Human Rights Watch-Jahresbericht: Kritik wegen Umgang mit Afghan*innen

14.01.2022 "Die nicht eindeutig geklärten Zuständigkeiten verschiedener Regierungsbehörden, mangelnde Aufmerksamkeit und falsche Einschätzungen brachten viele Afghan*innen in Gefahr", klagt Human Rights Watch die alte Bundesregierung an.

Nur knapp 500 akut Gefährdete konnten bis Ende Dezember nach Deutschland gelangen, zusammen mit engen Familienangehörigen sind das 1500 Menschen. 20.000 Afghaninnen und Afghanen warten auf die Einreise. Ihre Lage ist äußerst gefährlich und prekär. Darüber gibt heute auch ein Bericht aus Kabul und Masar-e-Scharif Auskunft: "Mittellos und vogelfrei" (nd)

 

Zeit Online berichtet:

Human Rights Watch: Menschenrechtler kritisieren Deutschland für Umgang mit Afghanen

Regierungsbehörden, die sich gegenseitig blockieren oder die Lage falsch einschätzen: Human Rights Watch sieht schwere Versäumnisse beim chaotischen Abzug der Bundeswehr.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat die Bundesregierung wegen ihres Umgangs mit afghanischen Zivilisten beim Abzug aus dem Land kritisiert. Die damalige Koalition habe das Bedürfnis von Menschenrechtsverteidigern, Journalisten und örtlichen Mitarbeitern, das Land vor dem Abzug der internationalen Truppen zu verlassen, weitgehend ignoriert, teilte HRW in seinem Jahresbericht mit. "Die nicht eindeutig geklärten Zuständigkeiten verschiedener Regierungsbehörden, mangelnde Aufmerksamkeit und falsche Einschätzungen brachten viele Afghan*innen in Gefahr", heißt es darin.

Die militant-islamistischen Taliban hatten im August und nach ihrem rund 20-jährigen Kampf gegen die von den USA und Nato-Truppen gestützte Regierung wieder die Macht in Afghanistan übernommen. Beim hastigen Rückzug der Bundeswehr und anderer deutscher Institutionen waren Tausende Ortskräfte sowie weitere mutmaßlich durch die Taliban gefährdete Menschen in dem Land zurückgelassen worden.

Ortskräfte arbeiteten zum Beispiel für das Bundesentwicklungsministerium oder die Bundeswehr als Übersetzer und müssen nun Verfolgung durch die militanten Islamisten fürchten. Einige wurden erst im Nachhinein und nach der Eroberung des Landes durch die Taliban in Sicherheit gebracht.

Außenamt will Evakuierungen beschleunigen

Jüngsten Zahlen des Bundesinnenministeriums zufolge warten noch immer etwa 20.000 Afghaninnen und Afghanen auf eine Möglichkeit zur Einreise nach Deutschland – darunter auch Menschenrechtler, Künstler, Wissenschaftler, Journalisten oder andere Menschen, die als besonders gefährdet eingestuft werden.

Aus dieser Gruppe sind bis Ende Dezember knapp 500 Menschen nach Deutschland gekommen, inklusive Angehöriger waren es fast 1.500 Personen. Die neue Bundesregierung will die Einreisemöglichkeiten besonders schutzbedürftiger Menschen aus Afghanistan nach Worten von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) beschleunigen.