Hunderte Abschiebungen pro Woche in die Türkei geplant

28.09.2024 Zahlreiche Medien griffen einen Bericht von dpa bzw der FAZ auf, wonach lange Verhandlungen mit der Türkei jetzt "schnellere und effektivere Rückführungen" (Faeser) ermöglichen werden.

Deutschland will 13.500 Menschen in die Türkei abschieben. Grundlage dafür ist ein Deal zwischen Scholz und Erdogan. Die ersten Flüge sind bereits gestartet. (FR)

Vorerst sollen demnach insgesamt 200 Türken in die Türkei gebracht werden. Die Rückführung solle über Linienflüge dezentral abgewickelt werden. .. (Spiegel)

Anders als bei bisherigen Migrationsabkommen etwa mit Usbekistan oder Kenia kann es bei den Rückführungen in die Türkei um Abschiebungen in großem Stil gehen. Ankara hat laut »FAZ« angeboten, bis zu 500 Staatsbürger pro Woche zurückzunehmen. Entsprechende Vorbereitungen liefen bereits. (Spiegel)

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigte die konsequente Abschiebung irregulärer Migranten in die Türkei in einem Interview an. »Wir haben jetzt erreicht, dass Rückführungen in die Türkei schneller und effektiver erfolgen können und die Türkei Staatsbürger, die nicht in Deutschland bleiben dürfen, schneller zurücknimmt«, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Sie sprach von einem »großen Fortschritt« und einem »weiteren Baustein zur Begrenzung der irregulären Migration«. (Spiegel)

„PRO ASYL ist schockiert über den Abschiebungsdeal, den Kanzler Scholz mit dem türkischen Staatspräsidenten Erdogan höchstpersönlich verhandelt hat. ... (FR)

...Die Türkei ist unter Erdogan zum Unrechtsstaat geworden, in dem die Opposition mit Strafverfahren politisch verfolgt wird ... verkennt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und verweigert Asylsuchenden aus der Türkei den notwendigen Schutz - besonders Kurd*innen. Wir befürchten, dass so jetzt auch politisch Verfolgten die Abschiebung in dir Türkei droht“.

Im Folgenden die Berichte der Frankfurter Rundschau und des Spiegel / dpa, denen die oben stehenden Ausschnitte entnommen sind:

Stand: 27.09.2024, 17:58 Uhr

Bildunterschrift: Deutschland will 13.500 Menschen in die Türkei abschieben. Grundlage dafür ist ein Deal zwischen Scholz und Erdogan. Die ersten Flüge sind bereits gestartet.

Berlin/Ankara - Die Bundesregierung hat nach monatelangen Verhandlungen mit der Regierung in Ankara damit begonnen, eine große Zahl von türkischen Staatsbürgern in ihr Heimatland abzuschieben. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (Samstag) berichtete, sollen vorerst insgesamt 200 Türken in mehreren Linienflügen in die Türkei gebracht werden. Die Flugzeuge starteten von verschiedenen deutschen Flughäfen.

Deal mit Ankara: Deutschland will bis zu 500 Türkeistämmige pro Woche abschieben

Dies solle erst der Anfang einer Offensive zur Abschiebung von Türken sein, wie die Zeitung aus Regierungskreisen erfuhr. Demnach hat die Türkei wohl angeboten, bis zu 500 Staatsbürger je Woche aus Deutschland zurückzunehmen. Entsprechende Vorbereitungen laufen. Zwar lehnt die Türkei laut Bericht weiter ab, dass Abschiebungen per Charterflug stattfinden. Allerdings scheint sie bereit zu sein, solche Flüge künftig zu akzeptieren, wenn sie „Spezialflug“ heißen. Mehr als 13.500 Türken in Deutschland sind derzeit ausreisepflichtig.

Den Durchbruch brachte offenbar der Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan im November in Berlin. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) forderte damals auch öffentlich die Rücknahme von Asylbewerbern aus der Türkei von Erdogan. Seither wurde intensiv zwischen Berlin und Ankara gearbeitet. Als Gegenleistung hat Deutschland offenbar zugesagt, bestehende Visaverfahren zu beschleunigen. Darüber hinausgehende Versprechen sind nicht öffentlich bekannt.

Pro Asyl kritisiert Scholz‘ Abschiebedeal mit „Unrechtsstaat Türkei“

Der Deal mit der Türkei führt insbesondere bei Menschenrechtsvereinen in Deutschland zu massiver Kritik – und das aus gutem Grund. „PRO ASYL ist schockiert über den Abschiebungsdeal, den Kanzler Scholz mit dem türkischen Staatspräsidenten Erdogan höchstpersönlich verhandelt hat. Die Türkei ist unter Erdogan zum Unrechtsstaat geworden, in dem die Opposition mit Strafverfahren politisch verfolgt wird. Das zeigt eine gerade erst von PRO ASYL herausgegebene Studie. Aber genau das verkennt oft das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und verweigert Asylsuchenden aus der Türkei den notwendigen Schutz - besonders Kurd*innen. Wir befürchten, dass so jetzt auch politisch Verfolgten die Abschiebung in dir Türkei droht“, so Wiebke Judith, rechtspolitische Sprecherin von PRO ASYL, im Gespräch mit Fr.de von IPPEN.MEDIA.

Ähnlich sieht es auch der Nahostreferent der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), Dr. Kamal Sido, im Gespräch mit unserer Redaktion. „Olaf Scholz und Erdogan haben sich in New York getroffen. Worüber sie gesprochen haben, darüber kann nur spekuliert werden. Es wird aber vermutet, dass sie auch über Massenabschiebungen gesprochen haben. Bei den Menschen, die in Deutschland Schutz suchen, handelt es sich vor allem um Kurden und türkische Demokraten, die von Erdogans Regime verfolgt werden. Mit jeder Abschiebung dieser Menschen begehen SPD, FDP, Grüne, aber auch die Union Verrat an Demokratie und Menschenrechten. Man darf sich nicht mehr wundern, wenn Diktatoren und Autokraten wie Putin und Erdogan weltweit an Einfluss gewinnen, insbesondere im globalen Süden.

 

Nach monatelangen Verhandlungen mit Ankara hat Deutschland begonnen, irreguläre Migranten in die Türkei zurückzuschicken. Innenministerin Faeser spricht von schnelleren und effektiveren Rückführungen.

Deutschland hat neu ausgehandelte Abschiebungen in die Türkei begonnen. Das berichtet die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf Regierungskreise. Die »Frankfurter Allgemeine Zeitung«  hatte zuerst berichtet.

Vorerst sollen demnach insgesamt 200 Türken in die Türkei gebracht werden. Die Rückführung solle über Linienflüge dezentral abgewickelt werden. Die Bundesländer seien etwa bei der Beschaffung nötiger Papiere involviert.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigte die konsequente Abschiebung irregulärer Migranten in die Türkei in einem Interview an. »Wir haben jetzt erreicht, dass Rückführungen in die Türkei schneller und effektiver erfolgen können und die Türkei Staatsbürger, die nicht in Deutschland bleiben dürfen, schneller zurücknimmt«, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Sie sprach von einem »großen Fortschritt« und einem »weiteren Baustein zur Begrenzung der irregulären Migration«.

Hunderte Abschiebungen pro Woche geplant

Anders als bei bisherigen Migrationsabkommen etwa mit Usbekistan oder Kenia kann es bei den Rückführungen in die Türkei um Abschiebungen in großem Stil gehen. Ankara hat laut »FAZ« angeboten, bis zu 500 Staatsbürger pro Woche zurückzunehmen. Entsprechende Vorbereitungen liefen bereits.

Vorausgegangen seien monatelange Verhandlungen zwischen den Regierungen in Berlin und Ankara, berichtet die »FAZ«. Über die Abschiebungen sei seit dem Berlin-Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan im vergangenen November verhandelt worden. Als Gegenleistung habe Deutschland offenbar zugesagt, bestehende Visaverfahren zu beschleunigen.

Laut einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der AfD vom März wurden im Jahr 2023 knapp 1300 türkische Staatsbürger aus Deutschland abgeschoben. Zahlen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zufolge waren Ende April 2024 etwa 14.500 Türken in Deutschland ausreisepflichtig.