01.04.2023 Aggressive Ablehnung gegen geplante Unterkünfte, Intrumentalisierung der Not der Kommunen für populistische Oppositionspolitik, wie seit langem die Forderung nach mehr Abschiebungen und Verschließen der Grenzen, und nun noch in neuem Zusammenschluss die Forderung von CDU und FDP nach weiterem Abbau des deutschen Asylrechtes - Es war eine Woche innenpolitischer Zuspitzungen.
Wir zitieren im Folgenden verschiedene Stimmen:
- Pressemitteilung von Pro Asyl vom 30.03.2023: Gegen Spaltung und für eine nachhaltige Unterbringungs- und Integrationspolitik
- Pressemitteilung von Pro Asyl und Flüchtlingsräten vom 31.03.2023 Verantwortung übernehmen, statt sie an die Außengrenzen zu schieben
- Bericht Zeit, 30.03.2023 Aufnahme von Geflüchteten: Union und FDP fordern schärferes Asylrecht
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Bericht RND, 31.03.2023 Flüchtlingsgipfel der Union Die Kommunen schreien um Hilfe – und Merz bietet die Plattform
- Bericht taz, 31.03.2023 Flüchtlingsgipfel der Union: „Die Luft brennt“
Pressemitteilung von Pro Asyl vom 30.03.2023:
Gegen Spaltung und für eine nachhaltige Unterbringungs- und Integrationspolitik
PRO ASYL unterstützt die Kommunen in ihrer Forderung, dass der Bund mehr und dauerhafte finanzielle Hilfe leisten muss, und warnt zugleich davor, dass ihre berechtigten Anliegen für eine auf Abwehr gerichtete Flüchtlingspolitik instrumentalisiert werden.
PRO ASYL appelliert im Hinblick auf den Kommunalgipfel der Unionsfraktion am Donnerstag, die berechtigten Forderungen der Kommunen bei der Aufnahme von Geflüchteten nicht für eine auf Abschottung ausgerichtete Flüchtlingspolitik zu instrumentalisieren. Angesichts des russischen Angriffskrieges und der Verfolgungs- und Bedrohungssituation anderer Geflüchteter vor den EU-Außengrenzen kann die demokratisch verfasste Gesellschaft der Europäischen Union nicht die Grenzen schließen, wie es einige jetzt fordern. “Menschen, die zu uns kommen, haben das Recht auf einen Zugang zu einem fairen und rechtsstaatlichen Asylverfahren. Wer das infrage stellt, greift unsere rechtsstaatlichen Prinzipien an“, so Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von PRO ASYL.
Die Kommunen stehen nicht erst seit der Fluchtbewegung aus der Ukraine bei der Aufnahme, Unterbringung und Integration von Geflüchteten vor vielfältigen Herausforderungen. Das letzte Jahr aber hat gezeigt, was alles möglich ist: Viele Kommunen haben mit kreativen und pragmatischen Wegen Beeindruckendes geleistet und zusammen mit einer engagierten Zivilgesellschaft und der Unterstützung durch die in Deutschland lebende ukrainische Community die Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine zu einem Erfolgsmodell gemacht.
Nachhaltige Unterbringungslösungen entwickeln
Der Blick muss sich nun darauf richten, Maßnahmen zur dauerhaften Integration zu entwickeln. Dazu gehört ein schneller Auszug aus den Erstaufnahmeeinrichtungen und Ankerzentren. Je länger die Menschen isoliert werden, desto schwieriger wird es ihnen gemacht, ein Leben auf eigenen Beinen aufzubauen. PRO ASYL fordert daher, die pragmatischen Regelungen bei der freien Wohnortwahl, die für ukrainische Geflüchtete angewandt wurden, auf alle Geflüchtete auszuweiten: Jede Person, die eine Wohnmöglichkeit außerhalb der Gemeinschaftsunterkünfte und Erstaufnahmeeinrichtungen hat, soll sie in Anspruch nehmen können, ohne dass bürokratische Hürden wie Wohnsitzauflagen oder die Wohnpflicht dies verhindern.
“Die Aufnahme und das Ankommen der Menschen aus der Ukraine hat nur gut funktioniert, weil es der Zivilgesellschaft und der ukrainischen Community ermöglicht wurde, Schutzsuchende bei sich aufzunehmen und sie im Alltag zu unterstützen. Dies sollte auch Menschen aus anderen Herkunftsländern ermöglicht werden, damit ihnen Familien und Freund*innen aus ihren Communitys ebenso helfen können. Nur so entlasten wir die Kapazitäten in den Unterkünften dauerhaft“, stellt Alaows fest.
Auch der unmittelbare Zugang zu Sprachkursen, Arbeit und Sozialleistungen hat dazu beigetragen, dass Ukrainer*innen sich schnell in den deutschen Arbeitsmarkt integrieren konnten. Dies sollte anderen Geflüchtete ebenso ermöglicht werden. Zudem fordert PRO ASYL die Bundesregierung auf, dass sich die finanzielle Unterstützung der Kommunen an der Zahl der aufgenommenen Schutzsuchenden orientiert und nicht in einer einmaligen Summe erfolgt.
Keine Flüchtlinge erster und zweiter Klasse
Die Rechte der nicht-ukrainischen Geflüchteten dürfen nicht infrage gestellt und Geflüchtete dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Die Aufnahme bedrohter Menschen, wie zum Beispiel Afghan*innen, die in Afghanistan gemeinsam mit westlichen Staaten für Demokratie und Freiheit eingetreten sind, muss weitergehen. Dazu gehört neben dem Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan auch die Fortführung von Resettlement- und Landesaufnahmeprogrammen für schutzbedürftige Menschen. Alaows stellt fest: „Wir können nur solidarisch handeln, indem wir unsere Verantwortung für alle Menschen, unabhängig von Herkunft oder Religion, gerecht werden. Jegliche Unterscheidung von schutzsuchenden Menschen in zwei Klassen ist inakzeptabel.“
Kommunalgipfel mit fragwürdiger Botschaft
PRO ASYL ruft mit Blick auf den CDU-initiierten Kommunalgipfel am 30. März dazu auf, bei der aktuellen Diskussion über die Asyl- und Flüchtlingspolitik auf Humanität und die Einhaltung elementarer Menschenrechte zu achten. „Eine diskriminierende Debatte anzustoßen, die Angst schürt und sich gegen die Aufnahme von Flüchtlingen richtet, vergiftet das gesellschaftliche Klima und fördert rassistische Haltungen“, warnt Alaows.
Pressemitteilung von Pro Asyl und Flüchtlingsräten vom 31.03.2023
Verantwortung übernehmen, statt sie an die Außengrenzen zu schieben
PRO ASYL und Flüchtlingsräte sind entsetzt über die aggressive Debatte rund um den gestrigen CDU-Flüchtlingsgipfel, zu dem CDU-Chef Merz rund 700 Bürgermeister:innen und Landrät:innen eingeladen hatte. Thema war die Unterbringung geflüchteter Menschen in den Kommunen.
„Die Aussagen der CDU sind weit weg von echten Lösungen: Jedoch torpedieren und diskreditieren sie die tägliche Arbeit und Bemühungen tausender engagierter Menschen und Kommunen,“ so Laura Müller vom Flüchtlingsrat Niedersachsen „Genau jetzt muss Solidarität mit Schutzsuchenden und keine weitere gesellschaftliche Spaltung erfolgen,“ so Müller weiter.
Was wir wirklich brauchen, ist eine vorausschauende Planung für bezahlbaren Wohnraum für alle Menschen. Die Debatte auf Geflüchtete zu reduzieren, Abschiebungen und europäische Abschottungspolitik als Lösungen zu präsentieren, ist politische Stimmungsmache gegen das Grundrecht auf Schutz.
Die Union macht sich mit dieser Debatte mitverantwortlich für Gewalt gegen geflüchtete Menschen und fördert sie gar.
Der Zugang zum Recht auf Asyl ist einer der Grundpfeiler unserer Rechtstaatlichkeit. Obergrenzen für Schutzsuchende oder sogenannte außereuropäische Aufnahmezentren sind Einschnitte in die Menschenrechte und inakzeptabel.
„Es geht um real existierende Menschen, die akut in Gefahr sind oder vor Gewalt fliehen, mehr als zwei Drittel der Asylsuchenden[1] erhielten in 2022 Schutz in Deutschland,“ so Tareq Alaows von PRO ASYL.
Wir fordern ein sofortiges Ende dieser rassistischen Debattenführung, befeuert durch die CDU. Es braucht stattdessen strukturelle und ernstgemeinte Lösungen, z.B. die Erlaubnis für alle geflüchtete Menschen, aus Sammelunterkünften auszuziehen, wie es bereits in Berlin der Fall ist.
Unterzeichnende:
PRO ASYL, Flüchtlingsrat Baden-Württemberg, Bayrischer Flüchtlingsrat, Flüchtlingsrat Berlin, Flüchtlingsrat Brandenburg, Flüchtlingsrat Bremen, Flüchtlingsrat Hamburg, Hessischer Flüchtlingsrat, Flüchtlingsrat Mecklenburg-Vorpommern, Flüchtlingsrat Niedersachsen, Flüchtlingsrat Rheinland-Pfalz, Sächsischer Flüchtlingsrat, Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt, Flüchtlingsrat Thüringen
[1] https://www.migazin.de/2023/03/05/von-illegal-asyl-schutzquote-rekordniveau/
Flüchtlingsgipfel der Union: „Die Luft brennt“
BERLIN taz | Die Diagnosen sind dramatisch: „Die Luft brennt“, sagt einer. „Das Land treibt auseinander“, ein anderer, „die Stimmung kippt.“ Oder: „Wir schaffen das nicht mehr“. Die eingeladenen Lokalpolitiker*innen sparen beim Flüchtlingsgipfel der Unionsfraktion nicht mit Katastrophen-Rhetorik. Sie fürchten, die hohen Belastungen durch Aufnahme und Versorgung von Geflüchteten könnten die Gesellschaft überfordern.
CDU und CSU präsentieren das Gipfeltreffen am Donnerstagabend als Versuch, solche Horrorszenarien abzuwenden. „Ohne Parteipolitik“, wie CDU-Chef Friedrich Merz immer wieder betont. Trotz solcher Beteuerungen ist klar, dass der Union die Situation nicht ungelegen kommt. Der Unterton an diesem Abend: Die Ampelparteien SPD, Grüne und FDP seien verantwortlich für die Probleme bei Flüchtlingsaufnahme und Unterbringung.
Tatsächlich scheint die Bundesregierung dem Thema bisher keine allzu große Bedeutung beizumessen. Fast 200.000 Asylanträge gab es letztes Jahr, dazu kamen noch einmal bis zu einer Million Geflüchtete aus der Ukraine. Viele Kommunen sind an der Belastungsgrenze. Zwar gab es zwei offizielle Flüchtlingsgipfel mit Bundesinnnenministerin Nancy Faeser (SPD) – einmal im Oktober und einmal im Februar – nur kam bei denen nicht viel heraus. Kein zusätzliches Geld für die Versorgung der Geflüchteten, keine Strukturreform bei der Aufnahme. Die Kommunen ächzen unter der Belastung weiter. Das greift die Union nun auf.
Dabei zeigt sich am Donnerstagabend aber schnell, dass der Einladung von CDU und CSU hauptsächlich deren eigene Lokalpolitiker*innen nachgekommen sind. Fast alle Wortmeldungen sind von Männern. Fast alle stammen sie aus dem ländlichen Raum. Ein Bürgermeister aus dem Chiemgau lädt alle Anwesenden im breiten bayerischen Dialekt zum Urlaub in seinen Kreis ein.
Bundespolitiker*innen erstaunlich leise
Die meisten, die sich zu Wort melden, fordern vor allem schnellere Abschiebungen. Teils kippt das ins Ressentiments ab. Eine Landrätin aus der Uckermark spricht über Kriminalität von „tschetschenischen Familien“ in ihrem Kreis. Ein Bürgermeister aus dem Erzgebirge raunt, für die Renovierung von Kitas sei kein Geld da, während für Flüchtlinge extra Buslinien eingerichtet werden müssten.
Aber es gibt auch Wortmeldungen, die ohne rassistische Untertöne auskommen. Ein Landrat aus Hessen beklagt: „Es fehlt der Wohnraum, das Personal, die Erzieher und Lehrer.“ Und eine Bürgermeisterin aus Brandenburg wünscht sich vor allem bessere Kommunikation durch Landes- und Bundesbehörden. Mehr Geld und Unterstützung durch den Bund wollen sowieso alle, die sprechen.
Prominente Bundes- und Landespolitiker*innen der Union spielen an diesem Abend nur eine kleine Rolle. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt darf kurz sein Mantra für besseren Schutz der Außengrenzen wiederholen. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer spricht sich während einer knappen Podiumsdiskussion dafür aus, Fluchtursachen in den Herkunftsländern entschiedener zu bekämpfen.
Auch CDU-Chef Friedrich Merz hält sich kurz. „Bestärkt“ fühle er sich, sagt er am Ende des Abends. Man wolle nun „lösungsorientiert“ weiterarbeiten. Was genau das heißen soll, sagt er nicht. Und auch wie die Union als Opposition im Bundestag überhaupt etwas für die Kommunen tun will, lässt Merz offen.
Offizielle Beratungen erst im Mai
Grüne, Linke und Zivilgesellschaft hatten schon im Vorfeld der Veranstaltung kritisiert, dass die Union das Flüchtlingsthema für Stimmungsmache nutze, ohne zu Lösungen beizutragen. Filiz Polat, Migrationsexpertin der Grünen im Bundestag, sagte der taz am Donnerstag: „Zur Belastungsprobe in der Flüchtlingspolitik wird immer mehr die Union. Deren Dauerforderungen nach mehr Abschiebungen vergiften die Debatte auf Kosten Geflüchteter.“ Polat fordert: „Es braucht auch Flexibilität: So sollte endlich die Wohnverpflichtung in den Erstaufnahmeeinrichtungen fallen.“ Dadurch könnten die Kommunen deutlich entlastet werden.
Die fluchtpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Clara Bünger, sagte: „Statt die Situation der Kommunen zu nutzen, um Hass gegen Schutzsuchende zu schüren, sollten sich FDP und Union lieber mit echten Lösungen auseinandersetzen.“ Eine Möglichkeit wäre es etwa, allen Flüchtlingen zu erlauben, außerhalb der Sammelunterkünfte nach eigenen Wohnungen zu suchen.
Auch Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von ProAsyl, sagte der taz: „Flüchtlinge müssen alternative Wohnmöglichkeiten nutzen dürfen.“ Die „vorgefertigten Positionen“ der Union seien „Stimmungsmache gegen Flüchtlinge“. Und Nini Delamond vom Bündnis Seebrücke sagte: „Die Kommunen sind nicht überfordert, weil Menschen fliehen müssen. Die Kommunen sind überfordert, weil seit Jahren unsere soziale Infrastruktur kaputtgespart wurde.“
Das Bundesinnenministerium wollte die Unions-Veranstaltung am Donnerstag nicht kommentieren. Man äußere sich grundsätzlich nicht zu Initiativen von Parteien, teilte ein Sprecher mit. Die Bundesregierung will am 10. Mai wieder zu einem offiziellen Gipfeltreffen mit den Kommunen zusammenkommen, um über die Situation der Geflüchteten zu beraten.
RND Flüchtlingsgipfel der Union
Die Kommunen schreien um Hilfe – und Merz bietet die Plattform
Die CDU hat genug davon, wie die Bundesregierung mit den Migrationsherausforderungen umgeht. Nun hat Friedrich Merz kurzerhand selber den von den Kommunen geforderten Migrationsgipfel veranstaltet. Zahlreiche Landräte verschiedener Parteien sind der Einladung gefolgt.
In den Kommunen hat sich einiges angestaut. „Wir fühlen uns alleingelassen“, sagt Landrat Achim Brötel aus dem Neckar-Odenwald-Kreis. Der Landrat aus Upahl, Tino Schomann, fordert mit Blick auf schleppend ablaufende Abschiebungen: „Irgendwann ist auch mal gut!“ Ein anderer warnt: „Die Stimmung in der Bevölkerung ist am Kippen.“
Bei dem Kommunalgipfel der CDU sind 200 Oberbürgermeister und Landräte aus ganz Deutschland gekommen – 100 von der Union und 100 von anderen Parteien oder Parteilose. Unter Letzteren ist Wiebke Şahin-Schwarzweller, FDP‑Politikerin und Bürgermeisterin von Zossen in Brandenburg. „Ich wünsche mir von der Bundesregierung, einmal vor die Lage zu kommen“, fordert sie. Sozialdemokraten sind ebenfalls vor Ort, etwa der Bürgermeister von Gernsbach in Baden-Württemberg, Julian Christ. Er sei nicht einverstanden mit dem Kurs der Bundesregierung. „Es muss dringend etwas passieren!“
Kommunen sind verzweifelt
Bei der Veranstaltung mischt sich Ärger mit Wut und Verzweiflung. Den Kommunen steht das Wasser bis zum Hals. Seit Monaten senden sie Hilfeschreie, weil die Kapazitäten für die Flüchtlingsunterbringung nahezu ausgereizt sind. Länder, Städte sowie Gemeinden dringen auf einen Flüchtlingsgipfel mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Doch der hat keine Eile, setzt ein Treffen auf den 10. Mai, obwohl ein Treffen um Ostern versprochen wurde.
CDU-Chef Friedrich Merz nutzt das aus – und veranstaltet den Gipfel einfach selbst. Eingeladen waren eigentlich 700 Kommunalpolitiker. Der Gipfel sei recht kurzfristig etwa vor drei Wochen geplant worden, weswegen viele Oberbürgermeister nicht kommen konnten, heißt es in der CDU. Doch bei denen, die der Einladung gefolgt sind, wird klar, wie groß der Frust ist. Es geht um fehlenden Wohnraum, knappe Haushaltsmittel und komplizierte Bürokratie.
Viel ausrichten kann Merz bei diesen Problemen natürlich nicht. Zwar sagt der Oppositionsführer, er wolle nach Lösungen suchen. Umsetzen kann der CDU‑Politiker die aber nicht. Er ist ja nicht Teil der Regierung. Der Gipfel ist naturgemäß einer ohne Beschlüsse und ohne Zusagen. Der Bundesregierung bietet Merz aber die Zusammenarbeit an. Er wolle „eine gemeinsame Lösung“ erreichen. Dass die Macht von Merz begrenzt ist, ist auch den Oberbürgermeistern klar.
Der Druck auf den Kanzler aber steigt, genauso wie der Puls mancher Landräte. Der Kommunalpolitiker Achim Brötel kritisiert, bei dem vergangenen Flüchtlingsgipfel mit Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sei Kanzler Scholz nicht dabei gewesen. Er habe eine Bäckerei besucht. „Das war mein persönlicher Gipfel.“
Merz: Ampel ignoriert die Hilferufe
Auch Sicht von Unionsfraktionschef Merz und seinem Stellvertreter, CSU‑Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, ignoriert die Ampel die Hilferufe der Kommunen. Dafür haben sie auch Beweise mitgebracht. Dobrindt hat bei der Bundesregierung offiziell erfragt, wie viele Briefe der Kommunen wegen der schwierigen Flüchtlingssituation im Kanzleramt angekommen sind. Das Antwortschreiben liegt dem RND vor. Demnach hat Scholz seit dem 1. September 2022 insgesamt 24 Briefe erhalten und bisher nur vier beantwortet.
Dobrindt macht gegenüber den Bürgermeistern noch einmal die Forderungen der Fraktion klar. Es brauche ein gemeinsames Asylsystem, finanzielle Hilfe, Unterstützung bei Unterbringung und Sozialarbeit, Rückführungsabkommen mit anderen Ländern und den Schutz der Außengrenzen. „Wer auch zukünftig auf Binnengrenzen verzichten will, der muss die Außengrenzen schützen“, mahnt der CSU‑Politiker.
(CSU) und der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU). Auch der CDU‑Ministerpräsident, Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer, ist der Einladung gefolgt. „Wir müssen zu Potte kommen“, warnt er und pocht unter anderem auf eine Begrenzung des Zustroms. „Der 10. Mai ist zu spät in Anbetracht der Situation.“ Es sei jetzt schnell eine Lösung nötig.
Für die Union ist das Migrationsthema ein sensibles. 2018 hatte der Streit um den Flüchtlingskurs fast zu einer Fraktionsspaltung geführt. Auch heute sorgt das Thema für Auseinandersetzungen insbesondere innerhalb der CDU. Dass man die Migrationherausforderungen ansprechen muss, ohne der AfD Aufwind zu geben, darüber stimmt man aber überein. Darauf wollen CDU und CSU mit Blick auf die Landtagswahlen in diesem Jahr besonders achten.
Merz beendet den Gipfel wohl auch deswegen mit einem Appell: „An dieser Stelle sollten wir versuchen, so geschlossen wie möglich, aus der politischen Mitte heraus, ein Problem zu lösen, das gerade diese politische Mitte in Deutschland gefährdet.“ Und er drängt die Bundesregierung zu mehr Tempo: „Zeit ist jetzt der kritischste Faktor.“