Zivilgesellschaftliche Forderungen an die Innenminister*innenkonferenz - Geflüchtete Menschen brauchen Schutz – keine rassistische Hetze

17.06.2024 Der Flüchtlingsrat NRW appelliert er an die Landesregierung, sich gegen die auf der Tagesordnung der Konferenz stehende Abschiebung von Straftätern nach Afghanistan und Syrien einzusetzen. (s. unten) Und Pro Asyl fordert gemeinsam mit weiteren Organisationen: Geflüchtete Menschen brauchen Schutz – keine rassistische Hetze.

Wir zitieren eine Pressemitteilung von Pro Asyl:

Mit Blick auf die Innenminister*innenkonferenz (IMK) fordern Jugendliche ohne Grenzen, PRO ASYL, Flüchtlingsrat Brandenburg und terre des hommes Deutschland mit weiteren Organisationen: Geflüchtete Menschen brauchen Schutz – keine rassistische Hetze.

Am 20. Juni, dem Weltflüchtlingstag, tagt die IMK in Potsdam unter anderem zu den Themen Flucht und Migration. Die Innenminister*innen aller Bundesländer entscheiden hier auch über das Leben und die Zukunft der vielen geflüchteten Kinder und jungen Menschen in Deutschland. Die Perspektiven der Betroffenen bleiben dabei jedoch außen vor. Auch öffentlich finden sie wenig Gehör. Der Zusammenschluss Jugendliche ohne Grenzen organisiert daher gemeinsam mit Verbündeten rund um die IMK Protestaktionen. Zum Auftakt wurden heute bei einer gemeinsamen Pressekonferenz die Forderungen an die Innenminister*innen formuliert:

Abschiebestopps beschließen

“Es ist unverantwortlich, Menschen in Länder abzuschieben, in denen sie nicht sicher leben können oder in denen ihnen Verfolgung bis hin zu Folter und Todesurteilen drohen. Wir fordern die Innenminister*innen auf, einen sofortigen Abschiebestopp für Menschen aus dem Iran und für jesidische Männer, Frauen und Kinder aus dem Irak zu beschließen. Die Solidarität mit denen, die im Iran für Freiheit demonstrieren, und mit den Überlebenden des Genozids an Jesid*innen muss ernsthafte Konsequenzen haben“, sagt Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von PRO ASYL.

Zustände in Geflüchtetenunterkünften verbessern

“Viele Geflüchtete müssen trotz schlechter Wohnbedingungen in überfüllten Heimen für kleine Räume hohe Mieten zahlen. Ein Beispiel: Sechs Quadratmeter kosten 400 Euro pro Monat. Zudem gibt es in Heimen keinen separaten Wohnraum für bedürftige Menschen, psychisch Kranke oder Traumatisierte. Die Innenminister*innen müssen dringend die schlimmen Zustände in den Geflüchtetenunterkünften verbessern. Geflüchtete haben ein Recht auf Wohnen statt ein Leben im Lager!”, betont Mohamed Adam Abona Mohamed, Sprecher von Jugendliche ohne Grenzen.

Gegen die Bezahlkarte

„Anlässlich der Konferenz der Innenminister*innen kritisieren wir insbesondere die Einführung der Bezahlkarte. Mit einem extrem limitierten Zugang zu nur 50 Euro Bargeld bedeutet die Bezahlkarte in Brandenburg eine massive Einschränkung der eigenständigen Lebensführung von geflüchteten Menschen. Sie fliehen zu uns aus Angst vor Krieg und Verfolgung. Sie nun mittels Bezahlkarten zu gängeln, ist würdelos und reine Symbolpolitik, die rechten Kräften in die Hände spielt. Wir rufen dazu auf, sich gemeinsam und solidarisch gegen diese Form des Rassismus und der Ausgrenzung zu erheben. Löst endlich reale soziale Probleme anstatt Schuld auf geflüchtete Menschen zu schieben!“, fordert Vincent da Silva vom Flüchtlingsrat Brandenburg.

Besserer Schutz für junge Geflüchtete nötig

„Mehr als ein Drittel aller Asylantragstellenden in Deutschland sind Kinder. Die Innenminister*innen haben daher eine besondere Verantwortung, ihre Maßnahmen und Vorschläge so zu gestalten, dass der Schutz und die Rechte dieser Kinder gewahrt werden. Trotzdem beobachten wir in unseren Projekten tagtäglich, wie die Rechte junger Geflüchteter mit Füßen getreten werden: in der Massenunterkunft in Deutschland, in Lagern in Griechenland oder an der Grenze zwischen Polen und Belarus. Auch die aktuell diskutierten Ideen zur Auslagerung von Asylverfahren sind nicht nur unrealistisch und teuer, sondern schlicht rechtswidrig und unmenschlich. Wir fordern die Innenminister*innen auf, endlich Schutz statt Abschreckung an erste Stelle zu setzen und für sichere Fluchtwege zu sorgen“, sagt Annika Schlingheider, Referentin Flucht und Migration von terre des hommes.

 

Der Flüchtlingsrat NRW richtete mit Blick auf die Innenministerkonferenz ein Schreiben an die Landesregierung.

Schreiben des Flüchtlingsrats NRW an die Landesregierung:

Thema Abschiebungen auf der IMK

Anlässlich der bevorstehenden Konferenz der Innenministerinnen vom 19. bis 21.06.2024 in Potsdam hat der Flüchtlingsrat NRW sich mit einem Schreiben an Ministerpräsident Wüst, Flüchtlingsministerin Paul und Innenminister Reul gewendet. Darin appelliert er an die Adressatinnen, sich gegen die auf der Tagesordnung der Konferenz stehende Abschiebung von Straftätern nach Afghanistan und Syrien einzusetzen.

Abschiebungen in beide Staaten sind völkerrechtswidrig. Unter den Taliban und unter Assad kommt es zu Folter, willkürlichen Verhaftungen und anderen schweren Menschenrechtsverletzungen. Die humanitäre Lage im jüngst von schweren Naturkatastrophen befallenen Afghanistan und im kriegszerrütteten Syrien ist desaströs. Zudem würde die erforderliche Kooperation mit den Taliban und der Assad-Regierung eine faktische Anerkennung dieser mit internationalen Sanktionen belegten Unrechtsregime bedeuten.

Im Einzelnen legt der Flüchtlingsrat NRW seine Position in einem gemeinsam mit dem Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV), der Neuen Richtervereinigung (NRV), der Arbeitsgemeinschaft Migrationsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV), PRO ASYL und den anderen Landesflüchtlingsräten herausgegebenen Statement dar.

Auf der Tagesordnung der IMK steht weiterhin die Diskussion zur Aussetzung von Abschiebungen in den Iran, bzw. von Jesidinnen in den Irak, wobei NRW zu letzterem Punkt Bericht erstatten soll. Der Flüchtlingsrat NRW richtet den Appell an die Adressatinnen, mit Nachdruck auf die Umsetzung eines bundesweiten Abschiebestopps für beide Länder hinzuwirken.