Parteien zu veränderter Asylpolitik: Stimmen der Mäßigung und des weiteren Einschränkens

09.10.2024 Parteienstreit um Asylpoltik: Während sich in der SPD Mitglieder und Abgeordnete zu Wort melden, die gegen die Verschärfungen sprechen, reicht es der FDP nicht. Sie legte ein Neun-Punkte-Papier vor. Ihre Konsequenz nach den Landtagswahlen: Der AfD immer ähnlicher werden? Wir zitieren Pressestimmen, zuerst mit Auszügen:

"Die SPD darf nie die menschenfeindlichen Narrative und Positionen rechter Parteien aufgreifen und damit normalisieren", heißt es darin [im Offenen Brief von 12.000 SPD-Mitgliedern]. "Die Sprache der Rechten zu übernehmen, wenn es um Asylsuchende geht, die vor Krieg und Chaos fliehen, und geschlossene Grenzen innerhalb Europas zu planen – ein solcher Schwenk befeuert die Positionen der extremen Rechten."

"Sicherheitspolitische Fragen dürfen nicht unzulässig mit Migrationspolitik vermischt werden." Offener Brief von 38 SPD-MdBs (Zeit)

dagegen:

"Es gibt jetzt eine Gelegenheit für spürbare Änderungen in der Migrationspolitik und es wäre unverantwortlich, diese Gelegenheit ungenutzt verstreichen zu lassen“ (taz)

"Künftig sollten die Leistungen für alle ausreisepflichtigen Asylbewerber aufs Bett-Seife-Brot-Minimum gekürzt werden. Damit stellen wir sicher, dass es keinen Anreiz mehr gibt zu bleiben" (FDP-Fraktionschef Christian Dürr) Alle anderen Sozialleistungen sollen bis auf ein Taschengeld gestrichen werden. (BR)

Gefordert wird im Neun-Punkte-Papier konkret eine Prüfung von sicheren Herkunftsstaaten, die nicht nur die sogenannten Maghreb-Staaten in Nordwestafrika in den Blick nimmt, sondern auch Indien, Kolumbien und Armenien. (taz)

 

Die neue Migrations- und Asylpolitik sorgt für zunehmenden Streit in der SPD. Bundestagsabgeordnete prangern einen "reflexhaften Ruf nach einer härteren Gangart" an.

Die bundesweiten Grenzkontrollen und weitere geplante Verschärfungen in der Migrationspolitik sorgen in Teilen der SPD-Bundestagsfraktion für Unmut. Das geht aus einer Antwort von 35 Abgeordneten auf einen offenen Brief hervor, in dem Tausende SPD-Mitglieder die Partei aufgefordert hatten, das Asylrecht zu verteidigen und Menschenrechte zu wahren.

"Wir teilen Eure Trauer, Eure Wut und Eure Zweifel angesichts des aktuellen Diskurses", schreiben die Bundestagsabgeordneten der Nachrichtenagentur dpa zufolge in ihrer Antwort. "Auch wir halten den Kurs, der gerade in der SPD in der Migrations- und Asylpolitik eingeschlagen wird, für falsch." Zwar sei es verständlich, dass sich viele Menschen nach dem Terroranschlag auf einem Stadtfest in Solingen im August Maßnahmen für mehr Sicherheit wünschten. Einige geplante Reformen, etwa im Waffenrecht oder strengere Regeln, um Terrorfinanzierung zu unterbinden, seien auch sinnvoll. Zugleich gelte aber: "Sicherheitspolitische Fragen dürfen nicht unzulässig mit Migrationspolitik vermischt werden." Zu den Unterzeichnenden gehören neben anderen Hakan Demir, Rasha Nasr und Carmen Wegge.

12.000 SPD-Mitglieder unterzeichnen offenen Brief

Die Zahl der Unterzeichner des offenen Briefes an die SPD-Führung ist derweil auf mehr als 12.000 Parteimitglieder gestiegen. "Die SPD darf nie die menschenfeindlichen Narrative und Positionen rechter Parteien aufgreifen und damit normalisieren", heißt es darin. "Die Sprache der Rechten zu übernehmen, wenn es um Asylsuchende geht, die vor Krieg und Chaos fliehen, und geschlossene Grenzen innerhalb Europas zu planen – ein solcher Schwenk befeuert die Positionen der extremen Rechten."

 

Die FDP will in der Migrationspolitik einen härteren Kurs durchsetzen – dazu beschoss sie einen Neun-Punkte-Plan. Für abgelehnte Asylbewerber sollen die Leistungen demnach bis auf das Allernötigste heruntergefahren werden.

Die FDP will einen härteren Kurs in der Migrationspolitik fahren und erhöht den Druck auf die Koalitionspartner. Der Fraktionsvorstand beschloss dazu am Wochenende ein Neun-Punkte-Papier, über das zuerst die "Bild am Sonntag" berichtet hatte. 

Deutschland brauche "eine neue Realpolitik" in der Migration, heißt es in dem FDP-Papier. Das Thema dürfe nicht den politischen Rändern überlassen werden. Die irreguläre und ungesteuerte Migration nach Deutschland sei "weiterhin zu hoch". 

"Bett-Seife-Brot-Minimum": Das steht in dem Neun-Punkte-Plan

Abgelehnte Asylbewerber, die Deutschland verlassen müssen, sollen nach dem Willen der FDP in Zukunft drastisch weniger Unterstützung bekommen. "Künftig sollten die Leistungen für alle ausreisepflichtigen Asylbewerber aufs Bett-Seife-Brot-Minimum gekürzt werden. Damit stellen wir sicher, dass es keinen Anreiz mehr gibt zu bleiben", sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr der "Bild am Sonntag". Alle anderen Sozialleistungen sollen bis auf ein Taschengeld gestrichen werden.

Zudem will die FDP-Fraktion, dass mehr Asylverfahren in Drittstaaten ausgelagert werden können. Bislang gilt hier, dass jemand eine Verbindung in diesen Drittstaat haben muss. Das will die FDP streichen.

 

Die FDP fordert in einem neuen Fraktionspapier nur noch „Bett, Seife, Brot“ für ausreisepflichtige Geflüchtete. Die SPD zeigt sich genervt.

Berlin dpa | Die FDP will in der Ampel-Koalition einen härteren Kurs in der Migrationspolitik durchsetzen. Dazu beschloss der Fraktionsvorstand nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur am Wochenende ein Neun-Punkte-Papier, über das zuerst die „Bild am Sonntag“ berichtet hatte.

Weniger Leistungen für Ausreisepflichtige, mehr sichere Herkunftsländer: Die Forderungen der FDP dürften vor allem die Grünen unter Druck setzen. Denn sie greifen Vorschläge aus schwarz-grün regierten Bundesländern auf. „Es gibt jetzt eine Gelegenheit für spürbare Änderungen in der Migrationspolitik und es wäre unverantwortlich, diese Gelegenheit ungenutzt verstreichen zu lassen“, heißt es im FDP-Papier.

FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Wenn Bund und Länder Hand in Hand arbeiten, haben wir die Chance auf eine echte Migrationswende.“ Grüne und CDU hätten in den Ländern den Weg freigemacht. Das sei ein starkes Signal, denn noch vor kurzem sei es undenkbar gewesen, dass die Grünen eine Ausweitung sicherer Herkunftsstaaten erwägen. „Jetzt stellt sich die Frage, wie sich die Grünen im Bund verhalten“, betonte Dürr.

Der Koalitionspartner SPD reagierte skeptisch. Es gelte, die laufenden Gespräche zum sogenannten Sicherheitspaket abzuwarten, sagte Vizefraktionschef Dirk Wiese der „Welt“. Darin will die Regierung aus SPD, Grünen und FDP unter anderem Leistungen für Menschen kürzen, für deren Asylverfahren ein anderer Staat zuständig ist. „Wir sollten uns davor hüten, den Ton in der Debatte zu überdrehen“, warnte Wiese. Das stärke am Ende nur den rechten Rand. „Wir brauchen klare Regelungen, aber auch die Offenheit, Migration als Chance für den Arbeitsmarkt zu begreifen.“

SPD zeigt sich genervt

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich reagierte verärgert auf den neuen Vorstoß der Liberalen. „Das nervt mich mittlerweile“, sagte Mützenich in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“. Die FDP sei offensichtlich Expertin darin, jedes Wochenende neue öffentliche Hinweise in der Debatte zu geben.

Gefordert wird im Neun-Punkte-Papier konkret eine Prüfung von sicheren Herkunftsstaaten, die nicht nur die sogenannten Maghreb-Staaten in Nordwestafrika in den Blick nimmt, sondern auch Indien, Kolumbien und Armenien. Asylanträge von Menschen aus sicheren Herkunftsstaaten können schneller abgelehnt werden.

Für die Rücküberstellung von ausreisepflichtigen Asylbewerbern in andere EU-Mitgliedsstaaten soll allein der Bund zuständig sein. Dabei soll es eine bessere Kooperation mit den Fluggesellschaften geben. Die Bundespolizei soll selbst bei Gericht Abschiebungshaft und Ausreisegewahrsam beantragen können. Menschen, die terroristische Straftaten öffentlich gutheißen, sollen leichter ausgewiesen werden können.

Leistungen: Bett, Seife, Brot

Außerdem will die FDP, dass ausreisepflichtigen Asylbewerbern auch dann Leistungen gekürzt werden, wenn sie nicht im Dublin-Verfahren sind. Dabei wird festgestellt, welches europäische Land für ein Asylverfahren zuständig ist. In vielen Fällen ist das jener Staat, auf dessen Gebiet Schutzsuchende zuerst europäischen Boden betreten haben.

„Künftig sollten die Leistungen für alle ausreisepflichtigen Asylbewerber aufs Bett-Seife-Brot-Minimum gekürzt werden“, sagte Dürr der „Bild am Sonntag“. „Damit stellen wir sicher, dass es keinen Anreiz mehr gibt zu bleiben.“