Sträfliches Versagen: Tod von Afghanistan-Ortskräften statt Rettung durch die Deutschen

10.10.2022 Eine erschreckende Bilanz wurde durch die parlamentarische Anfrage von MdB Clara Bünger (Linke) bekannt. In der Beantwortung musste die Bundesregierung mitteilen, dass mehr als 30 ehemalige Ortskräfte inzwischen ums Leben gekommen sind, "ein sträfliches Versagen" der alten Regierung, so Bünger.

Einen Bericht des Spiegels am 8. 10. griffen anschließend verschiedene Medien auf. Wir zitieren den Spiegel:

Evakuierung aus Afghanistan Bundesregierung räumt mehrere Todesfälle unter ehemaligen Ortskräften ein

Sie hofften vergebens auf Rettung durch die Deutschen: 32 afghanische Ortskräfte, Aktivisten und Familienangehörige sind seit der Machtübernahme der Taliban ums Leben gekommen. Nicht alle starben eines natürlichen Todes.

Als die Taliban im August 2021 die Macht in Kabul übernahmen, herrschte in der Bundesregierung Chaos: Eilig stellte man Listen zusammen, schmiedete Pläne für die Evakuierung der Menschen, die der Bundeswehr bei ihrem Einsatz geholfen hatten  – und nun ins Visier der Taliban geraten konnten. Ende August hob der letzte deutsche Evakuierungsflieger ab, seither müssen die Afghaninnen und Afghanen das Land aus eigener Kraft verlassen.
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Nun muss die Bundesregierung erstmals einräumen, dass Dutzende der Menschen, die man evakuieren wollte, bereits tot sind. Seit der Machtübernahme der Taliban sind demnach 32 ehemalige Ortskräfte, aus anderen Gründen besonders gefährdete Personen oder Familienangehörige gestorben, während sie auf eine Aufnahme durch Deutschland warteten. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Clara Bünger hervor, die dem SPIEGEL vorliegt.

Ortskraft beging Suizid

In ihrer Antwort listet die Bundesregierung die Ursachen für den Tod der Afghaninnen und Afghanen detailliert auf. Demnach sind 15 Menschen eines natürlichen Todes oder bei einem Unfall gestorben. Neun wurden gewaltsam getötet: Eine Ortskraft sei bei einem IS-Anschlag auf eine Moschee gestorben, ein Familienmitglied einer besonders gefährdeten Person bei einem Anschlag vor einer Passbehörde. Ein Verwandter einer Ortskraft sei umgebracht worden, weil er einst den afghanischen Streitkräften angehört habe. Bei sieben Personen sei die Todesursache unklar, eine Ortskraft habe Suizid begangen. Nach Angaben der Bundesregierung sei bei keinem der Todesfälle ein Zusammenhang mit der Tätigkeit für die Deutschen erkennbar.

Linken-Abgeordnete Bünger nennt die Bilanz ein »Desaster«. Die alte Regierung habe sträflich dabei versagt, gefährdete Menschen rechtzeitig aus Afghanistan herauszuholen, sagt sie dem SPIEGEL. »Und die neue Regierung hat es nicht einmal geschafft, wenigstens diejenigen in Sicherheit zu bringen, die eine Aufnahmezusage erhalten haben.«