04.08.2022 Es ist ein gutes Zeichen, dass der Europäische Gerichtshof immer wieder im Sinne des Asylrechts urteilt und das drastische Abwehrverhalten von Regierungen un Behörden zurückpfeift. Am 1. August entschied das höchste Gericht der Europäischen Union, dass Italien Rettungsschiffe wie die "SEA WATCH" nicht grundlos kontrollieren dürfe. Menschen in Seenot zu retten, sei Völkerrecht. "Das Urteil ist ein großer Erfolg für uns", sagte ein Sprecher von Sea-Watch.
Dazu ein Bericht der Tagesschau:
EuGH-Urteil zu Sea-Watch Rettungsschiff-Kontrolle nur aus triftigem Grund
Immer wieder werden Seenotrettungsschiffe - auch aus Deutschland - in italienischen Häfen kontrolliert und festgesetzt. Das ist grundsätzlich zwar erlaubt, urteilte nun der EuGH. Die Behörden müssen aber konkrete Gründe nachweisen.
Die deutsche Seenotrettungsorganisation Sea-Watch hat vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg einen Teilerfolg erzielt. Wie der EuGH urteilte, ist es einem Staat grundsätzlich erlaubt, in seinen Häfen vor Anker liegende Rettungsschiffe auf die Einhaltung von Sicherheitsvorschriften zu kontrollieren. Dazu müsse er allerdings belastbare Anhaltspunkte für eine Gefahr nachweisen. Festhalten kann er sie nur im Fall einer eindeutigen Gefahr für Sicherheit, Gesundheit oder Umwelt.
Italien hatte zwei Rettungsschiffe im Sommer 2020 über Monate hinweg festgehalten - die "Sea-Watch 3" und die "Sea-Watch 4". Beide fuhren, als Frachtschiffe zertifiziert, unter deutscher Flagge Rettungseinsätze auf dem Mittelmeer. Die italienischen Behörden begründeten den Schritt damit, dass die Schiffe nicht dafür ausgerüstet seien, mehrere hundert Menschen an Bord zu haben. Zudem hatte Italien Abwasserbehandlung, Duschen und Toiletten an Bord moniert.
Die Personenzahl darf nun laut EuGH für sich genommen keinen Grund darstellen, um eine Kontrolle zu rechtfertigen - auch dann nicht, wenn sie weit über der zulässigen Anzahl liege. Der Hafenstaat habe aber belastbare Anhaltspunkte für eine Gefahr, wenn Schiffe als Frachtschiffe klassifiziert seien, in der Praxis aber systematisch für die Suche und Rettung von Personen verwendet würden.
Jedoch dürften nur Nachweise über Zeugnisse verlangt werden, die auch im Flaggenstaat nötig sind. Falls eine Kontrolle Mängel ergebe, dürfe der Hafenstaat Maßnahmen ergreifen, die "geeignet, erforderlich und angemessen" seien.
EuGH betont Pflicht, Hilfe zu leisten
Der EuGH stellte in seinem Urteil auch klar, dass die entsprechende Kontrollbefugnis grundsätzlich auf alle Schiffe anwendbar sei. Allerdings müsse man die Richtlinie, die der Sicherheit an Bord dienen soll, unter Berücksichtigung völkerrechtlicher Regeln auslegen. Dazu zählt unter anderem die Pflicht, Personen in einer Gefahren- oder Notlage auf See Hilfe zu leisten. Verankert ist diese der Pressemitteilung des Gerichts zufolge im Völkerrecht.
"Das Urteil ist ein großer Erfolg für uns", sagte ein Sprecher von Sea-Watch. Italien müsse jetzt konkrete Anhaltspunkte für eine Hafenkontrolle vorlegen. Außerdem hatten die italienischen Behörden von den Sea-Watch-Schiffen eine Zertifizierung als Rettungsschiff verlangt. Diese Kategorie gebe es in Deutschland aber nur für Rettung im staatlichen Auftrag, nicht für eine zivilgesellschaftliche Initiative, erklärte Sea-Watch.
Auch das Gericht wies diese Forderung der italienischen Behörden zurück. Die "Sea-Watch 3" und "Sea-Watch 4" führen unter deutscher Flagge und erfüllten alle Forderungen des Flaggenstaats. Der Hafenstaat sei nicht befugt, weitere als die vom Flaggenstaat ausgestellten Zeugnisse zu verlangen, heißt es in der Mitteilung des EuGH.
Aktenzeichen C-14/21 und C-15/21
Dazu Sea-Watch:
Sea-Watch
EuGH Urteil: Klarer Sieg für Seenotrettung.
Monatelang waren die Sea-Watch 3 & Sea-Watch 4 aufgrund willkürlicher Hafenstaatkontrollen festgesetzt. Absurde Gründe u.a.: Forderung einer Zertifizierung, die es nicht gibt & zu viele gerettete Menschen an Bord. Dagegen haben wir geklagt.
In seinem heutigen Urteil hat der EuGH festgestellt: Seenotrettung ist eine Pflicht & Hafenstaatkontrollen dürfen in Zukunft nicht willkürlich gegen NGOs genutzt werden, um Schiffe festzusetzen & sie an ihrer Arbeit zu hindern. Das bedeutet konkret: Italien darf keine Fantasiezertifizierung verlangen, die es unter deutscher Flagge gar nicht gibt. Auch darf die Anzahl Geretteter kein Grund für eine Festsetzung sein. Zwar dürfen Hafenstaatkontrollen weiter stattfinden, jedoch planmäßig oder mit triftigem Grund.
Dass Hafenstaatkontrollen weiterhin an NGO-Schiffen stattfinden dürfen ist gut so. Denn sie sollen der Schiffssicherheit dienen, an der auch uns sehr viel liegt. Willkürliche Kontrollen hingegen müssen nun endlich ein Ende haben. Das Urteil gibt eine klare Rechtssicherheit für NGOs und ein Sieg für die Seenotrettung. In Zukunft werden die Schiffe somit weiter das tun, was sie am besten können: Menschen retten, anstatt willkürlich im Hafen festzusitzen.
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ECJ ruling: Clear win for sea rescue.
For months, the Sea-Watch 3 & Sea-Watch 4 were detained due to arbitrary port state controls. The absurd reasons: They were missing an imaginary certification that doesn't exist & too many rescued people were on board. So we filed a complaint.
In its ruling today, the ECJ stated: Rescue at sea is a duty & port state controls must not be used arbitrarily against NGOs in the future to detain ships & prevent them from doing their work. This means concretely: Italy can't demand an imaginary certification that doesn't even exist under the German flag. Also, the number of rescued persons isn't a reason for detention. While port state controls may continue to take place, they must be carried out on schedule or with a valid reason.
The fact that port state controls can continue to take place on NGO ships is a good thing. After all, they are intended to ensure ship safety, which is important to us. Arbitrary controls, on the other hand, must finally come to an end. The ruling provides clear legal security for NGOs and a victory for sea rescue. In the future, ships will thus continue to do what they do best: Rescue people instead of being arbitrarily stuck in port.
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