25.02.2024 "Sehr positiv" beurteilt Markus Söder das Abkommen zwischen Italien und Albanien, das durch die Zustimmung des albanischen Parlaments jetzt perfekt gemacht wurde, und "Sehr positiv" beurteilt Markus Söder das Abkommen zwischen Italien und Albanien, das durch die Zustimmung des albanischen Parlaments jetzt perfekt gemacht wurde, und „deutlich überzeugender [ist] als Ruanda“. Meloni, inzwischen längst akzeptierte Gesprächspartnerin der EU-Kommission und der europäischen Regierungen, preist es als Blaupause für Europa: „Tatsächlich glaube ich, dass es zu einem Modell für die Zusammenarbeit zwischen EU-Ländern und Nicht-EU-Ländern bei der Steuerung der Migrationsströme werden kann.“
Wir zitieren einen Beitrag aus dem Handelsblatt vom 22.02.2024, zunächst mit einigen markanten Aussagen und dann insgesamt:
- Auf albanischem Boden sollen ein Aufnahmezentrum und ein Flüchtlingslager für bis zu 3000 Migranten entstehen. Die Kosten für Bau und Personal übernimmt Italien. Die italienische Küstenwache soll künftig alle volljährigen Männer, die sie aus internationalen Gewässern rettet, nicht mehr ans italienische Festland bringen, sondern direkt nach Albanien, in den Hafen von Shëngjin.
- Italien will, dass die Zentren italienischer Gerichtsbarkeit unterworfen sind. Dafür müssten die Lager wohl als diplomatische Vertretungen oder Militärbasen eingestuft werden. Zudem ist unklar, wer die Transporte der Geflüchteten zwischen dem Erstaufnahmezentrum im Hafen und dem anderen Lager auf einem alten Luftwaffenstützpunkt in Gjadër organisieren soll, wo die Menschen auf ihre Abschiebung warten müssen.
- „Wenn die Rückführung aus den Zentren nicht funktioniert, wird auch das Abkommen vermutlich scheitern“ Daniel Thym, Leiter des Forschungszentrums Ausländer- und Asylrecht an der Uni Konstanz, und
- Sollte der Aufenthalt in den geschlossenen Zentren faktisch eine Haft sein, könnte das „menschenrechtlich problematisch sein“.
- Meloni rief den Albanien-Deal direkt als Blaupause aus. „Tatsächlich glaube ich, dass es zu einem Modell für die Zusammenarbeit zwischen EU-Ländern und Nicht-EU-Ländern bei der Steuerung der Migrationsströme werden kann“, erklärte die Regierungschefin. Die CSU liebäugelt schon mit einem ähnlichen Abkommen. Mitte Januar lud die CSU-Landtagsfraktion Albaniens Premier Rama zu ihrer Klausurtagung ein.
- CSU-Chef Markus Söder nannte den Vorstoß zwischen Italien und Albanien „sehr positiv“, räumte aber auch ein, dass man erst mal sehen müsse, „wie das in der Praxis funktioniert“. Er finde das Modell „deutlich überzeugender als Ruanda“, erklärte Söder und meinte damit das Abkommen, das Großbritannien derzeit mit dem afrikanischen Staat vorantreibt. Premier Rishi Sunak will irregulär eingereiste Migranten künftig nach Ruanda schicken – ohne den Asylantrag zu prüfen und unabhängig von der Herkunft der Menschen.
Vorbild für Europa? Italiens Flüchtlings-Deal mit Albanien
Das albanische Parlament hat dem umstrittenen Abkommen mit Italien zugestimmt. Roms rechte Regierungschefin Meloni erhofft sich weniger Migration und schnellere Abschiebungen.
Es war ein Überraschungsdeal, den Italiens rechte Regierungschefin Giorgia Meloni und ihr albanischer Amtskollege Edi Rama im November 2023 unterschieben hatten: Rom will künftig Flüchtlinge nach Albanien bringen – und dort über ihre Asylanträge entscheiden, jenseits der EU-Außengrenzen.
Das italienische Parlament hatte dem Abkommen bereits zugestimmt, nun haben an diesem Donnerstag auch die Parlamentarier in der albanischen Hauptstadt Tirana den Deal abgesegnet. Das Abkommen schafft einen Präzedenzfall in der Europäischen Union – und weckt schon bei der CSU Hoffnung auf eine Lösung der Migrationsfrage.
1. Was genau plant Italien?
Auf albanischem Boden sollen ein Aufnahmezentrum und ein Flüchtlingslager für bis zu 3000 Migranten entstehen. Die Kosten für Bau und Personal übernimmt Italien. Die italienische Küstenwache soll künftig alle volljährigen Männer, die sie aus internationalen Gewässern rettet, nicht mehr ans italienische Festland bringen, sondern direkt nach Albanien, in den Hafen von Shëngjin. Vor Ort sollen die Personalien der Menschen aufgenommen und ihre Asylanträge überprüft werden. Nach dem Willen Melonis soll das alles innerhalb von 30 Tagen geschehen. Bei einem positiven Asylbescheid werden die Männer nach Italien gebracht, bei einem negativen sollen sie von Albanien aus in ihre Ursprungsländer abgeschoben werden.
2. Ist der Deal rechtlich haltbar?
Menschenrechtsorganisationen kritisieren das Abkommen: Es verstoße gegen Völkerrecht und EU-Regeln. Die italienische Opposition verglich die Lager schon mit Guantanamo auf Kuba, wo die USA Terrorverdächtige gefangen halten. Die EU-Kommission war vorab nicht eingebunden – und will überwachen, ob alles EU-konform verläuft. „Das Völkerrecht gibt keine Garantie, dass das Asylverfahren an einem bestimmten Ort stattfindet“, erklärt Daniel Thym, der das Forschungszentrum Ausländer- und Asylrecht an der Uni Konstanz leitet. Es gebe zwar ein Recht auf Schutz, nicht aber „an einem bestimmten Ort oder in einem bestimmten Land“.
An sich sei die Vereinbarung daher kein Problem, betont der Jurist. Die Meloni-Regierung nutze ein juristisches Schlupfloch aus: Auf hoher See würden nur die Menschenrechte gelten, aber nicht die Asylrichtlinien der EU. „Diese gelten erst, wenn jemand an Land ist oder in den italienischen Territorialgewässern aufgegriffen wird“, betont Thym. Italien wäre demnach nicht verpflichtet, in Albanien die Einzelheiten des EU-Asylrechts anzuwenden.
3. Wird Italien die Migranten in Haft nehmen?
Auch vier Monate nach der Unterzeichnung gibt es noch viele Unklarheiten. Italien will, dass die Zentren italienischer Gerichtsbarkeit unterworfen sind. Dafür müssten die Lager wohl als diplomatische Vertretungen oder Militärbasen eingestuft werden. Zudem ist unklar, wer die Transporte der Geflüchteten zwischen dem Erstaufnahmezentrum im Hafen und dem anderen Lager auf einem alten Luftwaffenstützpunkt in Gjadër organisieren soll, wo die Menschen auf ihre Abschiebung warten müssen. Für Asylrechtler Thym kommt es auf die Einzelheiten an. Sollte der Aufenthalt in den geschlossenen Zentren faktisch eine Haft sein, könnte das „menschenrechtlich problematisch sein“.
4. Wie funktionieren die Abschiebungen?
Albanien hat bis dato keine Rückführungsabkommen mit Ländern in Afrika oder Asien. Für Rechtsexperte Thym ist das eine der zentralen Fragen, die die italienische Regierung beantworten müsse. „Wenn die Rückführung aus den Zentren nicht funktioniert, wird auch das Abkommen vermutlich scheitern“, glaubt er. Allerdings könnten solche Maßnahmen auch „eine gewisse Abschreckungswirkung haben“, weniger Menschen könnten sich dadurch auf den Weg machen. Thym bezweifelt aber, dass die 3000 Plätze reichen werden. „So viele Personen kommen teilweise an einem Wochenende in Süditalien an.“ Die Abschreckungswirkung könnte schnell wieder verpuffen, wenn die Zentren voll seien und wieder alle Flüchtlinge nach Italien gebracht werden müssten.
5. Könnte das Abkommen ein Vorbild sein?
Meloni rief den Albanien-Deal direkt als Blaupause aus. „Tatsächlich glaube ich, dass es zu einem Modell für die Zusammenarbeit zwischen EU-Ländern und Nicht-EU-Ländern bei der Steuerung der Migrationsströme werden kann“, erklärte die Regierungschefin. Die CSU liebäugelt schon mit einem ähnlichen Abkommen. Mitte Januar lud die CSU-Landtagsfraktion Albaniens Premier Rama zu ihrer Klausurtagung ein.
CSU-Chef Markus Söder nannte den Vorstoß zwischen Italien und Albanien „sehr positiv“, räumte aber auch ein, dass man erst mal sehen müsse, „wie das in der Praxis funktioniert“. Er finde das Modell „deutlich überzeugender als Ruanda“, erklärte Söder und meinte damit das Abkommen, das Großbritannien derzeit mit dem afrikanischen Staat vorantreibt. Premier Rishi Sunak will irregulär eingereiste Migranten künftig nach Ruanda schicken – ohne den Asylantrag zu prüfen und unabhängig von der Herkunft der Menschen.
6. Erhält Albanien eine Gegenleistung?
Laut italienischen Medienberichten soll der zunächst auf fünf Jahre befristete Betrieb der Flüchtlingslager rund 650 Millionen Euro kosten. Offiziell gibt es keine Gegenleistung für Albanien, es soll kein Geld fließen. Politikbeobachter in Rom vermuten, dass Meloni ihren albanischen Kollegen aber im Gegenzug beim EU-Beitrittsverfahren unterstützen könnte. Seit 2014 ist das Balkanland offiziell Beitrittskandidat, 2022 begannen die Verhandlungen.
Für Meloni war die Migrationsfrage schon im Wahlkampf eines ihrer größten Anliegen. Sie versprach, die Zahl der illegalen Flüchtlinge drastisch zu senken. Stattdessen sind die Zahlen in ihrem ersten Jahr an der Macht aber deutlich gestiegen: Knapp 158.000 Flüchtlinge machten sich 2023 laut Zahlen des Innenministeriums auf den Weg nach Italien, ein Jahr zuvor waren es noch rund 105.000.