12.03.2021 Mit der am 10.3. 2021 in Kabul eingetroffenen 37. Sammelabschiebung von 26 aus Afghanistan stammenden Männern wurde die Gesamtzahl der aus Deutschland Abgeschobenen auf 1015 erhöht. Dies meldete das Radionetzwerk Deutschland und schreibt: "Abschiebungen in das Krisenland sind umstritten. Trotz der Aufnahme von Friedensgesprächen geht der Bürgerkrieg mit den militant- islamistischen Taliban weiter. In den vergangenen zehn Jahren wurden dabei mehr als 100.000 Zivilisten getötet oder verletzt."
Nicht nur umstritten. Von vielen werden die Abschiebungen vehement abgelehnt. Die jüngste Entscheidung: Bei ihrer Vollversammlung am 10.03.2021 haben die bayerischen katholischen Bischöfe folgende Erklärung zur „Abschiebung von Flüchtlingen“ verabschiedet: „Während des ersten Lockdowns anlässlich der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 setzte die Bundesrepublik Deutschland alle Abschiebungen faktisch aus sowohl im Rahmen des Dublin-Abkommens innerhalb Europas als auch weltweit. Im Sommer 2020 wurden zunächst vereinzelt Abschiebungen innerhalb Europas wieder aufgenommen, dann auch weltweit zum Beispiel nach Pakistan, in die Ukraine oder nach Äthiopien. Im Dezember 2020 startete auch wieder ein eigener Abschiebeflug nach Afghanistan, ebenso im Januar und Februar 2021. In Zeiten der Pandemie sind Abschiebungen unter humanitären Gesichtspunkten unverantwortlich. Zum einen sind die Länder, in die abgeschoben wird, im besten Fall Schwellenländer, meist jedoch Entwicklungsländer, die in viel stärkerem Ausmaß als Deutschland von den Auswirkungen der Pandemie betroffen sind. Das gilt für die Wirtschaft wie auch das Gesundheitssystem. Die Verteilung von Impfstoffen ist in vielen dieser Länder noch in unerreichbarer Ferne. Die Situation in Afghanistan ist sinnbildlich für den Zustand in anderen Entwicklungs- und Krisenländern dieser Welt. Es ist unverantwortlich, wenn diese Staaten durch die Abschiebung von Flüchtlingen noch weiter belastet werden. Außerdem ist in Zeiten von Grenzschließungen und -kontrollen wegen der Verbreitung von Mutanten unnötiger Personenverkehr zu unterlassen. Auch die abgeschobenen Menschen werden einer unverantwortbaren Infektionsgefahr ausgesetzt, auch die deutschen Sicherheitskräfte, die die abzuschiebende Person begleiten, bzw. im Fall der Afghanistanabschiebungen auch das gesamte Personal des Flugzeugs. Die bayerischen Bischöfe fordern die politisch Verantwortlichen aus diesen Gründen auf, Abschiebungen bis auf Weiteres auszusetzen.“ (Quelle: Update zur Petition "Keine Abschiebung nach Afghanistan..."
In der selben Woche stellt MdB Ulla Jelpke nach Beantwortung ihrer Anfrage im Bundestag fest:
Tausende Afghanistan-Bescheide des BAMF rechtswidrig
Veröffentlicht am 9. März 2021 von Ulla Jelpke
„60 Prozent der Afghanistan-Bescheide des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erwiesen sich 2020 bei gerichtlicher Prüfung als falsch. In mehr als 8000 Fällen hat die Asylbehörde afghanischen Geflüchteten rechtswidrig Schutz vorenthalten. Dieses inakzeptable Ergebnis ist auch Folge der restriktiven politischen Vorgaben an das BAMF, die dringend geändert werden müssen. Solche Fehlerquoten sind ein unerhörter Skandal, denn es geht dabei um Leben und Tod“, erklärt die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, zur Antwort der Bundesregierung auf eine Mündliche Frage zur Schutzquote bei afghanischen Geflüchteten. Jelpke weiter:
„Abgelehnten Asylsuchenden droht die Abschiebung in ein Land, in dem nicht nur lebensgefährliche Anschläge an der Tagesordnung sind. Zudem ist das Gesundheitssystem in Afghanistan in einem desolaten Zustand und nicht in der Lage, an Covid-19 erkrankte Menschen zu versorgen. Durch die Pandemie hat sich auch die wirtschaftliche Lage dramatisch verschlechtert. Vier von zehn Menschen leiden in Afghanistan aktuell Hunger. Wer in solche Verhältnisse abschiebt, wie es für heute erneut angekündigt ist, spielt mit dem Leben und der Gesundheit der Betroffenen.
Daraus kann es nur eine Konsequenz geben: Alle Abschiebungen nach Afghanistan müssen sofort gestoppt werden. Zudem müssen alle bei den Gerichten anhängigen Afghanistan-Ablehnungen angesichts der untragbaren Fehlerquoten durch das BAMF noch einmal überprüft und gegebenenfalls abgeändert werden. Geflüchtete aus Afghanistan brauchen Schutz!“