Verschärfung der Migrationspolitik - Bundestagsbeschlüsse über Asylpaket ins neue Jahr geschoben. Faeser verlängert Grenzkontrollen, Spahn wünscht Abschiebungen nach Ruanda

17.12.2023  Einigkeit gab es, Georgien und Moldawien zu "sicheren Herkunftsländern" zu erklären. Aber über das zuletzt ausgehandelte Asylpaket mit diversen Verschärfungen wurde am 15.12.2023 nicht wie beabsichtigt abgestimmt. Die Regierung ist in sich noch uneins. Die Entscheidung wird wohl im Januar 2024 getroffen werden.

Zugleich verlängerte Innenministerin Faeser die stationären Kontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz, mindestens bis 15. März 2024. Sie wies auf Erfolge hin. "Seit Mitte Oktober gibt es stationäre Kontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz. Diese Maßnahmen werden nun verlängert, kündigte Innenministerin Nancy Faeser an. Mindestens bis zum 15. März kommenden Jahres sollen Beamte mit ihrer verstärkten Präsenz die Schleusungskriminalität und irreguläre Migration begrenzen. Bei der EU-Kommission sei die Verlängerung hinterlegt worden. Die Bundespolizei könne damit auch "weiterhin flexibel das gesamte Bündel an stationären und mobilen grenzpolizeilichen Maßnahmen einsetzen", sagte Faeser," berichtete die Tagesschau.

Derweil propagiert Spahn - dem gerade vorgelegten Entwurf für ein neues Grundsatzprogramm der CDU entsprechend - irregulär in die EU gereiste Geflüchtete, nach Ghana, Ruanda oder in osteuropäische Nicht-EU-Länder auszuweisen. "Wenn wir das vier, sechs, acht Wochen lang konsequent durchziehen, dann werden die Zahlen dramatisch zurückgehen". Er meint, das entspräche auch der Genfer Flüchtlingskonvention: "Wenn wir dafür sorgen, dass Verfolgte einen sicheren Schutzraum bekommen, dort gut versorgt werden und ohne Angst leben können, dann ist das Ziel der Flüchtlingskonvention erfüllt."

Wir zitieren einen Beitrag der Tagesschau

Eigentlich sollte das Asylpaket am Freitag im Bundestag beschlossen werden. Doch dazu kam es nicht. Opposition und Regierungsparteien kritisieren die Verzögerung. Unionsvize Spahn will illegal Eingereiste nach Ruanda oder Ghana schicken.

Lange und mühsam hatten Bund und Länder um eine Reform der Migrationspolitik gerungen. In der letzten Sitzung am Freitag hätte der Bundestag neue Staatsangehörigkeitsrecht und das sogenannte Rückkehrverbesserungsgesetz verabschieden sollen. Doch die Abstimmung wurde von der Tagesordnung genommen. Denn in Detailfragen finden SPD, Grüne und FDP offenbar nicht zueinander. Dem Vernehmen nach sträubt sich die FDP gegen Änderungswünsche der Grünen.

Sachen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff kritisierte die Verzögerung. "Die ungesteuerte Migration ist eines der größten Probleme in Deutschland", sagte der CDU-Politiker der Mitteldeutschen Zeitung. Länder und Kommunen seien damit überfordert. "Umso unverständlicher ist nun das durch die Bundesebene aufgestellte Stoppschild." Haseloff befürchtet, "dass durch die Verzögerung das Vertrauen der Menschen in die Handlungsfähigkeit der Politik weiter leidet".

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Mützenich: Reform kommt spätestens im April

Auch SPD-Chef Rolf Mützenich äußerte sein Bedauern über die Verschiebung. Er hätte sich gewünscht, dass der Bundestag die Regelung in dieser Woche verabschiedet. "Das ist an Detailregelungen für sehr kleine Gruppen von Betroffenen gescheitert, die aus meiner Sicht auch später hätten geregelt werden können."

Jetzt werde man "diese wirklich weitreichenden und wichtigen Reformen" erst im Januar verabschieden können, sagte er der Rheinischen Post. Mützenich rechnet demnach mit einem Inkrafttreten des Gesetzespakets spätestens im April 2024.

Auch der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil zeigte sich verärgert und forderte, dass das Gesetz "spätestens im Januar" verabschiedet wird. Das Maßnahmenpaket werde dazu führen, dass die Migrationszahlen sinken, sagte er im 'Bild'-Podcast "Ronzheimer". Ihn ärgere, dass es nicht in der am Freitag beendeten Sitzungswoche habe beschlossen werden können.

Kuhle: FDP fühlt sich Vereinbarungen verpflichtet

Der FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle wies Kritik an seiner Partei zurück und zeigte sich verärgert über die Verzögerung. "Es frustriert Länder und Kommunen, dass längst verabredete Maßnahmen für mehr Ordnung und Kontrolle in der Migrationspolitik im Deutschen Bundestag immer auf die lange Bank geschoben werden", sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Die Ministerpräsidentenkonferenz, einschließlich des Ministerpräsidenten Winfried Kretschmannm von den Grünen, habe einfachere Regeln für mehr Abschiebungen und weniger Fehlanreize im Sozialsystem mit dem Bund vereinbart.

"Die FDP fühlt sich diesen Vereinbarungen verpflichtet und hätte sie gerne in diesem Jahr noch im Deutschen Bundestag beschlossen." Die Koalition müsse Maßnahmen auf den Weg bringen, die an den Zahlen auch tatsächlich etwas veränderten, sagte Kuhle weiter. "Die Zahlen müssen sinken, auch um denjenigen Schutz bieten zu können, die unsere Hilfe brauchen. Gleichzeitig wollen wir das Staatsangehörigkeitsrecht stärker an der wirtschaftlichen Integration ausrichten und die Sicherung des Lebensunterhalts zur Bedingung machen."

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Abschiebungen, Ausreisegewahrsam, Zugang zum Arbeitsmarkt

Mit dem Gesetzespaket will die Ampel unter anderem dafür sorgen, dass Abschiebungen nicht mehr so oft im letzten Moment scheitern. Die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams soll dafür von bislang zehn auf 28 Tage verlängert werden. Die Reform soll auch der Polizei mehr Rechte einräumen. Sie sollen etwa in Gemeinschaftsunterkünften auch andere Räume als das Zimmer des Abzuschiebenden betreten dürfen.

Nach dem Gesetzentwurf sollen zudem Zuwanderer künftig bereits nach fünf Jahren Aufenthalt in Deutschland Staatsbürger werden können, wenn sie ihren Lebensunterhalt ohne staatliche Hilfe bestreiten können. Bisher müssen sie mindestens acht Jahre im Land leben. Bei guten Leistungen in Schule oder Job, guten Sprachkenntnissen oder ehrenamtlichem Engagement soll die Einbürgerung schon nach drei Jahren möglich sein. Wer einen deutschen Pass haben möchte, soll den alten dafür nicht mehr aufgeben müssen.

Schwesig: "Sind an unsere Grenzen gekommen"

In den Ländern und Kommunen entwickeln sich steigende Flüchtlingszahlen immer mehr zu einem konkreten Problem für die Verantwortlichen, berichtet Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern.

"Viele sehen, dass wir an unsere Grenzen gekommen sind. Wir haben immer mehr Beschlüsse in den Kommunen, dass Flüchtlingsheime nicht ausgebaut werden sollen. Und wir haben die großer Herausforderung, immer mehr Flüchtlinge unterzubringen." Mehr Flüchtlinge in immer kürzerer Zeit, das sei das Problem, so die SPD-Politikerin.

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Spahn will Geflüchtete in Nicht-EU-Länder schicken

Um die Migrationszahlen in Deutschland zu verringern, fordert der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Jens Spahn, irregulär in die EU gereiste Geflüchtete, nach Ghana, Ruanda oder in osteuropäische Nicht-EU-Länder auszuweisen. "Wenn wir das vier, sechs, acht Wochen lang konsequent durchziehen, dann werden die Zahlen dramatisch zurückgehen", sagte Spahn der Neuen Osnabrücker Zeitung.

Viele Menschen würden sich erst gar nicht mehr auf den Weg machen, wenn klar sei, dass dieser binnen 48 Stunden in einen sicheren Drittstaat außerhalb der EU führe. In der Genfer Flüchtlingskonvention stehe nicht, dass Schutz vor Kriegsverfolgung in der EU gewährt werden müsse, sagte Spahn: "Wenn wir dafür sorgen, dass Verfolgte einen sicheren Schutzraum bekommen, dort gut versorgt werden und ohne Angst leben können, dann ist das Ziel der Flüchtlingskonvention erfüllt."

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Juristische und humanitäre Bedenken

Gegen solche Verfahren in Drittstaaten haben Fachleute humanitäre und juristische Bedenken. So erklärte der Sachverständigenrat für Integration und Migration, es stelle sich die Frage, wie gewährleistet werden kann, dass die Verfahren unter Einhaltung europäischer Asyl- und Menschenrechtsstandards umgesetzt werden können. Dazu habe sich bislang kein Land bereit erklärt.

Der Drittstaaten-Vorschlag ist Kern des Migrationskonzeptes im Entwurf für das neue CDU-Grundsatzprogramm. Ziel seien "vertragliche Vereinbarungen, wonach Geflüchtete dort ein Asylverfahren bekommen und im Falle der Schutzgewährung dort sicher bleiben können", sagte Spahn. "Ruanda wäre wohl dazu bereit. Ghana möglicherweise auch. Auch mit osteuropäischen Ländern wie Georgien, Moldawien sollten wir sprechen." Spahn zeigte sich überzeugt, dass der Unions-Vorschlag mit einer "Koalition der Willigen" auf EU-Ebene mehrheitsfähig und umsetzbar sei.

Großbritannien Regierung vereinbarte gerade einen umstrittenen Abschiebe-Pakt mit Ruanda. Italien will in Albanien Zentren zur Aufnahme von Migranten errichten. Menschen, die von Schiffen der italienischen Behörden gerettet werden, sollen nach Albanien gebracht werden, um dort ihr Asylverfahren zu durchlaufen. Nur Menschen, deren Asylantrag bewilligt wird, sollen dann nach Italien gebracht werden. Das Abkommen liegt aus juristischen Gründen aber derzeit auf Eis.