01.10.2022 Mit zwei Pressemitteilungen machte Pro Asyl jetzt deutlich, wie schwierig es für Oppositionelle und Kriegsdienstverweigerer aus Russland ist, in den Staaten der EU Schutz und Sicherheit zu finden.
Pro Asyl ließ Kriegsdienstverweigerer aus Russland, Belarus und der Ukraine zu Wort kommen und forderte unbürokratische Lösungen, den Asylantrag zu stellen, Schutz vor Abschiebung, Öffnung der Grenzen für solche Schutzsuchenden und ein Aufnahmeprogramm. Einen Tag später musste Pro Asyl gemeinsam mit Anwälten bewerten, dass die EU laut neuem Leitfaden die Schutzsuche noch erschwert. Wir zitieren:
30.09.2022
Fluchtwege nicht weiter einschränken! EU-Kommission verschärft Lage für aus Russland fliehende Menschen
In einer Pressekonferenz am Freitag kündigte EU-Kommissarin Ylva Johansson neue Verschärfungen für die Einreise von russischen Staatsangehörigen an. Insbesondere sollen Mitgliedstaaten laut dem neuen Leitfaden der Kommission weiterhin keine Visumsanträge von Russ*innen annehmen, die bereits in einen Drittstaat geflüchtet sind. Damit verlangt die Kommission, dass die Menschen in Russland in der Falle warten, bis über einen Visumsantrag entschieden ist, kritisieren PRO ASYL und der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein e.V..
Während Johansson mehrfach in der Pressekonferenz wiederholt hat, dass der neue Leitfaden nicht das Recht auf Asyl beeinträchtigt, so geht dies am Kern des Problems vorbei. Wenn kein Zugang zur EU besteht, dann können Kriegsdienstverweiger*innen, Oppositionelle oder Journalist*innen auch keinen Asylantrag stellen....
29.09.2022
Zum Tag des Flüchtlings: Kriegsdienstverweigerer aus Russland, Belarus und der Ukraine sagen Nein zum Krieg
Zum Tag des Flüchtlings am 30. September präsentieren PRO ASYL und Connection e.V. Stimmen von Kriegsdienstverweigerern aus Russland, Belarus und der Ukraine. Sie alle sind in ihren Herkunftsländern von Strafverfahren bedroht und brauchen Schutz vor Verfolgung. Die Bundesregierung sollte großzügig Gebrauch machen von der Möglichkeit, humanitäre Visa zu erteilen.
Anlässlich des Tags des Flüchtlings im Rahmen der bundesweiten Interkulturellen Woche fordert PRO ASYL gemeinsam mit dem Kriegsdienstverweigerungsnetzwerk Connection e.V. sichere Zugangswege für schutzsuchende Menschen, insbesondere auch für Deserteure, Kriegsdienstverweigerer und Militärdienstentzieher aus Russland, Belarus und der Ukraine. „Es ist erfreulich, dass die Bundesregierung ihnen Schutz verspricht, aber diesem Lippenbekenntnis müssen nun Taten folgen. Wenn die Menschen – wie bisher der Fall – gar keine Chance haben, überhaupt nach Deutschland zu gelangen, sind derartige Schutzzusagen Augenwischerei“, erklärt Rudi Friedrich, Geschäftsführer von Connection e.V., und fügt hinzu: „Bislang gibt es keinerlei Schutzzusage für die überwiegende Zahl der Militärdienstentzieher.“
„Europas Grenzen sind dicht, Geflüchtete werden zurückgeschickt – ob russische Militärdienstentzieher, Menschenrechtlerinnen aus Afghanistan, oppositionelle Türken oder Schutzsuchende aus Syrien“, sagt PRO ASYL-Geschäftsführer Günter Burkhardt und fordert: „Damit diese Menschen die Chance haben, hier einen Asylantrag zu stellen, sollte die Bundesregierung verstärkt humanitäre Visa an jene ausgeben, die sich in Länder wie die Türkei geflüchtet haben.“
Kriegsdienstverweigerer kommen selbst zu Wort
Die beiden Organisationen haben heute Interviews mit Kriegsdienstverweigerern aus Russland, Belarus und der Ukraine veröffentlicht. Sie zeigen, welch große Bedeutung eine Unterstützung der Menschen hat, die sich in ihren Ländern gegen den Krieg stellen:
Mark Romankov, Russland: „Meine Partnerin kommt aus der Ukraine, wie auch ihre Eltern. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, wie es ist, in einer Armee zu dienen und gegen ihre Familie zu kämpfen. In der russischen Armee zu dienen ist nichts, worauf man stolz sein könnte.“
Maksim Gaidukov, Russland: „Da werden junge russische Männer in die Ukraine geschickt, um Menschen zu ermorden und dafür zu sterben. Sie sind verraten und werden missbraucht. Ich will nicht einer von ihnen sein.“
Ilja Owtscharenko; Ukraine: „Ich möchte klarstellen, wie gefährlich Patriotismus ist. Klarstellen, wie absurd es ist, so viele Menschenleben zu opfern, um eine Grenzlinie auf der Landkarte neu zu ziehen.“
Vlad, Belarus: „Die meisten denken wie ich. Sie sind jung, wollen leben, nicht sterben. Sie wissen, dass Krieg nur Leid und Tod bringen wird.“
Igor, Belarus: „Wenn man nicht nur von der Armee, sondern von einem echten Krieg bedroht wird und keineswegs auf der Seite des Guten steht, ist es besser, alles fallen zu lassen.“
Die Grenzen müssen geöffnet werden
Mit Blick auf die aktuellen Fluchtbewegungen aus Russland, Belarus und der Ukraine fordern PRO ASYL und Connection e.V.:
- Russische Staatsbürger*innen sollten auch von Ländern außerhalb Russlands Anträge zur Aufnahme in die Europäische Union stellen können. Hier ist eine unbürokratische Lösung nötig, die sie vor einer Abschiebung aus einem anderen Land zurück nach Russland schützt.
- Die Grenzen müssen geöffnet werden! Flüchtlinge müssen die Möglichkeit haben, Länder zu erreichen, die ihnen einen sicheren Aufenthalt gewähren können. Die derzeit gültigen Regelungen für eine Visavergabe hindern viele daran, sichere Länder zu erreichen. Eine Aufnahme Schutzsuchender kann nur gelingen, wenn die illegalen Pushbacks gestoppt werden und die Menschen Zugang zu einem fairen Asylverfahren erhalten.
- Hinsichtlich der Gewährung von Asyl oder eines anderen Aufenthaltsstatus müssen die EU-Länder nicht nur Kriterien für Deserteure entwickeln, sondern vor allem Lösungen für die große Zahl der Militärdienstentzieher finden. Sie wären bei einer zwangsweisen Rückkehr nach Russland einer Rekrutierung für den Krieg unterworfen.
- Die EU sollte ein Aufnahmeprogramm beschließen, damit diejenigen russischen Staatsbürger*innen, die sich unter großem Risiko von der Regierung ihres Landes abgewandt haben, Möglichkeiten der Ausbildung und Beschäftigung erhalten.
- Ukrainische Kriegsdienstverweigerer, die aufgrund ihrer Entscheidung mehrjährige Haftstrafen befürchten müssen, verdienen ebenfalls die Unterstützung der EU und müssen hier die Chance auf Schutz erhalten.