07.04.2022 Der Spiegel, der Berliner Tagesspiegel und weitere Medien griffen auf, was durch die Beantwortung einer Kleinen Anfrage der Linken im Bundestag bekannt wurde: Es gibt bei der Bundesregierung Kenntnis von Todesfällen unter den Ortskräften und gefährdeten Personen, die trotz Aufnahmezusage Deutschlands Afghanistan nicht verlassen konnten. "Wir wissen nun, dass das unbeschreibliche Versagen der Bundesregierung bereits tödliche Folgen hatte“, prangert die Fragestellerin Clara Bünger an.
Der Spiegel berichtete am 5.04.2022: Bundesregierung räumt »einzelne Todesfälle« von Afghanen im Aufnahmeverfahren ein
Schon lange steht Deutschland wegen der schleppenden Evakuierung afghanischer Ortskräfte in der Kritik. Nun muss die Bundesregierung einräumen, dass mehrere Afghanen starben, während sie auf eine Aufnahme warteten.
Als die Taliban Kabul erobert hatten und die deutschen Soldaten ausgeflogen waren, gab die Bundesregierung ein großes Versprechen ab. Deutschland werde so lange weiterarbeiten, »bis alle in Sicherheit sind, für die wir in Afghanistan Verantwortung tragen«, sagte der damalige Außenminister Heiko Maas (SPD).
Tatsächlich hat die Bundesregierung seitdem weiterhin Menschen mit Charterflügen aus dem Land gebracht. Doch jetzt wird klar, dass sie in einigen Fällen zu langsam war: Mehrere Afghaninnen oder Afghanen, die eine Aufnahmezusage für Deutschland hatten oder sich im Aufnahmeverfahren befanden, sind offenbar ums Leben gekommen, bevor sie in Sicherheit gebracht werden konnten. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken hervor, die dem SPIEGEL vorliegt.
»Die Bundesregierung hat Kenntnis von einzelnen Todesfällen«, heißt es darin auf eine entsprechende Frage. Bestehende Aufnahmezusagen für die Familienangehörigen seien »in diesen Fällen aufrechterhalten« worden. Der Satz impliziert, dass unter den Toten auch Menschen mit einer Aufnahmezusage waren. Genauere Angaben macht die Bundesregierung nicht, weder zur genauen Zahl der Todesfälle noch zu den Umständen.
Die Linken-Bundestagsabgeordneten Clara Bünger kritisiert die Regierung für die Verzögerungen bei der Evakuierung. »Wir wissen nun, dass das unbeschreibliche Versagen der Bundesregierung bereits tödliche Folgen hatte«, sagt sie. »Die Vorstellung ist schier unerträglich, dass Afghaninnen und Afghanen, die auf den Schutz der Bundesrepublik vertraut haben, den Taliban zum Opfer gefallen sind, weil trotz eindrücklicher Warnungen zu spät mit Evakuierungen begonnen und an zu bürokratischen Verfahren festgehalten wurde.« ...
Am selben Tag titelte der Tagesspiegel : „Den Taliban wegen Bürokratie zum Opfer gefallen“ Mehrere Afghanen starben offenbar vor Ausreise nach Deutschland
Die chaotische Evakuierungsaktion von Kabul endete für viele Menschen tödlich. Betroffen waren wohl auch afghanische Ortskräfte mit deutscher Aufnahmezusage.
Mehrere Afghanen mit einer Aufnahmezusage der deutschen Bundesregierung sind einem Medienbericht zufolge vor ihrer Ausreise nach Deutschland gestorben.
„Die Bundesregierung hat Kenntnis von einzelnen Todesfällen“, berichtet der „Spiegel“ unter Berufung auf eine Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken.
Bei den Betroffenen handelte es sich demnach um frühere Ortskräfte, Angehörige oder andere gefährdete Personen. Bis heute warten tausende gefährdete Menschen aus Afghanistan darauf, nach Deutschland gebracht zu werden.
Aus den Antworten der Bundesregierung geht hervor, dass die deutsche Regierung bis Mitte Februar rund 30.000 Menschen eine Aufnahmezusage erteilt hatte. Von ihnen konnten erst rund 14.000 Personen nach Deutschland einreisen.
Kritik an „tödlichem Versagen der Bundesregierung“
Die Linken-Bundestagsabgeordneten Clara Bünger kritisierte die Regierung für die Verzögerungen bei der Evakuierung. „Wir wissen nun, dass das unbeschreibliche Versagen der Bundesregierung bereits tödliche Folgen hatte“, sagte sie dem „Spiegel“.
„Die Vorstellung ist schier unerträglich, dass Afghaninnen und Afghanen, die auf den Schutz der Bundesrepublik vertraut haben, den Taliban zum Opfer gefallen sind, weil trotz eindrücklicher Warnungen zu spät mit Evakuierungen begonnen und an zu bürokratischen Verfahren festgehalten wurde“, so Bünger.
Die Bundeswehr hatte vergangenen August zusammen mit den anderen Nato-Streitkräften überstürzt Afghanistan verlassen, nachdem die Regierungstruppen den Vormarsch der radikalislamischen Taliban nicht aufhalten konnten.
In einer chaotischen Rettungsaktion brachten die Nato-Streitkräfte noch tausende Menschen per Luftbrücke aus Kabul außer Landes. Tausende weitere wurden jedoch zurückgelassen und sollen das Land nun auf anderem Wege verlassen. (AFP)