28.10.2022 Da war wieder einmal ein Gerichtsurteil nötig, damit es endlich vorangeht mit dem Familiennachzug. Wie jetzt durch die Beantwortung einer Anfrage der Linksfraktion bekannt wurde, hat die Bundesregierung die Verwaltungspraxis zugunsten von Geflüchteten geändert und das Auswärtige Amt die Auslandsvertretungen angewiesen, bisher ruhend gestellte Anträge Minderjähriger auf Elternnachzug „prioritär“ abzuarbeiten.
Wir zitieren Migazin und Tagesschau vom 26.10.2022:
Nach EuGH-Entscheidung Regierung ändert Verwaltungspraxis zum Familiennachzug zu Geflüchteten
Nach dem EuGH-Urteil hat die Bundesregierung die Verwaltungspraxis zugunsten von Geflüchteten geändert. Eltern sollen zu jungen Erwachsenen auch dann nachziehen können, wenn sie nach Antragstellung volljährig geworden sind. Die Linke begrüßt den Schritt.
Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Elternnachzug zu Geflüchteten hat das Auswärtige die Auslandsvertretungen angewiesen, bisher ruhend gestellte Anträge „prioritär“ abzuarbeiten. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor, über die die Zeitungen der Funke-Mediengruppe zuerst berichteten.
Luxemburger Richter hatten Anfang August einem Geflüchteten Recht zugesprochen, dem der Nachzug von Angehörigen durch deutsche Behörden verwehrt worden war. Begründung: Er sei bei der Antragsstellung zwar minderjährig gewesen, sei im Laufe des Verfahrens jedoch 18 Jahre alt geworden. Als Volljähriger stehe ihm das Recht den Nachzug seiner Familie nicht zu.
Wie die Regierung jetzt mitteilt, sollen Auslandsvertretungen Kinder künftig als minderjährig ansehen, „wenn es nach Stellung des Asylantrages, aber vor Stellung des Visumantrags volljährig geworden“ und „der Visumantrag innerhalb von drei Monaten nach Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft gestellt worden ist“. Wie aus der Antwort außerdem hervorgeht, sollen Visumanträge von Minderjährigen, bei denen das Kind zum Entscheidungszeitpunkt noch minderjährig ist, aber bald volljährig sein wird, „prioritär behandelt werden“.
Rund 600 Verfahren anhängig
Wie die Regierung weiter mitteilt, sind rund 330 Verwaltungsverfahren anhängig, die in den Anwendungsbereich der neuen Verwaltungspraxis fallen. Überdies seien rund 250 Verfahren bei der Justiz anhängig. Um die Bearbeitung des Familiennachzugs auszuweiten, werde derzeit im Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten ein eigenes Referat eingerichtet.
Clara Bünger, fluchtpolitische Sprecherin der Linken, begrüßt die Schritte der Regierung in den Funke-Zeitungen. Sie kritisiert allerdings auch den bereits angerichteten Schaden durch „die jahrelange Verweigerungshaltung der Bundesregierung“. „Schutzbedürftige unbegleitete Flüchtlingskinder wurden von ihren Eltern rechtswidrig über Jahre hinweg getrennt, Eltern wurde der Nachzug ihrer Kinder verwehrt“, so die Linkspolitikerin. (mig)
Nach EuGH-Urteilen Bundesregierung will Familiennachzug erleichtern
Stand: 26.10.2022 11:57 Uhr
Deutschland hat auf den Druck des Europäischen Gerichtshofs reagiert: Anträge auf Familienzusammenführung sollen laut Berichten schneller bearbeitet werden. Behörden sind angewiesen, Visumsanträge von Jugendlichen schneller zu behandeln.
Die Bundesregierung will den Nachzug von Kindern, Jugendlichen und Eltern auf der Flucht erleichtert. Damit sollen die Vorgaben mehrerer Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Familienzusammenführung "möglichst schnell" umgesetzt werden.
Das Auswärtige Amt habe seine Auslandsvertretungen Anfang September angewiesen, "bislang ruhendgestellte Anträge zum Elternnachzug im Rahmen des Möglichen prioritär abzuarbeiten", heißt es in einer Antwort der Bundesregierung auf Anfrage der Linksfraktion. So solle die "ohnehin lange Bearbeitungszeit" nicht noch weiter verlängert werden. Darüber berichteten zuerst die Zeitungen der Funke-Mediengruppe, der Text liegt auch der Nachrichtenagentur dpa vor.
Bearbeitung soll ausgeweitet werden
Es werde "derzeit ein eigenes Referat zum Familiennachzug" im Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten (BfAA) eingerichtet, "um die Bearbeitung des Familiennachzugs zu Schutzberechtigten auszuweiten", hieß es weiter.
Anfang August hatte der EuGH die Praxis der deutschen Behörden bei der Familienzusammenführung als rechtswidrig kritisiert. Demnach dürfen minderjährige unbegleitete Geflüchtete unter bestimmten Voraussetzungen ihre Familien auch dann nach Deutschland nachholen, wenn sie während des Verfahrens volljährig werden. Dasselbe gilt für volljährig gewordene Kinder oder Jugendliche, die zu ihren als Flüchtlinge anerkannten Eltern in Deutschland nachziehen möchten.
In nun durch das Gericht "eindeutig" geklärten Fällen wolle das Außenamt "die bisher streitigen Visa erteilen". An den Auslandsvertretungen seien rund 330 Verwaltungsverfahren anhängig, für deren Ausgang die Rechtssprechung relevant sei. "Dasselbe gilt für weitere rund 250 Streitverfahren, die bei der Justiz anhängig sind." Zu "noch bestehenden Rechtsfragen über die Auslegung und Umsetzung der EuGH-Entscheidungen" befinde sich die Bundesregierung "aktuell noch im Austausch".