NRW: Abbau der Kapazität von Landesaufnahmeeinrichtungen / Aktuelles

31.10.2025 Auf Grund zurückgehender Zahlen von Asylgesuchen werden die Aufnahmekapazitäten des Landes in den 53 Unterbringungseinrichtungen seit einem Jahr nicht mehr voll ausgeschöpft. Die Auslastung auf EAE-Ebene beträgt derzeit 19 % und auf Ebene der ZUE/NU 44 %., berichtete das Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration (MKJFGFI). In Reaktion auf diese Entwicklung werden die Kapazitäten in den Landesaufnahmeeinrichtungen auf 35.000 Plätze abgebaut. Davon sollen 28.000 aktiv genutzt und 7.000 als Reserveplätze vorgehalten werden, um bei neuen Fluchtbewegungen schnell reagieren zu können.

Die EAE in der ehemaligen Ermekeilkaserne sollte ohnehin geschlossen werden. Der Mietvertrag mit dem Eigentümer BImA (BundesImmobilien), der seit 2019 immer wieder verlängert wurde, endet planmäßig am 13. Dezember 2025. Die Kapazität der zweiten Landeseinrichtung im Bonner Stadtgebiet, der ZUE Bad Godesberg, war zuletzt deutlich erhöht worden.

 

Wir zitieren aus dem Schnellinfo 10 des Flüchtlingsrates NRW vom 31.10.2025:

  • NRW reduziert Aufnahmekapazitäten auf Landesebene

Laut einem Bericht des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration (MKJFGFI) vom 24.10.2024 zur Kapazitätenplanung für das Landesaufnahmesystem für
Asylsuchende zur Sitzung des Integrationsausschusses am 29.10.2025 baut NRW wegen sinkender Asylzahlen seine Kapazitäten in den Landesaufnahmeeinrichtungen auf 35.000 Plätze ab. Davon sollen 28.000 aktiv genutzt und 7.000 als Reserveplätze vorgehalten werden, um bei neuen
Fluchtbewegungen schnell reagieren zu können.
Wie dem Protokoll der 44. Sitzung des Integrationsausschusses vom 01.10.2025 (ab Seite 10) zu
entnehmen ist, sollen Flüchtlingsministerin Josefine Paul zufolge diese Reserveplätze in Absprache
mit den Kommunen als Stand-by-Kapazitäten in aktiven Landesunterbringungseinrichtungen geschaffen werden und nicht in einer separate „Stand-by-Einrichtung“, da es kompliziert sei diese 
bei Bedarf hochzufahren. Laut dem Bericht zur Kapazitätenplanung des MKJFGFI ist die Zahl der 
Asylsuchenden in NRW von 24.079 Personen im Zeitraum Januar bis Juli 2024 um 44 % auf 13.482
Personen im gleichen Zeitraum 2025 zurückgegangen. Zugleich zeige sich eine geringe Auslastung
der 53 Unterbringungseinrichtungen: So habe mit Stand 23.09.2025 die Auslastung der Erstaufnah-
meeinrichtung 19 % und die der Zentralen Unterbringungseinrichtungen / Notunterkünfte 44 %
betragen.

Aus dem Bericht zitiert:

...Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine und hoher Zugangszahlen von Asylsuchenden hat die Landesregierung zur Steuerung der Zugänge und der Entlastung der Kommunen die Kapazitäten kontinuierlich ausgebaut, um die Kommunen zu unterstützen und entlasten. Aktuell verfügt das System über 34.040 aktive Plätze.

Es zeigt sich aber, dass das Migrationsgeschehen immer wieder Schwankungen unterliegt. Schon im vergangenen Jahr waren die Zugangszahlen deutlich rückläufig. Die
Landesregierung hat diese Entwicklung genaustens beobachtet. In diesem Jahr hat sich die stark rückläufige Entwicklung weiter fortgesetzt: Die Zugänge von Asylsuchenden nach Nordrhein-Westfalen fallen seit Monaten moderat aus. Waren im Zeitraum Januar bis Juli 2024 noch 24.079 Asylsuchende erfasst, zählte man im gleichen Zeitraum 2025 13.482 Personen. Dies entspricht einem Rückgang von 44 %. Zugleich zeigte sich eine geringe Auslastung der Landeseinrichtungen. Mit Stand 23. September 2025 betrug die Auslastung auf EAE-Ebene derzeit 19 % und auf Ebene der ZUE/NU 44 %.

... Insgesamt stehen damit dauerhaft 35.000 Plätze zur Verfügung, von denen 28.000 Plätze aktiv und 7.000 als Standby-Plätze vorgehalten werden. Letztere können jederzeit in kurzer Zeit „aktiv“ gestellt und genutzt werden.

Damit steht ein dauerhaft gut ausgebautes System zur Verfügung. Das Land setzt darüber hinaus die bundesgesetzlich verankerten Instrumente der Wohnverpflichtung um,
so dass Kommunen weiter entlastet werden...

In seinem Newsletter November - 2025 fasst der Flüchtlingsrat NRW zusammen:

  • Aktuelles zu Landesaufnahmeeinrichtungen in NRW

Nachdem ein Gesetzentwurf der FDP vom 10.12.2024 zur Änderung von § 47 Absatz 1b des Asylgesetzes, der vorsah, dass Schutzsuchende, deren Asylantrag noch nicht beschieden ist oder als offensichtlich unbegründet bzw. unzulässig abgelehnt wurde, künftig statt bisher bis zu 18 nun bis zu 24 Monate in Landesaufnahmeeinrichtungen verbleiben sollen, vom Landtag abgelehnt wurde, brachte die Landesregierung am 30.09.2025 einen eigenen Gesetzentwurf ein. Dieser enthält im Wesentlichen die gleichen Bestimmungen und wurde lediglich um Ausnahmen für „besonders vulnerable Gruppen“ ergänzt.

Unsere als Flüchtlingsrat NRW in einer Stellungnahme im Rahmen der Sachverständigenanhörung vom 04.03.2025 zum FDP-Gesetzentwurf vorgebrachten Kritikpunkte bleiben somit bestehen. Wir lehnen die verlängerte Verweildauer entschieden ab: Das beengte Zusammenleben vieler Menschen sowie die eingeschränkte medizinische Versorgung können sich erheblich auf das individuelle Wohlbefinden auswirken. Auch die soziale Integration wird erschwert, da der Zugang zu Arbeit, Ausbildung, Unterstützungsangeboten, Fachberatungen und Rechtsbeiständen während dieser Zeit oft stark eingeschränkt oder gar unmöglich ist. Zudem erhalten Schutzsuchende ihre Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz überwiegend als Sachleistungen und verfügen nur über einen geringen Geldbetrag, was eine gesellschaftliche Teilhabe zusätzlich erschwert. Weiterhin steht die Motivation hinter dem Gesetz, durch zentrale Unterbringung die Organisation von Abschiebungen effizienter zu gestalten, im Widerspruch zum eigentlichen Auftrag von Landesaufnahmeeinrichtungen. Deren Zweck ist nicht die beschleunigte Umsetzung von Abschiebungen, sondern die menschenwürdige Aufnahme und Unterbringung Schutzsuchender. Gleichzeitig zeigt die Erfahrung, dass eine verstärkte Zentralisierung die Reaktionsfähigkeit in Krisensituationen einschränkt: So konnte 2022 bei erheblich gestiegener Fluchtmigration infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine das System nur stabilisiert werden, weil viele Schutzsuchende aus der Ukraine dezentral oder privat
untergebracht wurden.

Angesichts sinkender Zugangszahlen plant die Landesregierung, die Kapazitäten in den Landesaufnahmeeinrichtungen (LAE) in NRW von derzeit 7.320 Plätzen in Erstaufnahmeeinrichtungen (EAE) und 27.640 Plätzen in Zentralen Unterbringungs- und Notunterkünften (ZUE/NU) zu konsolidieren, wie aus einem Protokoll der Sitzung des Integrationsausschusses vom 01.10.2025 hervorgeht. Nach Angaben der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration (MKJFGFI), Josefine Paul, sind die Zugänge von Schutzsuchenden in NRW in den vergangenen Monaten erheblich gesunken, von rund 24.000 Personen im Zeitraum Januar bis Juli 2024 auf etwa 13.500 im gleichen Zeitraum 2025, ein Rückgang um 44 %. Die Auslastung der Landeseinrichtungen habe sich entsprechend verringert. Paul erklärt, dass der ursprünglich geplante Ausbau auf 41.000 aktive Plätze in den LAE angesichts des starken
Rückgangs der Zugänge von Schutzsuchenden nicht mehr umgesetzt werden soll. Laut dem Sachstandsbericht der Ministerin zu Zugängen, Zuweisung, Unterbringung und Versorgung von geflüchteten Menschen in Nordrhein-Westfalen vom 24.10.2025 waren zum Stichtag 30.09.2025 12.641 Schutzsuchende in einer LAE untergebracht, was einer durchschnittlichen Auslastung von 36 % entspricht. Die EAE waren zu 18 % und die Zentralen Unterbringungs- und Notunterkünfte (ZUE/NU) zu 41 % belegt. Wie das MKJFGFI im Bericht erklärt, hält das Land NRW nun dauerhaft rund 35.000 Plätze vor, davon 28.000 aktiv und weitere 7.000 als sogenannte Stand-by-Plätze, die bei Bedarf kurzfristig reaktiviert werden können. Die Ministerin betont, dass die Reduzierung der Kapazitäten nicht zu einer höheren Belastung der Kommunen führe, da die Wohnverpflichtung in den Landeseinrichtungen weiterhin ausgeschöpft werde. 

Die Debatten um die Aufenthaltsdauer und Kapazitäten in den Landesaufnahmeeinrichtungen in NRW stehen in engem Zusammenhang mit den Abläufen der Asylverfahren. Wie das Migazin in einem Artikel vom 16.10.2025 berichtet, werden gerichtliche Asylverfahren in NRW deutlich schneller entschieden als in der Vergangenheit. So sei die durchschnittliche Verfahrensdauer von 16,4 Monaten im zweiten Quartal 2024 auf 12,2 Monate im gleichen Zeitraum 2025 gesunken. Ein Grund für die Beschleunigung liege in der durch die Verordnung über die verwaltungsgerichtlichen Zuständigkeiten für Rechtsstreitigkeiten nach dem Asylgesetz (Asyl-ZustVO) zum 01.08.2024 geschaffenen Spezialisierung der Verwaltungsgerichte auf Herkunftsstaaten und der Schaffung zusätzlicher Richterstellen. In den spezialisierten Asylkammern seien neue Verfahren der ersten Instanz innerhalb von zwei bis drei Monaten abgeschlossen worden. Wie das Migazin im genannten Artikel erläutert, gäbe es seit August 2024 in NRW insgesamt sechs Kammern, die ausschließlich für Asylverfahren zuständig sind: in Düsseldorf, Gelsenkirchen, zwei in Köln, Minden und Münster. Bis 2026 sollen weitere fünf Spruchkörper eingerichtet werden, für die insgesamt 30 zusätzliche Stellen geschaffen werden.

Gemeinsam mit dem PSZ Düsseldorf betonten wir bereits in einer Stellungnahme im Rahmen einer Anhörung des Rechtsausschusses am 17.09.2024 zu einem FDP-Antrag vom 16.01.2024, der die Bündelung von Asylverfahren in spezialisierten Kammern in NRW vorsah, dass schnellere Verfahren zwar grundsätzlich im Interesse der Betroffenen sind, die Qualität der Entscheidungen jedoch Vorrang haben muss. Wir äußern insbesondere folgende Kritikpunkte: Zum einen kann die Sonderzuständigkeit nach Herkunftsländern durch längere Anfahrtswege zu den zuständigen Kammern einen höheren zeitlichen und finanziellen Aufwand zur Folge haben. Zum anderen untergräbt die Bündelung in spezialisierten Asylkammern die bewährte Praxis der ersten und zweiten Instanz. Dieses Prinzip sieht vor, dass unterschiedliche Verwaltungsgerichte Entscheidungen treffen können, die auf jeweils aktuellen Beweismitteln oder deren Bewertung basieren, wodurch eine sorgfältige und situationsgerechte Prüfung gewährleistet wird. Unterschiede in der erstinstanzlichen Rechtsprechung ermöglichen zudem eine zweitinstanzliche Überprüfung, bei der Entscheidungen angepasst oder korrigiert werden können. Eine Vereinheitlichung auf erstinstanzlicher Ebene schränkt diese notwendige Flexibilität ein und gefährdet die Qualität der Entscheidungen.