Information und Gedankenaustausch über neue und alte Rechtsaußen

Mit großer Sorge hatten wir von weltoffen bei unseren Treffen wiederholt über die deutliche Entwicklung nach Rechts diskutiert, die sich in Hassparolen bei Demos und in Talkshows, in gewalttätigen Übergriffen und Brandanschlägen, in Wahlergebnissen, aber auch in flüchtlingsabwehrenden Aussagen und Beschlüssen der Bundestagsparteien und europaweit in der Politik zeigte.

Um diese Entwicklung ausführlich und informiert mit weiteren Interessierten besprechen zu können, hatten wir gemeinsam mit EMFA für den 5. September 2016 zu einem Informations- und Diskussionsabend eingeladen. Dass am Vortag die AfD in Mecklenburg-Vorpommern bedenklich hohe Stimmengewinne erzielen konnte, gab dem Thema besondere Aktualität.

Rund 40 Interessierte kamen, um den Einstiegsvortrag des Referenten Jörg Kronauer zu hören und anschließend in den Gedankenaustausch zu treten.

Jörg Kronauer, Sozialwissenschaftler, Publizist und freier Journalist, wies nach, dass es bereits über Jahrzehnte deutliche fremdenfeindliche Parolen seitens der Gruppierungen und Parteien der äußersten Rechten gibt, die in der jüngsten Zeit dann zunehmend auf islam- und flüchtlingsfeindliche Parolen zugespitzt wurden.

Ein wichtiges Sprachrohr der Rechtsaußen ist neben Internetplattformen die Wochenzeitung „Junge Freiheit“ mit stetiger Auflagensteigerung. Als neuer Akteur betätigt sich seit einiger Zeit die „Identitäre Bewegung“ am rechten Rand, zu der zahlreiche Naziaktivisten gewechselt sind, zum Beispiel die in Bonn zur Genüge bekannte Melanie Dittmer. Hier erscheint der Rechtsextremismus in neuen und subtileren Formen (bis hin zum Outfit), die nicht immer sofort als „rechts“ erkennbar sind, und es werden Begriffe verwendet, die vielen Leuten auf den ersten Blick ganz und gar unverdächtig erscheinen, aber bei genauem Hinsehen beispielsweise knallharte Apartheidskonzepte zum Ausdruck bringen (z.B. „Ethnopluralismus“). Eine bedenkliche Kontinuität gibt es sowohl in Ost wie in West auch bei der Zustimmung zu fremdenfeindlichen, islam- und flüchtlingsfeindlichen Aussagen, wie sie in Meinungsumfragen regelmäßig festgestellt wurde. Nachdem es in Deutschland jahrzehntelang bei Politik, Wirtschaft und Medien die stillschweigende Übereinkunft gegeben hatte, dass CDU/CSU das politische Spektrum nach rechts abschließen sollten, reichten deren Positionen vor dem Hintergrund der Euro- und Bankenkrise interessierten Kreisen aus dem Wirtschafts- und Finanzspektrum sowie der Wissenschaft nicht mehr aus, sie förderten die Bildung der AfD, die zunächst vor allem eurokritisch in Erscheinung trat und sich dann deutlich islam- und flüchtlingsfeindlich positionierte und zunehmend für Rechtsextreme eine politische Heimat mit Aussicht auf Mandate bot.

Zunächst über einzelne Aspekte der berichteten Entwicklungen und dann über die zu beobachtenden Aktionen und Reaktionen vor allem der Regierungsparteien wurde im Anschluss an den Vortrag rege diskutiert. Angefangen vom verbreiteten Gebrauch des Wortes „Flüchtlingskrise“ bis zu den „Lösungen“ gehen Politik und Medien auf die Lösungen der Rechtsaußen ein, mit den verschiedenen Gesetzen, die an der Einschränkung der Flüchtlingsaufnahme und Akzeptanz orientiert sind, wie das Asylverfahrenbeschleunigungsgesetz, das sog. Integrationsgesetz mit Wohnsitzauflage, die Einschränkung des Familiennachzuges z. B. durch Gewährung nur noch subsidiären Schutzes, das ständige Gerede von nötigen Sanktionen gegen sog. Integrationsverweigerer und vieles mehr.

All das schielt nach Rechtsaußen und belastet und erschwert die Arbeit der ehrenamtlichen Unterstützer_innen. Dazu kommt das viel zu schwache, manchmal fast unhörbare Contra zu Gewaltübergriffen, Brandstiftungen, Hetze.

Die Diskussion endete mit der Schlussfolgerung, in der Flüchtlingsunterstützung nicht nachzulassen und gegen die Rechtsentwicklung, gegen rassistische und fremdenfeindliche Tendenzen in der eigenen Umgebung aktiv zu werden.

Wir danken der Amadeu-Antonio-Stiftung für ihre Förderung der Veranstaltung durch Übernahme eines Teils des Referentenhonorars. Ebenso danken wir den Teilnehmer_innen für ihre Aufmerksamkeit, Diskussionsbereitschaft und nicht zuletzt für ihre Spenden zur Vervollständigung des Honorars.