Georgien und die Republik Moldau als sogenannte sichere Herkunftsländer? Gesetzentwurf zurückziehen!

Wir zitieren eine Pressemitteilung von Pro Asyl:

Neue „sichere“ Herkunftsländer: Was nicht sicher ist, wird sicher gemacht

30.08.2023 PRO ASYL kritisiert den Gesetzesentwurf des SPD-geführten Innenministeriums, welcher zum Ziel hat, Georgien und die Republik Moldau als sogenannte sichere Herkunftsländer einzustufen. Der Entwurf soll heute im Kabinett beschlossen werden.

Der Einstufung Georgiens und der Republik Moldau als sogenannte sichere Herkunftsländer stehen verfassungsrechtliche Einwände entgegen, da es unter anderem keine landesweite Sicherheit und keine Sicherheit für alle Gruppen gibt. PRO ASYL hat hierzu eine ausführliche Stellungnahme verfasst.

In beiden Ländern gibt es abtrünnige Regionen, die von Russland kontrolliert werden. Somit besteht den Ländern keine Sicherheit im ganzen Land. Außerdem wird nicht auf die Gefahr des zunehmenden russischen Einflusses eingegangen und auch nicht auf die geänderte geopolitische Gefahrenlage seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Auch die jüngsten Rückschritte bezüglich Demokratie und Rechtsstaat in Georgien werden nicht berücksichtigt. In Georgien wird die LGBTIQ+-Community stark unter Druck gesetzt und der Staat schützt sie nicht vor gewaltsamen Übergriffen. Auch die Lage der Pressefreiheit ist sehr kritisch zu bewerten. In Moldau werden Rom*nja stark ausgegrenzt und diskriminiert. Dies kann eine kumulative Verfolgung darstellen.

Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von PRO ASYL:
„Um die Idee der Abschottung voranzutreiben, ist der Ampelregierung anscheinend jedes Mittel recht. Auch das Hinwegsetzen über höchstinstanzliche Urteile. PRO ASYL lehnt dieses Konzept der sogenannten sicheren Herkunftsstaaten ab, es widerspricht der Ursprungsidee des Asylrechts, welches eine individuelle detaillierte Prüfung zur Grundlage hat, und wird schwerwiegende Folgen für betroffene Menschen haben.“

Zudem wurde der Referentenentwurf mit einer Stellungnahmefrist von weniger als 48 Stunden an die Verbände geschickt. Ein Prozess, der gute Gesetzgebung unterstützen soll, wird so zur Farce.

„Hier wurde aus politischem Kalkül heraus versucht, kritische Stimmen ruhigzustellen. Dies ist aus Sicht von PRO ASYL inakzeptabel“, so Alaows weiter.

PRO ASYL fordert das Bundesinnenministerium auf, den Gesetzentwurf zurückzuziehen und auf das Abschreckungs- Konzept der sogenannten sicheren Herkunftsstaaten grundsätzlich zu verzichten.

Hintergrund

Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Urteil von 1996 festgelegt, dass die Einstufung als „sichere Herkunftsstaaten“ erfordert, dass in jenem Staat eine gewisse Stabilität und hinreichende Kontinuität der Verhältnisse bereits eingetreten ist und deshalb weder Verfolgungshandlungen noch unmenschliche und erniedrigende Behandlung oder Bestrafung stattfinden. Der Gesetzgeber ist zudem verpflichtet, eine gründliche antizipierte Tatsachen- und Beweiswürdigung der verfügbaren Quellen vorzunehmen, wenn er einen Staat als sicher listen wolle. Zudem dürfen nur solche Staaten als sichere Herkunftsstaaten gelten, in denen Sicherheit vor Verfolgung „landesweit und für alle Personen- und Bevölkerungsgruppen“ besteht.