13.05.2025 Bis zum 20. Juni, dem von den Vereinten Nationen seit 2001 ausgerufenen Aktionstag, ist es noch mehr als einen Monat hin. Doch in Vorbereitung auf diesen Tag wird jetzt schon vermehrt auf das drängende Leid der Geflüchteter hingewiesen. Deren Zahl zeigt immer höher.
Das spektakuläre Kunstprojekt "100 Boote - 100 Millionen Menschen" wird fortgeführt. (s. unten)
ZDF-Bericht vom 12.05.2025: Fast 66 Millionen Menschen wurden 2024 in ihren eigenen Ländern vertrieben - neuer Rekord. Zwei Drittel flohen vor Naturkatastrophen, die meisten davon in den USA durch Hurrikane.
Die Beobachtungsstelle konzentriert sich auf Menschen, die im eigenen Land geblieben sind, also Binnenvertriebene. Insgesamt müssen durch Kriege, Konflikte oder Katastrophen deutlich mehr Menschen ihre Heimat verlassen.
Neue bewaffnete Konflikte und Naturkatastrophen haben 2024 für einen Rekord bei den Binnenvertriebenen geführt - also Menschen, die im eigenen Land anderswo Zuflucht suchen mussten.
Weltweit lag die Zahl der Binnenvertriebenen Ende des Jahres bei 83,4 Millionen, wie die Beobachtungsstelle für Binnenvertriebene (IDMC) in Genf berichtet. Das ist mehr als doppelt so viel wie sechs Jahre zuvor und fast zehn Prozent mehr als 2023. Fast 90 Prozent der Menschen flohen vor Gewalt und Kämpfen.
Insgesamt zählte die Beobachtungsstelle für das vergangene Jahr 65,8 Millionen neue Vertreibungen. Gut zwei Drittel davon waren auf Naturkatastrophen zurückzuführen - auch eine Rekordzahl.
USA: So viele wie nie fliehen vor Naturkatastrophen
Die Zahl der Vertreibungen durch Naturkatastrophen war nirgends so hoch wie in den USA, berichtet die Beobachtungsstelle. Auslöser waren unter anderem die Hurrikane "Helene" und "Milton".
In den USA gab es im Jahr 2024 elf Millionen Vertreibungen. Das waren innerhalb eines Jahres so viele wie in keinem Land seit Beginn der Aufzeichnungen 2008. Hintergrund: Unter "Vertreibungen" werden auch Evakuierungen vor Unwettern gezählt.
Die Beobachtungsstelle nennt als Hotspots etwa die Demokratische Republik Kongo, die besetzten palästinensischen Gebiete und den Sudan. Die Zahl der Vertreibungen umfasst auch Menschen, die mehrmals ihren Wohnort verlassen mussten und liegt daher höher als die Zahl der Vertriebenen.
Viele Menschen fliehen mehrfach
Viele Menschen müssen mehrfach fliehen, weil sie an ihrem ersten Zufluchtsort nicht sicher sind oder weil sie durch eine weitere Katastrophe erneut vertrieben werden. Deshalb werden sowohl Vertreibungen innerhalb eines Jahres als auch die Zahl der Vertriebenen zum Ende des Jahres gezählt. Manche Vertriebene konnten seit Jahren nicht in die Heimat zurück.
Als Beispiel: 2024 zählte die Beobachtungsstelle 3,2 Millionen Vertreibungen in den von Israel besetzten palästinensischen Gebieten. Am Stichtag Ende 2024 waren es aber 2,03 Millionen Vertriebene, darunter praktisch die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens. Für die USA waren es elf Millionen Vertreibungen, aber Ende des Jahres gab es nur noch 22.000 Vertriebene.
Gesamtzahl der Vertriebenen noch höher
Die Beobachtungsstelle konzentriert sich auf Menschen, die im eigenen Land geblieben sind, also Binnenvertriebene. Insgesamt müssen durch Kriege, Konflikte oder Katastrophen deutlich mehr Menschen ihre Heimat verlassen.
Viele fliehen über die Grenzen in andere Länder und werden für diese Statistik nicht gezählt. Mitte 2024 sprach das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) bereits von 122,6 Millionen Vertriebenen weltweit - in ihren Heimat- und anderen Ländern.
Schöne Bilder aus Brüssel
Die AWO Sachsen-Anhalt startete eine spektakuläre Aktion, die bis zum 20. Juni weitergeführt wird. Vielleicht auch in Bonn?
- Bericht aus Brüssel, mdr: Schüler an Kunstprojekt beteiligt 130 Papierboote vor dem EU-Parlament: Arbeiterwohlfahrt macht auf Geflüchtete aufmerksam
12. Mai 2025. Mit dem Kunstprojekt "100 Boote – 100 Millionen Menschen" protestiert die Arbeiterwohlfahrt (AWO) vor dem EU-Parlament in Brüssel gegen die europäische Flüchtlingspolitik – und fordert sichere Wege für Schutzsuchende. Vor Ort sind auch Dutzende Schülerinnen und Schüler aus Sachsen-Anhalt.
Mehr als hundert XXL-Origami-Boote stehen seit Montagvormittag vor dem Parlament der Europäischen Union in Brüssel. Wie der Landesverband Sachsen-Anhalt der Arbeiterwohlfahrt (AWO) mitteilte, soll mit dem Kunstprojekt "100 Boote – 100 Millionen Menschen" aus 130 Papierbooten auf die wachsende Zahl von weltweit rund 130 Millionen Geflüchteten aufmerksam gemacht werden.
Mit der Aktion soll demnach ein Zeichen für Menschen gesetzt werden, die vor Naturkatastrophen, Krieg, Armut und Hunger fliehen. Bereits zum Weltflüchtlingstag am 20. Juni 2024 waren 112, der mehr als fünf Meter langen Faltboote in Berlin zu sehen – nun wurde das Projekt auch vor dem EU-Parlament in Brüssel fortgesetzt. Die Flotte wachse stetig, da sich auch die Zahl der Geflüchteten weltweit weiter erhöht, heißt es.
AWO fordert sichere Fluchtwege
Angesichts der weltweiten Flucht-Bewegungen hat die AWO zu mehr Menschlichkeit, Verantwortung und einer solidarischen EU-Asylpolitik aufgerufen. "Viele fliehen vor Gewalt, Terror, Armut und Perspektivlosigkeit – und sterben, weil Europa wegsieht oder Deals mit autoritären Staaten schließt", sagte Barbara Höckmann, Vorsitzende des AWO-Präsidiums Sachsen-Anhalt. Schutz suchende hätten Anspruch auf faire Asylverfahren und Schutz vor Zurückweisung – Voraussetzung dafür seien legale, sichere Fluchtwege nach Europa.
100 Schüler aus Sachsen-Anhalt in Brüssel
Aus Sachsen-Anhalt haben sich laut Arbeiterwohlfahrt 100 Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit ihren Booten auf den Weg nach Brüssel gemacht. Sie wollen sich aktiv an der Aktion beteiligen. Die bemalten Boote wurden zudem von rund 1.500 Mitarbeitenden, Freiwilligen und Jugendlichen aus 15 Schulen bundesweit gestaltet...
Bereits im vergangenen Jahr gab es eine solche Aktion in Köln:
- WDR-Bericht vom 27.05.2024: Solidarität mit Flüchtenden: AWO Kunstaktion mit bunten Booten vor dem Kölner Dom
Vor dem Kölner Dom wurden am Montag sieben große Papierboote ausgestellt. Sie sind Teil des sozialkritischen Kunstprojekts "100 Boote - 100 Millionen Menschen".
Knapp vier Meter lang und anderthalb Meter breit sind die sieben Papierboote, die heute auf der Kölner Domplatte standen. Wie gerade an der Küste gestrandet. Sie wurden von verschiedenen Initiativen aus der Region gestaltet, zum Beispiel von einem Seniorenzentrum aus Köln-Chorweiler und einem Jugendprojekt aus Bergisch-Gladbach.
Flucht und Migration künstlerisch verarbeitet
Die Boote zeigen verschiedene Motive zum Thema Flucht und Migration. Musikalisch wurde die Kunstaktion von der iranischen Sängerin Sheyda Ghavami begleitet. Sie musste aus ihrem Heimatland fliehen und berichtete von ihrer eigenen Fluchterfahrung.
Ehrenamtliche falteten riesige Papierboote
Der AWO Landesverband Sachsen-Anhalt e.V. hat die Aktion ins Leben gerufen. Dort haben über 600 Ehrenamtliche die Papierboote gefaltet. Insgesamt wurden über 100 solcher Papierboote von 30 AWO-Verbänden in ganz Deutschland von Menschen zwischen zwei und 85 Jahren gestaltet. Zum Weltflüchtlingstag am 20. Juni werden alle Papierboote auf der Berliner Museumsinsel ausgestellt. Die 100 Boote stehen stellvertretend für 100 Millionen Menschen, die weltweit auf der Flucht sind.