25.07.2020 Eine dritte Konferenz innerhalb weniger Tage von EU-Innenministern in Sachen Migration und Flüchtlingsabwehr. Nach Gesprächen mit der nordafrikanischen Seite ging es in Wien am 23. Juli um die Balkanroute, die trotz ständiger dokumentierter Pushbacks immer noch nicht dicht genug zu sein scheint.
Zum Abschluss der zweitägigen Konferenz wurde eine neue Behörde der EU, die sogenannte "Plattform für den Kampf gegen illegale Migration mit Standort in Wien beschlossen, um Aktivitäten in den Bereichen Grenzschutz, Rückführungen, Schleppereibekämpfung und Asylverfahren zu koordinieren" (so das österreichische Innenministerium). Über die Plattform soll wie über die anderen "Reformen" der europäischen Asylpolitik im September in Brüssel beraten werden. Aber die Beteiligten sehen ihr Produkt bereits als sehr sicher an.
In der Pressemitteilung heißt es weiter: "Die letzten beiden Tage waren geprägt von intensiven Gesprächen und dem Willen, zusammen mehr zu tun", sagte Innenminister Karl Nehammer bei der Pressekonferenz im Anschluss des zweiten Teils der Ministerkonferenz zur Bekämpfung illegaler Migration an den östlichen Mittelmeerrouten am 23. Juli 2020 in der Wiener Hofburg. "Ich muss gestehen, wir haben mehr erreicht, als erwartet." Im gemeinsamen Diskurs mit den 20 hochrangigen Kommissions- und Regierungsvertreterinnen und –vertretern sei ein starkes Bündnis gegen illegale Migration geschlossen worden.
Gemeinsam wurde die "Wiener Erklärung" zum Kampf gegen illegale Migration beschlossen, so Nehammer weiter: "Damit können wir heute nicht nur konstruktive Gespräche, sondern auch eine politische Einigung verkünden." Ziel dieser Einigung sei es, in Wien eine Plattform für den Kampf gegen illegale Migration entlang der östlichen Mittelmeerrouten einzurichten, um Aktivitäten in den vier Kernbereichen Grenzschutz, Rückführungen, Schleppereibekämpfung und Asylverfahren zu koordinieren. "Wir wollen die Akteure und Aktionen entlang der östlichen Mittelmeerroute vernetzen und dadurch Lücken frühzeitig erkennen und schließen", erklärte der Innenminister. Quelle: https://www.bmi.gv.at/news.aspx?id=4C74546C6B2B74535A6B513D
Der STERN berichtet:
Bekämpfung illegaler Zuwanderung. EU und Westbalkan: Mit Plattform gegen illegale Migration
Bald will die EU Weichen für eine neue Asyl-Politik stellen. Nun machten viele Staaten schon mal klar, dass für sie der Grenzschutz entlang der Balkanroute hohe Priorität genießt.
Angesichts erneut steigender Migranten-Zahlen wollen die Staaten entlang der Balkanroute ihre Zusammenarbeit zur Bekämpfung illegaler Zuwanderung wieder verstärken.
Das ist das Ergebnis einer Konferenz von rund 20 Staaten in Wien. Die Maßnahmen zwischen der EU und den Ländern des Westbalkans sollen über eine neue Einrichtung koordiniert werden, sagte Österreichs Innenminister Karl Nehammer am Donnerstag. Dabei werde es neben dem Grenzschutz auch um Möglichkeiten einer Rückführung von Menschen ohne Bleiberecht und um schnellere Asylverfahren gehen.
Bundesinnenminister Horst Seehofer verwies darauf, dass in Deutschland mit etwa 300 bis 400 Zuwanderern pro Tag die Migration wieder das Niveau aus Zeiten vor der Coronakrise erreicht habe. Es sei davon auszugehen, dass der Trend anhalte. Dem CSU-Politiker zufolge soll die neue Plattform auch eine Art Frühwarnsystem sein. Details für die Arbeit der Einrichtung mit Sitz in Wien sollen im September festgezurrt werden.
Nach Angaben der EU-Grenzschutzagentur Frontex vom Juni wurden über das östliche Mittelmeer - also über die Türkei und Griechenland - im Mai 1250 irreguläre Grenzübertritte festgestellt. Dies waren achtmal so viele wie im April. Seehofer lobte, dass Polen während der Krise im März, als Zuwanderer an der türkisch-griechischen Grenze gewaltsam den Grenzfluss Evros überqueren wollten, 100 Polizeibeamte nach Griechenland geschickt habe.
Der deutsche Minister betonte die Bedeutung der geplanten neuen EU-Asylpolitik für die nächsten Jahrzehnte. Deutschland wolle die für September erwarteten Vorschläge der EU-Kommission vorantreiben. «Es funktioniert nicht gut», so Seehofer über die aktuelle Lage. Es müssten auch neue Wege für legale Zuwanderung von Arbeitskräften gefunden werden. Ein zentrales Ziel sei die engere Zusammenarbeit mit Herkunftsländern, um die Gründe der Flucht zu bekämpfen und die Möglichkeiten einer Rückkehr zu erweitern.
Der für Migration zuständige EU-Kommissionsvize Margaritis Schinas erklärte, die EU habe die Lehren aus der Migrationskrise 2015 gezogen. «Europa darf kein zweites Mal scheitern.» www.stern.de/politik/ausland/bekaempfung-illegaler-zuwanderung-eu-und-westbalkan--mit-plattform-gegen-illegale-migration-9349008.html
ND berichtet: Faule Tricks zur Flüchtlingsabwehr . EU plant Frühwarnsystem auf der Balkanroute...
»Einrichtung, Plattform, Frühwarnsystem« - was die EU gemeinsam mit den Ländern entlang der sogenannten Balkanroute plant, ist keine Entwicklung des Asylsystems in Europa. Eher geht es um seine weitere Abwicklung. Daraus machen die 20 beteiligten Staaten, die sich am Donnerstag zu einer Konferenz in Wien trafen, auch kein Hehl. Wien wird Sitz einer neuen Behörde, und Österreichs Innenminister Karl Nehammer fasste die Ziele zusammen: Neben dem Grenzschutz seien dies Möglichkeiten der Rückführung von »Menschen ohne Bleiberecht« und schnellere Asylverfahren.
Das Problem: Asylverfahren sind der juristisch garantierte Weg, ein Bleiberecht von Menschen erst festzustellen. Die EU sucht seit Jahren nach einem Weg, Asylverfahren abzukürzen oder zu umgehen. Die Entscheidung über das Schicksal der Geflüchteten soll möglichst an den EU-Außengrenzen fallen. Die geplante Wiener Behörde zielt nun auf jene Menschen, die es über die Außengrenzen geschafft haben. Dass sich Deutschlands Innenminister Horst Seehofer (CSU) unzufrieden zeigte, dass nicht adäquat nach Wegen auch legaler Zuwanderung gesucht werde, widerspricht dem nicht. Seehofer nannte es ein »zentrales Ziel«, mit Herkunftsländern gemeinsam Fluchtgründe zu bekämpfen und Rückkehrmöglichkeiten zu erweitern. ... https://www.neues-deutschland.de/artikel/1139568.faule-tricks-zur-fluechtlingsabwehr.html