Protest gegen Vorrücken von Frontex in den Senegal - Ferries not Frontex

30.08.2023 In Dakar, der Hauptstadt des Senegal, formiert sich der Protest gegen die Ausdehnung von Frontex weit auf den afrikanischen Kontinent. Wir zitieren dazu drei aktuelle Beiträge:

»Ihr beobachtet die Grenzen, wir beobachten euch«

In Dakar fordern Aktivist*innen den Abzug von Frontex

von Kelly Bescherer, nd, 27.08.2023

»Push back Frontex!« forderten Dutzende Demonstrant*innen, während sie am 12. August durch die Straßen eines Vororts von Dakar marschiert sind. Ihr Protest bildete den Abschluss einer dreitägigen Veranstaltung, die sich unter dem Motto »Ihr beobachtet die Grenzen, wir beobachten euch« gegen die Rolle der EU-Grenzagentur im Senegal richtete. »Die EU will uns eine mörderische, kriminelle und externalisierte Migrationspolitik aufzwingen, die für uns aber nicht passt«, sagt dazu der Aktivist Ibrahima Konate dem »nd«. Auch er hat sich an den Veranstaltungen gegen Frontex beteiligt.

Organisiert wurde die Veranstaltung von der Gruppe Boza Fii aus Dakar. Sie will damit ein Bewusstsein für die Rolle von Frontex und anderen EU-Akteuren im Bereich der Migrationspolitik schaffen. Dabei werden auch neokoloniale Politiken und die wirtschaftliche Zusammenarbeit kritisiert. Dazu veranstaltet Boza Fii Demonstrationen, Konzerte und macht Öffentlichkeitsarbeit zur europäischen Migrationspolitik im Senegal. Dort engagiert sich die Gruppe außerdem gegen Sammelabschiebungen und sorgt für Unterstützung für Personen, die in den Senegal abgeschoben wurden.

Seit Februar 2022 hängt eine von der EU-Kommission geplante Verhandlung eines Statusabkommens zwischen Frontex und Senegal in der Luft. Es würde, sollte es zustandekommen, den direkten Einsatz von Frontex-Beamt*innen in dem Land ermöglichen. Dazu sollen die eingesetzten Polizist*innen über straf- und zivilrechtliche Immunität verfügen. Laut der Linken-Europaabgeordneten Cornelia Ernst sei der »neokoloniale Aspekt eines solchen Abkommens nicht zu übersehen«. Ernst hatte den Senegal zusammen mit der Grünen-Abgeordneten Tineke Strik anlässlich des geplanten Frontex-Abkommens zur Entsendung von bewaffneten europäischen Grenzpolizist*innen auf senegalesisches Gebiet dieses Jahr besucht.

Die senegalesische Regierung ist an einem solchen Statusabkommen vorerst aber doch nicht interessiert. Verhandlungen über ein Arbeitsabkommen, das den Datenaustausch ermöglichen würde, stehen ebenfalls noch aus. Wie Aktivist*innen von Boza Fii betonten, spielt die Grenzagentur dennoch eine wichtige Rolle in der senegalesischen Migrationspolitik. Seit 2019 hat Frontex eine »Risikoanalysezelle« in Dakar eröffnet und einen Verbindungsbeamten im Senegal stationiert. Sie sollen die nationalen Behörden dabei unterstützen, die unerwünschte Migration nach Europa einzudämmen. »Es ist sehr wohl bekannt, dass die Risiken, über die wir sprechen, nicht die Toten auf See sind, sondern vielmehr die Tatsache, dass afrikanische Bürger*innen europäisches Territorium erreichen können«, kommentieren Vertreter*innen von Boza Fii dazu bei einer Rede auf ihrer Veranstaltung.

Frontex ist auch nicht der einzige europäische Akteur, der in der senegalesischen Grenzpolitik Einfluss hat. Vor allem Spanien ist in dem Land mit Polizei- und Gendarmeriebehörden präsent. Hierzu hat etwa die für Grenzsicherung zuständige spanische Guardia Civil Abkommen mit dem Senegal geschlossen. Auch CIVIPOL, eine für die technische Polizeizusammenarbeit zuständige Gesellschaft des Innenministeriums aus Frankreich, ist an Projekten für die Grenzkontrolle und -überwachung im Senegal beteiligt. Boza Fii kritisiert diese Akteure, auch wenn sie nicht immer eine einheitliche Strategie verfolgen, als klare Tendenz zu einer zunehmenden Externalisierung der europäischen Migrationspolitik.

In den letzten Jahrzehnten haben die EU und ihre Mitgliedstaaten dafür enorme Summen für Projekte im Senegal bereitgestellt. Eines der wichtigsten Finanzierungsinstrumente war in den letzten Jahren der EU-Nothilfe-Treuhandfonds (EUTF) für Afrika. Der Fonds wurde 2015 eingerichtet, angeblich um »die Ursachen der irregulären Migration zu bekämpfen«. Laut einer Analyse der Deutschen Welle erhielten jedoch Projekte zur Kontrolle und Verhinderung von Migration den größten Anteil dieser Mittel. Zu den Projekten, die bisher im Rahmen des EUTF im Senegal gefördert wurden, gehören die Unterstützung der Sicherheitskräfte und der Migrationskontrolle sowie der Aufbau einer digitalisierten Bevölkerungsdatenbank. Inzwischen wurde EUTF durch das Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit (NDICI) abgelöst.

Auch wenn die EU behauptet, mit der Unterstützung des Senegal die Ursachen von Konflikten und Vertreibung bekämpfen zu wollen, ist die Lage dort zunehmend angespannt. Im Juni führte die Verurteilung des Oppositionellen Ousmane Sonko dazu, dass dieser von der Kandidatur bei den kommenden Wahlen als Konkurrent gegen den Präsidenten Macky Sall ausgeschlossen wurde. Bei den daraus folgenden Protesten kamen mindestens 23 Menschen ums Leben, schätzt Amnesty International. Am 3. Juli kündigte Sall an, dass er nicht für eine dritte Amtszeit kandidieren wird – von der Verfassung des Landes wäre dies auch nicht erlaubt.

Während sich anschließend die Spannungen vorübergehen zu beruhigen schienen, kam es nach der Verhaftung von Sonko Ende Juli und der Auflösung seiner Partei PASTEF erneut zu Todesfällen und heftigen Protesten. Seit rund vier Wochen befindet sich Sonko im Hungerstreik.

»Die Demonstrationen Anfang Juni haben der ganzen Welt gezeigt, dass Senegal kein sicheres Land ist, wie die EU glaubt. Die aktuelle politische Lage im Land ist katastrophal und führt zu Demonstrationen mit vielen Toten und ungerechtfertigten Inhaftierungen. Das ist einer der Gründe, warum junge Menschen das Land verlassen und die riskantesten Wege wählen,« sagt dazu der Aktivist Konate.

Trotz der vielen EU-Millionen mit Bezug zu Migration hat die Regierung in Dakar wenig Strukturen geschaffen, um den Verlust von Menschenleben auf See oder in der Wüste zu verhindern. Die Migrationsroute durch den Niger wird durch Grenzschließungen infolge des aktuellen Konflikts komplizierter. »Seit Beginn des Konflikts bitten viele humanitäre Organisationen wegen der geschlossenen Grenzen um Hilfe. Dies ist eine Folge der ECOWAS-Sanktionen gegen Niger«, sagt Konate.

Die spanische Gruppe Caminando Fronteras schätzt zudem, dass allein in der ersten Hälfte dieses Jahres 778 Menschen auf der sogenannten Kanarenroute auf dem Meer ihr Leben verloren haben. Boza Fii befürchtet, dass der Einsatz von Frontex im Falle eines Statusabkommens die Zahl der Todesfälle im Atlantik sogar erhöhen wird.

Wegen ihrer Verwicklung in Pushbacks auf See gerät Frontex in verschiedenen Ländern immer wieder die Kritik. Im Falle des Einsatzes von Frontex außerhalb Europas wäre diese Beihilfe oder Mitarbeit – auch juristisch – noch unklarer. Deutlich wurde dies in einem kürzlich erschienenen Berichtsentwurf der Europaabgeordneten Strik über ein ebenfalls von der EU anvisiertes Statusabkommen mit dem benachbarten Mauretanien. Dort sollen die Verhandlungen weiter fortgeschritten sein.

Für Boza Fii gibt es noch viel zu tun. Die Gruppe plant schon jetzt eine Reihe weiterer Aktionen und will solange weitermachen, bis die EU-Grenzagentur »endgültig aufgelöst« ist.

 

Was macht Frontex im Senegal?

Am afrikanischen Netzwerk von »Risikoanalysezellen« nehmen auch Geheimdienste teil

von Matthias Monroy, nd, 27.08.2023

Mit der Gründung von Frontex haben die EU-Staaten ihrer Grenzagentur 2004 ins Programm geschrieben, dass sie nur innerhalb der Union eingesetzt werden darf. Mit den oft als »Flüchtlingskrise« beschrieben Entwicklungen änderte sich das in der neuen Verordnung von 2016. Die EU-Kommission darf seitdem auch Abkommen mit Drittstaaten verhandeln, um Frontex dorthin entsenden zu können. Bislang haben sich vier Balkan-Staaten entschlossen, die Behörde zur EU-Migrationsabwehr ins Land zu lassen – Bosnien und Herzegowina könnte der fünfte Kandidat werden.

Nach diesem Modell wollte Frontex auch ein Statusabkommen mit dem Senegal abschließen. Großspurig hatte die EU-Innenkommissarin Ylva Johansson im Februar 2022 angekündigt, ein solcher Vertrag sei bis zum Sommer unterschriftsreif. Dazu kam es jedoch nicht: Trotz hochrangiger Besuche aus der EU ist die Regierung in Dakar offenbar nicht einmal bereit, ein sogenanntes Arbeitsabkommen zu unterzeichnen. Es würde Behörden des Landes erlauben, mit Frontex personenbezogene Daten auszutauschen.

Der Senegal ist von mehr als 2.600 Kilometern Außengrenze umgeben; wie die Nachbarländer Mali, Gambia, Guinea und Guinea-Bissau ist die Regierung der Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (ECOWAS) beigetreten. Ähnlich wie der Schengen-Raum regelt das Abkommen auch den freien Personen- und Warenverkehr in insgesamt 15 Ländern. Der Senegal gilt in Deutschland und anderen EU-Staaten Luxemburg als sicheres Herkunftsland.

Auch ohne neue Abkommen ist Frontex praktisch seit ihrer Gründung zu Migration aus dem Senegal aktiv: Die erste (und mit ihrem Ende 2019 auch längste) Mission der Grenzagentur startete ab 2006 unter dem Namen »Hera« zwischen Westafrika und den kanarischen Inseln im Atlantik. Daran beteiligt waren auch Grenzbehörden aus Mauretanien. Hintergrund waren die zu dieser Zeit stark gestiegenen Überfahrten aus den Ländern, die im Rahmen von »Hera« erfolgreich zurückgegangen sein sollen. Dazu erhielt Frontex von Dakar die Erlaubnis, mit aus den Mitgliedstaaten entsandten Schiffen in Hoheitsgewässer des Senegal einzufahren.

Senegal ist bereits seit 2015 Mitglied der »Africa-Frontex Intelligence Community« (AFIC). Diese seit 2010 bestehende »Gemeinschaft« soll die Risikoanalyse von Frontex verbessern und bindet dazu verschiedene Sicherheitsbehörden ein. Das Ziel ist die Bekämpfung von grenzüberschreitenden Straftaten, wozu neben Terrorismus auch Schleusungen zählen. Heute gehören der AFIC 30 afrikanische Länder an. In fünf dieser Staaten hat Frontex ein AFIC-Büro eröffnet, seit 2019 ist darunter auch der Senegal. Zu den Aufgaben des dort stationierten Frontex-Verbindungsbeamten gehören die Kommunikation mit den für die Grenzverwaltung zuständigen Behörden und die Unterstützung bei Abschiebungen aus EU-Mitgliedstaaten.

Das Personal der nationalen »Risikoanalysezellen« wird von Frontex ausgebildet. Ihre Mitarbeiter sollen strategische Daten zur Kriminalität sammeln und deren Vorgehensweisen analysieren, dazu wird auch die EU-Satellitenüberwachung genutzt. Personenbezogene Daten werden dabei nicht verarbeitet. Aus den zusammengetragenen Informationen erstellt Frontex neben verschiedenen Dossiers einen jährlichen Lagebericht, den die Agentur als »Informationsbild im Vorfeld der Grenze« bezeichnet.

Offiziell nehmen am AFIC-Netzwerk ausschließlich nationale Strafverfolgungsbehörden teil, sofern sie von ihren Regierungen ein »Mandat für die Grenzverwaltung« erhalten haben. Im Senegal sind dies die Nationalpolizei sowie die Luft- und Grenzpolizei, außerdem die »Abteilung für die Bekämpfung des Menschenhandels und ähnlicher Praktiken«. Laut der Bundesregierung sind außerdem die zivil-militärischen EU-Missionen im Niger und in Libyen an der Arbeit der AFIC beteiligt.

Informationen mit Geheimdiensten würden »im Rahmen der AFIC-Aktivitäten definitionsgemäß nicht ausgetauscht«, erklärt die EU-Kommission in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage. Das Wort »definitionsgemäß« schließt aber nicht aus, dass diese trotzdem beteiligt sind und auch strategische Informationen beisteuern. Zudem übernehmen in vielen Ländern auch Polizeibehörden geheimdienstliche Tätigkeiten – ganz anders, als dies etwa in Deutschland im Trennungsgebot für diese Behörden geregelt ist. Laut der Antwort von Frontex auf eine Informationsfreiheitsanfrage sind die Schnüffelbehörden aber auch direkt an der AFIC beteiligt: Marokko und die Elfenbeinküste entsenden ihre Inlandsgeheimdienste zu den Treffen der AFIC, aus dem Senegal nimmt daran außerdem ein »Zentrum für Monitoring und Profiling« teil.

Die Zusammenarbeit mit dem Senegal zahlt sich für die EU aus: Seit 2021 geht die Gesamtzahl der Ankünfte von Geflüchteten und Migranten aus dem Senegal über die sogenannte Atlantik- sowie die westliche Mittelmeerroute deutlich zurück. Die Anerkennungsquote für Asylsuchende aus dem Land beträgt in der EU derzeit rund zehn Prozent.

 

Die Berichte griff auch Labournet.de auf und veröffentlichte am29. August 2023 ein Dossier:

Westafrika: Im Senegal will Frontex erstmals eine Operation auf dem afrikanischen Kontinent durchführen

Bild entfernt.„… Im Februar wurde bekannt, dass die Europäische Kommission den senegalesischen Behörden vorgeschlagen hat, zum ersten Mal in der Geschichte operative Frontex-Kräfte in das Hoheitsgebiet eines afrikanischen Staates zu entsenden. Die vorgebliche Absicht der Stationierung entlang der Außengrenzen des Senegal besteht darin, den Menschenhandel über diese Grenzen zu unterbinden. Europa will damit aber vielmehr direkt auf den Routen der Migranten*innen eingreifen, um diese schon „zu Hause“ zu stoppen. Der Plan, der vom Senegal noch nicht abgesegnet wurde, sieht eine aktive Überwachung der so genannten Atlantikroute vor. Außerdem könnten die Grenzposten zu Mauretanien und anderer Routen über Algerien und Libyen überwacht werden. (…) Das für einen Frontex-Einsatz nötige Abkommen würde auch eine neue Dimension in der Externalisierung der europäischen Grenzen in diesem Gebiet einführen und könnte später auf Mauretanien ausgedehnt werden…“ Blog von Sebastian Carlotti vom 23. März 2022 bei Cilip.de Bild entfernt. und die Ausführungen zur Vorgeschichte:

  • Protest im Senegal: »Ihr beobachtet die Grenzen, wir beobachten euch«. In Dakar fordern Aktivist*innen den Abzug von Frontex Bild entfernt.
    »Push back Frontex!« forderten Dutzende Demonstrant*innen, während sie am 12. August durch die Straßen eines Vororts von Dakar marschiert sind. Ihr Protest bildete den Abschluss einer dreitägigen Veranstaltung, die sich unter dem Motto »Ihr beobachtet die Grenzen, wir beobachten euch« Bild entfernt. gegen die Rolle der EU-Grenzagentur im Senegal richtete. »Die EU will uns eine mörderische, kriminelle und externalisierte Migrationspolitik aufzwingen, die für uns aber nicht passt«, sagt dazu der Aktivist Ibrahima Konate dem »nd«. Auch er hat sich an den Veranstaltungen gegen Frontex beteiligt.
    Organisiert wurde die Veranstaltung von der Gruppe Boza Fii aus Dakar. Sie will damit ein Bewusstsein für die Rolle von Frontex und anderen EU-Akteuren im Bereich der Migrationspolitik schaffen. Dabei werden auch neokoloniale Politiken und die wirtschaftliche Zusammenarbeit kritisiert. Dazu veranstaltet Boza Fii Demonstrationen, Konzerte und macht Öffentlichkeitsarbeit zur europäischen Migrationspolitik im Senegal. Dort engagiert sich die Gruppe außerdem gegen Sammelabschiebungen und sorgt für Unterstützung für Personen, die in den Senegal abgeschoben wurden.
    Seit Februar 2022 hängt eine von der EU-Kommission geplante Verhandlung eines Statusabkommens zwischen Frontex und Senegal in der Luft. Es würde, sollte es zustandekommen, den direkten Einsatz von Frontex-Beamt*innen in dem Land ermöglichen. Dazu sollen die eingesetzten Polizist*innen über straf- und zivilrechtliche Immunität verfügen Bild entfernt.. Laut der Linken-Europaabgeordneten Cornelia Ernst sei der »neokoloniale Aspekt eines solchen Abkommens nicht zu übersehen«. Ernst hatte den Senegal zusammen mit der Grünen-Abgeordneten Tineke Strik anlässlich des geplanten Frontex-Abkommens zur Entsendung von bewaffneten europäischen Grenzpolizist*innen auf senegalesisches Gebiet dieses Jahr besucht. Die senegalesische Regierung ist an einem solchen Statusabkommen vorerst aber doch nicht interessiert. Verhandlungen über ein Arbeitsabkommen, das den Datenaustausch ermöglichen würde, stehen ebenfalls noch aus…“ Artikel von Kelly Bescherer vom 27.08.2023 in ND online Bild entfernt.
  • Frontex soll Ausreisen aus Senegal und Mauretanien verhindern und Frontex-Mitarbeiter straf- und zivilrechtliche Immunität genießen – „unter allen Umständen“ 
    „Die EU plant Einsätze der Grenzschutzagentur Frontex im Senegal und in Mauretanien. Dabei gehe es um die „Verhinderung irregulärer Ausreisen“, zitiert die Nichtregierungsorganisation Statewatch aus zwei Dossiers der EU. Der Rat hat laut einer Entscheidung von Ende Juni die Aufnahme von Verhandlungen mit den beiden Staaten genehmigt. Der Senegal und Mauretanien sind wichtige Ausgangspunkte für Migranten, um auf die Kanarischen Inseln zu gelangen. (…) Die Verhandlungen seien die ersten mit Staaten, die nicht an die EU grenzen, erklärte Statewatch. Vor einer Gesetzesreform im Jahr 2019 habe Frontex nur in Drittländern tätig werden können, die eine gemeinsame Grenze mit EU-Staaten hatten. Nun könne die Agentur überall tätig werden, sofern eine rechtliche Vereinbarung bestehe. Laut Statewatch fordert die Verhandlungsrichtlinie für das Abkommen mit dem Senegal straf- und zivilrechtliche Immunität für Frontex-Mitarbeiter – „unter allen Umständen“, zitiert die NGO das Papier.“ Meldung vom 11. August 2022 im MiGAZIN Bild entfernt.
  • Weiter im Blog von Sebastian Carlotti vom 23. März 2022 bei Cilip.de Bild entfernt.: „… 2006 unterzeichneten Spanien und Mauretanien zwei Abkommen über den Einsatz von 250 Beamt*innen der Guardia Civil auf mauretanischem Hoheitsgebiet. Diese Entsendung ausländischer Polizeikräfte diente der Unterstützung der örtlichen Polizei in den Städten Nouadhibou und Nouakchott. Darüber hinaus begann Spanien, die mauretanische Polizei mit Ausrüstung und Kontrollinstrumenten zu versorgen, darunter Hubschrauber und Nachtsichtgeräte. Das Wahrzeichen dieser neuen Zusammenarbeit war jedoch der Bau eines neuen Gefangenenlagers, das unter dem Namen „Guantanamito“ berüchtigt geworden ist – in Anspielung auf die Gewalt und die bekannte Gesetzlosigkeit des gleichnamigen US-Gefangenenlagers auf kubanischem Gebiet. Guantanamito, offiziell „Centro de Estancia Temporal de los Inmigrantes“ genannt, befand sich in Nouadhibou und war der Inhaftierung von Migrant*innen vorbehalten, die im Verdacht standen, nach Europa reisen zu wollen. (…) Die EU war ihrerseits sehr aktiv bei der Finanzierung des Baus neuer Grenzübergänge in Mauretanien und stellte zwischen 2008 und 2013 bis zu acht Millionen Euro über den Europäischen Entwicklungsfonds und das Stabilitätsinstrument bereit. So finanzierte Europa allein im Jahr 2010 den Bau von 45 neuen mauretanischen Grenzübergängen, die zu obligatorischen Grenzübergängen an der Grenze zu Senegal und Mali wurden. Im Rahmen der bilateralen Zusammenarbeit wurde auch die mauretanische Gendarmerie mit Ressourcen und Schulungsmaßnahmen aus Spanien unterstützt, um damit die Überwachung der mauretanischen Küste weiter zu verbessern. (…) Damals begannen die Menschen, ihre Routen über Niger und Libyen auf das afrikanische Binnenmeer, die Sahara, zu verlegen. Trotz dieses Wandels hat die Atlantikroute im Laufe der Jahre eine zentrale Rolle behalten, auch hinsichtlich des Todes von Menschen die versucht haben, diese lange Seestrecke zu überqueren…“