtursachen deshalb zum zentralen Element seines "Masterplans für Migration" gemacht. Der Bericht der Kommission solle helfen bei der schwierigen Abwägung Kurs zu halten. Kein Land der Welt könne die Migration allein bewältigen, erklärt Seehofer. "Wir müssen da ansetzen, wo die Probleme sind, denn unsere Hilfsbereitschaft ist groß, aber unsere Aufnahmekapazitäten sind begrenzt."