ifo-Institut: Migration steigert laut Studie nicht die Kriminalität

19.02.2025 Ein steigender Anteil an Zugewanderten stehe in keinem Zusammenhang mit der Kriminalitätsrate an einem Ort. Über dieses Ergebnis einer Analyse des Münchner ifo-Instituts (Steigert Migration die Kriminalität? Ein datenbasierter Blick) berichtete die Tagesschau heute. Das durch Medien und Politiker*innenaussagen erzeugte Gefühl bei vielen Menschen kann nicht durch mit Zahlen und Fakten belegt werden.

"Wir finden keinen Zusammenhang zwischen einem steigenden Ausländeranteil in einem Kreis und der lokalen Kriminalitätsrate. Gleiches gilt im Speziellen für Schutzsuchende", sagt ifo-Forscher Jean-Victor Alipour. "Die Ergebnisse decken sich mit Befunden der internationalen Forschung, wonach Migration und Flucht keinen systematischen Einfluss auf die Kriminalität im Aufnahmeland haben."

Eine Schlussfolgerung der Autor*innen der Studie: Integration senkt das Risiko für Kriminalität

 

Wir zitieren den Bericht des BR:

Ausländer sind im Vergleich zu Deutschen in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) überrepräsentiert. Das dient häufig als Argument, Migration gefährde die Sicherheit in Deutschland, weil Ausländer öfter kriminell seien. Forscher des Münchner ifo-Instituts kommen jedoch in einer aktuellen datenbasierten Analyse zu einem anderen Ergebnis: Die höhere Rate von Ausländern in der Kriminalstatistik belegt weder eine höhere Neigung von Migranten zu Kriminalität noch ein Wachstum der Kriminalität an den Orten, an denen sie sich niederlassen.

Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) erfasst bekannt gewordene Straftaten und ermittelte Tatverdächtige. Ausgenommen sind Verkehrsdelikte, Finanz- und Steuervergehen sowie Staatsschutzdelikte.

Die ifo-Forscher werteten die PKS-Daten nach Landkreisen und kreisfreien Städten aus. Ihr Ergebnis: "Wir finden keinen Zusammenhang zwischen einem steigenden Ausländeranteil in einem Kreis und der lokalen Kriminalitätsrate. Gleiches gilt im Speziellen für Schutzsuchende", sagt ifo-Forscher Jean-Victor Alipour. "Die Ergebnisse decken sich mit Befunden der internationalen Forschung, wonach Migration und Flucht keinen systematischen Einfluss auf die Kriminalität im Aufnahmeland haben."

Player: audioifo-Studie über Migration und Kriminalität

Migration verändert nicht die Kriminalität vor Ort

Dass Ausländer in der Kriminalstatistik überrepräsentiert sind, liege nicht an ihrer Herkunft, sondern an anderen Faktoren. So seien Ausländer im Vergleich zur deutschen Bevölkerung jünger und der Anteil an Männern ist größer. Außerdem lebten sie öfter in Regionen, in denen es häufiger zu Straftaten kommt, zum Beispiel in Ballungsräumen. Dort zeigten auch Deutsche häufiger kriminelles Verhalten.

Das führe zu einem scheinbaren Paradox: Ausländer werden laut Statistik häufiger straffällig, insgesamt hat Migration aber keinen Einfluss auf die Kriminalitätsrate vor Ort. Die Erklärung dafür: Migranten ziehen häufiger in Gegenden mit einem höheren Risiko für Kriminalität. Wenn sie eine ähnliche Neigung zu kriminellen Verhalten haben wie die deutschen Einheimischen vor Ort, bleibt die lokale Kriminalitätsrate dort gleich. Auf nationaler Ebene steigt die Kriminalitätsrate der Migranten jedoch, wenn ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung wächst.

Die ifo-Forscher gingen auch der Frage nach, ob im Untersuchungszeitraum zwischen 2018 und 2023 Veränderungen des Ausländeranteils in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt Auswirkungen auf die lokale Kriminalität hatten. Dabei zeigte sich kein signifikanter Zusammenhang, weder für die Gesamtkriminalität noch für Straßenkriminalität oder Tötungsdelikte.

Zu diesem Ergebnis kommen auch andere Studien, auf die die ifo-Forscher verweisen: Die Zuwanderung zwischen 2008 und 2019 hatte danach keinen signifikanten Effekt auf die Kriminalität in Deutschland. Dagegen erhöhte sich zwischen 1996 und 2006 in Westdeutschland die Kriminalität, als rund drei Millionen deutschstämmige Menschen aus Osteuropa dorthin zogen, darunter viele junge und geringqualifizierte Personen.

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Integration senkt Risiko für Kriminalität

Das Risiko für kriminelles Verhalten von Migranten ließe sich nach Aussage der Autoren mit Integrationsmaßnahmen wie Sprachkursen reduzieren. Gleiches gelte für einen erleichterten Zugang zur deutschen Staatsbürgerschaft, weil damit die Beschäftigungschancen stiegen.

Unterstützung bei der Jobsuche und Sozialleistungen reduzierten ebenfalls Kriminalität. Die Möglichkeit zu legalem und langfristigem Verdienst verringere die Attraktivität von illegalen Aktivitäten. Hier sei ein unbürokratischer Zugang zum Arbeitsmarkt entscheidend. Beschäftigungsverbote für Asylbewerber wirkten sich hingegen negativ auf ihre wirtschaftliche Integration aus.

Sinnvoll wären zudem Vereinfachungen bei der Anerkennung ausländischer Abschlüsse. Diese würden nur schwer oder spät anerkannt. Migranten arbeiteten deshalb unter ihrem Qualifikationsniveau und verdienten entsprechend weniger.