26.11.2022 Regulär vs. irregulär? Die Auseinandersetzungen in der EU über die Aufnahme von Migranten bzw. die Abschottung gegenüber Ankommenden gehen weiter. Drastisch sichtbar wurden sie an der langen Weigerung, die von zivilen Rettungsschiffen geborgenen Männer, Frauen und Kinder in sicheren Häfen in Italien an Land gegen zu lassen.
Vor dem Hintergrund von schätzungsweise 10 Millionen in Europa aufgenommenen Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine sind die Aufnahmesysteme vieler Staaten über die Maßen beansprucht. So auch in Deutschland, wo angesichts des Wohnungsmangels zunehmend Turnhallen, Messe- und Gewerbehallen zur Unterbringung eingerichtet werden.
Zu diesen als regulär angesehenen Flüchtenden kommen die sogenannten "irregulären". Laut UNHCR kamen in diesem Jahr bisher 140.527 Schutzsuchende über den Mittelmeerraum nach Europa. Bei der Behandlung dieser wird wieder einmal erkennbar, dass trotz großer Worte wirkliche Solidarität und Menschlichkeit auf Ebene der Kommission und der Minister*innen kaum eine Rolle spielen. Wie immer seit "Dublin" scheint das Fernhalten vom eigenen Staat der wirkliche Antrieb zu sein. Der im Sommer diesen Jahres von 20 EU-Staaten verkündete "Solidaritätsmechanismus" gegenüber Italien und anderen Ankunftsländern z. B. wurde bisher kaum umgesetzt, Italien wurde wie all die Jahre zuvor mit den Angelandeten allein gelassen. Das waren in diesem Jahr bereits mehr als 92.000 Menschen.
Im Bestreben, die verglichen mit 2021 gestiegene Zahl wirksamer zu begrenzen, gab es in der vergangenen Woche auf EU-Ebene rege Tätigkeit, die zunächst ohne Ergebnis blieb. Nach der Vorlage eines „Aktionsplanes für das zentrale Mittelmeer“ der Kommission am 21.11., einer Debatte im EU-Parlament am 23.11. und einem Minister*innentreffen am 25.11. wurde keine Einigung erzielt. Ob es eine Lösung bei der nächsten Zusammenkunft am 6. Dezember geben wird, ist ungewiss. Es ist zu befürchten, dass sich die Kräfte der Abschottung wie bisher durchsetzen werden.
Dem Aktionplan kommt auch die Bedeutung zu, als als "Vorbild für die Ausarbeitung ähnlicher, an die Besonderheiten anderer Migrationsrouten angepasster Pläne [zu] dienen". "Die EU wird die Entwicklungen auf anderen wichtigen Migrationsrouten nach Europa, u. a. auf der durch die Türkei und das östliche Mittelmeer führenden Route, der westlichen Mittelmeerroute bzw. der Atlantikroute sowie entlang der Westbalkanroute, weiterhin aufmerksam verfolgen," so die Pressemitteilung der Kommission.
Im Folgenden eine Auswahl von Zitaten aus der letzten Woche und der Hinweis auf die Quellen, denen die Zitate entnommen wurden.
Pressemitteilung der EU-Kommission 21.11.2022
Migrationsrouten: Kommission schlägt Aktionsplan für das zentrale Mittelmeer zur Bewältigung der unmittelbaren Herausforderungen vor
.. legt die Kommission einen EU-Aktionsplan für das zentrale Mittelmeer vor. Die Kommission betont, dass strukturelle Lösungen nur dann erzielt werden können, wenn eine Einigung über das gesamte Paket von Asyl- und Migrationsreformen, über das derzeit verhandelt wird, zustande kommt. Sie schlägt jedoch eine Reihe operativer Maßnahmen zur Bewältigung der unmittelbaren und anhaltenden Herausforderungen entlang der zentralen Mittelmeerroute vor.
Der Aktionsplan sieht entlang von drei Säulen 20 Maßnahmen vor, die von der EU und ihren Mitgliedstaaten vorangetrieben werden. Sie sind dafür konzipiert, die irreguläre und unsichere Migration zu verringern, Lösungen für die sich abzeichnenden Herausforderungen im Bereich der Such- und Rettungseinsätze zu bieten und die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten zu stärken. Der vollständige Aktionsplan ist hier abrufbar.
Säule Eins: Mit Drittländern und internationalen Organisationen zusammenarbeiten
Zur Bewältigung der Herausforderungen im Bereich Migration ist eine verstärkte Zusammenarbeit mit Partnerländern und internationalen Organisationen von entscheidender Bedeutung. Die EU wird durch den Ausbau der Kapazitäten Tunesiens, Ägyptens und Libyens eine Verbesserung des Grenz- und Migrationsmanagements gewährleisten. Sie wird die Migrantenschleusung noch entschlossener bekämpfen und sich auf diplomatischer Ebene verstärkt für Rückführungen bzw. legale Wege zur Einreise in die EU einsetzen. Zur Koordinierung dieser Maßnahmen und zur Maximierung ihrer Wirkung wird die EU ihre Koordinierungsstrukturen besser nutzen und vor Jahresende eine eigene Team-Europa-Initiative für den zentralen Mittelmeerraum ins Leben rufen.
Säule Zwei: Ein besser koordinierter Ansatz für Such- und Rettungseinsätze
In dem Aktionsplan werden Maßnahmen für eine stärkere Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und allen an Such- und Rettungsaktionen im zentralen Mittelmeerraum beteiligten Akteuren unter Mitwirkung der im Rahmen des neuen Pakets angekündigten Europäischen Kontaktgruppe für Such- und Rettungseinsätze vorgeschlagen. Frontex wird gemeinsam mit den betroffenen Mitgliedstaaten eine Bewertung der Lage im zentralen Mittelmeer vornehmen. Eine engere Koordinierung mit dem UNHCR und der IOM wird sichergestellt werden. Auf der Ebene der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation sollte man sich um Gespräche bemühen, bei denen die Frage behandelt wird, ob ein spezifischer Rahmen und spezifische Leitlinien für Schiffe mit dem Schwerpunktthema Such- und Rettungsaktionen erforderlich sind.
Säule Drei: Intensivierung der Anstrengungen zur Umsetzung des freiwilligen Solidaritätsmechanismus und des gemeinsamen Fahrplans
Die am 22. Juni 2022 vereinbarte Solidaritätserklärung sieht einen freiwilligen und auf ein Jahr befristeten Mechanismus vor, mit dem die Zeit bis zur Einführung des dauerhaften Systems im Rahmen des Pakets überbrückt wird. Im Aktionsplan wird vorgeschlagen, die Umsetzung des Mechanismus zu beschleunigen, um unter anderem die Mitgliedstaaten, in denen Personen auf dem Seeweg ankommen, rasch zu unterstützen, für mehr Flexibilität zu sorgen, Verfahren zu straffen und die Finanzierung alternativer Solidaritätsmaßnahmen durchzuführen.
Nächste Schritte
Die Kommission wird dem Rat den Aktionsplan anlässlich der außerordentlichen Tagung des Rates „Justiz und Inneres“ am 25. November vorlegen.
Die EU wird die Entwicklungen auf anderen wichtigen Migrationsrouten nach Europa, u. a. auf der durch die Türkei und das östliche Mittelmeer führenden Route, der westlichen Mittelmeerroute bzw. der Atlantikroute sowie entlang der Westbalkanroute, weiterhin aufmerksam verfolgen. In diesem Zusammenhang kann dieser Aktionsplan als Vorbild für die Ausarbeitung ähnlicher, an die Besonderheiten anderer Migrationsrouten angepasster Pläne dienen.
Ylva Johansson, EU-Innenkommissarin, 21.11.2022
"Der Aktionsplan, den wir heute präsentieren, hat drei Säulen. Die erste ist eine bessere Zusammenarbeit mit Partnerländern und internationalen Organisationen. Zweitens wollen wir einen neuen Ansatz für die Suche und Rettung auf See. Drittens müssen wir den Solidaritätsmechanismus und den gemeinsamen Fahrplan für einen Asyl- und Migrationspakt umsetzen." (Tagesschau)
"Die rechtliche Verpflichtung zur Seenotrettung ist völlig klar. Und diese Pflicht besteht auch unabhängig von den Umständen, die dazu geführt haben, dass Menschen in diese Notlage geraten sind. Leben retten geht über alles. Aber es müssen Fragen im Zusammenhang mit den Schiffen der privaten Seenotretter geklärt werden. Es ist notwendig, dass alle Akteure - wie Mitgliedstaaten, Ankunftsländer und jene, unter deren Flagge die Schiffe fahren - kooperieren."
Zeit 21. November 2022: EU-Kommission will Migration über das Mittelmeer eindämmen
Das Mittelmeer ist laut Kommission "nicht der richtige Weg", um in die EU zu kommen. Gemeinsam mit Herkunfts- und Durchreiseländern sollen Alternativen gefunden werden.
Die EU-Kommission hat eine engere Kooperation mit nordafrikanischen Staaten zur Eindämmung der Migration angekündigt. Trotz zunehmender Einwanderung über den Westbalkan erfolgten die meisten irregulären Ankünfte weiterhin über das zentrale Mittelmeer, sagte Innenkommissarin Ylva Johansson. Seit Jahresbeginn seien mehr als 90.000 Migranten und Geflüchtete auf diesem Weg nach Europa gelangt, über 50 Prozent mehr als im Vorjahr. Viele stammten aus Bangladesch, Ägypten oder Tunesien und hätten keinen Anspruch auf internationalen Schutz.
Johansson sagte, die EU werde den Grenzschutz und das Migrationsmanagement in Tunesien, Ägypten und Libyen stärken und mit diplomatischem Druck auf die Rückführung abgelehnter Asylsuchender hinwirken. Mitte Dezember solle eine entsprechende Initiative beginnen.
Als zweiten Pfeiler wolle man die Such- und Rettungsaktivitäten aller Akteure besser abstimmen und zudem mit den UN-Organisationen für Flüchtlinge, Migration und Seefahrt zusammenarbeiten. Drittens dränge die EU-Kommission auf die Umsetzung des Solidaritätsmechanismus, den die Mitgliedsstaaten bereits vereinbart hatten. Damit sollen Länder unterstützt werden, in denen viele Bootsflüchtlinge ankommen. Derzeit betrifft dies vor allem Italien.“
DW 21.11.2022
EU-Aktionsplan soll illegale Migration übers Mittelmeer eindämmen
Die illegale Migration über das zentrale Mittelmeer soll nach dem Willen der EU-Kommission deutlich entschlossener bekämpft werden. Das sieht ein Aktionsplan vor, den die Behörde vorgestellt hat. ...
Der Aktionsplan sieht insbesondere vor, die Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Durchreiseländer zu intensivieren und in Nordafrika ein neues Programm gegen Menschenschmuggel zu starten. In ihrem 20-Punkte-Plan verweist die Kommission auf bereits angekündigte Vorhaben wie etwa eine stärkere Zusammenarbeit der Grenzschutzagentur Frontex mit Transitländern wie Libyen und dem Niger. Nationale Aktivitäten von EU-Staaten sollen in einer "Team Europe Initiative" zusammengeführt und besser koordiniert werden. Für den Einsatz von privaten Seenotrettungsschiffen, die immer wieder Hunderte Migranten in europäische Häfen bringen, könnte es einen speziellen Rahmen und Richtlinien der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation geben.
Nur 100 Bootsmigranten in andere Staaten verlegt
Die Pläne für eine freiwillige Umverteilung tausender Flüchtlinge in der Europäischen Union laufen bisher ins Leere: EU-Innenkommissarin Johansson sagte dazu in Brüssel, nur rund hundert von mehr als 8000 Migranten aus Ankunftsländern wie Italien oder Griechenland hätten bisher wie zugesagt Aufnahme in anderen EU-Staaten gefunden. Die Bundesrepublik und Frankreich wollten ursprünglich 3500 der Menschen aufnehmen. Deutschland und ein Dutzend weiterer EU-Staaten hatten sich im Juni unter französischem Vorsitz auf einen "freiwilligen Solidaritätsmechanismus" geeinigt. Damit sollte eine "Koalition der Willigen" besonders belasteten Ankunftsländern wie Italien oder Griechenland Migranten abnehmen, die Aussicht auf Asyl haben.
Besonders kompliziert macht die Situation, dass die neue rechte Regierung in Rom private Rettungsschiffe mit Migranten am liebsten gar nicht mehr in italienische Häfen fahren lassen würde. Auch deswegen hat die tschechische EU-Ratspräsidentschaft für den kommenden Freitag ein Sondertreffen der Innenminister in Brüssel einberufen. Dabei dürfte es auch um den neuen Aktionsplan gehen.
Italien begrüßt den Aktionsplan
Der italienische Innenminister Matteo Piantedosi zeigte sich über die Ankündigung aus Brüssel zufrieden. Der Solidaritätsmechanismus habe für Italien bis heute "absolut unzureichende Ergebnisse" geliefert, kritisierte der parteilose Minister. Piantedosi forderte außerdem eine bessere Koordinierung der Such- und Rettungseinsätze im Mittelmeer, die auch die Flaggenstaaten einbinde. Damit bezog er sich auf den jüngsten Fall mehrerer Schiffe von privaten Hilfsorganisationen. Diese fuhren unter den Flaggen Deutschlands und Norwegens. Die Staaten sahen sich allerdings nicht in der Verantwortung, als die Schiffe tagelang mit fast 1000 geretteten Migranten an Bord vor der Küste Italiens auf die Zuweisung eines Hafens warteten.
Pressemitteilung der Grünen / EFA im EU-Parlament 23.11.2022: EU muss dringend eingreifen, um Leben auf See zu retten
Heute (Mittwoch, 23. November) debattierten die Mitglieder des Europäischen Parlaments über eine europäische Lösung für die Seenotrettung im Mittelmeer. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration sind seit Anfang diesen Jahres mehr als 2000 Menschen bei dem Versuch, nach Europa zu gelangen, im Mittelmeer ums Leben gekommen. Die Grünen/EFA-Fraktion fordert die Mitgliedstaaten auf, das Völkerrecht und die Menschenrechte zu respektieren, Solidarität mit den EU-Ländern zu zeigen, in denen besonders viele Geflüchtete ankommen, und eine stärkere Rolle bei der Suche und Rettung im Mittelmeer zu übernehmen. Die Europäische Kommission hat am 21. November einen neuen Aktionsplan für das zentrale Mittelmeer vorgelegt, der am 25. November im Rat für Inneres und Justiz diskutiert werden soll.
Erik Marquardt, Mitglied der Grünen/EFA im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, kommentiert:
„Es ist beschämend, dass wir immer wieder über Solidarität und Menschenrechte diskutieren, aber die Realität für Geflüchtete an den Außengrenzen immer grausamer wird. Auf Seenotrufe wird nicht reagiert. Wenn Frontex Boote in Seenot findet, informiert die Grenzschutzagentur nicht Rettungsboote in der Nähe, sondern lässt libysche islamistische Milizen die Menschen zurück in Lager bringen, in denen Frauen vergewaltigt und Männer gefoltert werden. Tausende Menschen sind bereits gestorben und täglich werden es mehr. Statt den privaten Seenotrettern und Seenotretterinnen zu danken, die in dieser riesigen humanitären Krise humanitäre Hilfe leisten, werden die Organisationen diffamiert und kriminalisiert.
In einer weitgehend faktenbefreiten Debatte um die Seenotrettung im Mittelmeer wird den Hilfsorganisationen vorgeworfen, ein Pull-Faktor zu sein. Für die Behauptung liegen keinerlei Beweise vor, aber viele Gegenbeweise. Ob in Studien oder durch Untersuchungen der Irini-Mission, das Ergebnis ist immer gleich. Es hängt vom Wetter ab und nicht von Seenotrettungsschiffen, ob sich Menschen auf den Weg machen. Bei der Seenotrettung geht es darum, ob Menschen in Not sterben müssen oder vor dem Ertrinken gerettet werden.
Die EU-Kommission finanziert die Seenotrettung mit null Euro und kommt ihrer eigenen Pflicht zur Seenotrettung nicht nach. Wir brauchen eine faire und solidarische Verteilung von Geflüchteten innerhalb der EU und sichere und legale Wege, um die Europäische Union zu erreichen und Asylanträge zu stellen.”
Tagesschau 25.11.2022: Flucht über das Mittelmeer - EU-Kommission fordert mehr Zusammenarbeit
Nach einem heftigen Streit zwischen Italien und Frankreich über die Aufnahme von Migranten haben die EU-Innenminister getagt. Eine Lösung ist nicht in Sicht. Die EU-Kommission forderte zu mehr Zusammenarbeit auf.
Angesichts des starken Anstiegs der Migration über das Mittelmeer hat die Europäische Kommission die Regierungen der EU-Staaten zu mehr Zusammenarbeit aufgerufen. Ein zentraler Punkt sei es, die Solidarität und die Lastenteilung zu verbessern, sagte der für Migration zuständige Kommissionsvizepräsident Margaritis Schinas bei einem Krisentreffen der Innenminister in Brüssel.
Zudem seien eine bessere Zusammenarbeit bei Rettungseinsätzen für Migranten und eine bessere Kooperation mit Herkunfts- und Transitländern wichtig. Bei dem Krisentreffen in Brüssel sollte vor allem versucht werden, den Streit über die Aufnahme von Bootsflüchtlingen zu entschärfen, die von Schiffen von Hilfsorganisationen im Mittelmeer aufgenommen und dann in Richtung EU gebracht werden.
Frankreich bleibt hart
Italien hatte zuletzt einem solchen Schiff die Einfahrt in einen Hafen verweigert, worauf es nach Frankreich weiterfuhr. Die Regierung in Paris war darüber empört und verwies darauf, dass Rettungsschiffe ein Recht darauf hätten, in den nächstgelegenen sicheren Hafen zu fahren.
Frankreich blieb bei dem Treffen hart gegenüber Rom. Solange die rechtsgerichtete italienische Regierung die Häfen nicht für Rettungsschiffe öffne, werde Frankreich nicht wie zugesagt Tausende Migranten von Italien übernehmen, sagte der französische Innenminister Gérald Darmanin. Darmanin warf Italien vor, mit der Schließung seiner Häfen für Rettungsschiffe wie zuletzt die "Ocean Viking" das "Seerecht zu missachten". Damit gebe es für Frankreich wie auch für Deutschland "keinen Grund", wie zugesagt je 3500 Menschen von Italien zu übernehmen.
Wir müssen aus einer Situation herauskommen, in der dieselben Staaten aufgerufen sind, Schiffe aufzunehmen und Umsiedlungen aus anderen Mitgliedstaaten durchzuführen.
Italien fordert mehr Unterstützung
Italien kritisierte hingegen mangelnde Solidarität anderer EU-Staaten in der Flüchtlingspolitik und forderte mehr Unterstützung. Zudem wurde den Besatzungen von Rettungsschiffen vorgeworfen, mit ihrem Einsatz im Mittelmeer das Geschäft von Schleuserbanden zu fördern. Diese brachten zuletzt vor allem Menschen aus Tunesien, Ägypten und Bangladesch auf den lebensgefährlichen Weg in Richtung EU.
System zur Umverteilung
Der griechische Minister für Einwanderung und Asyl, Notis Mitarachi, forderte ein verpflichtendes System zur Umverteilung von Geflüchteten. "Wir reden schon zu lange über eine europäische Lösung für die Migrationskrise", sagte er in Brüssel. Nun müsse es "Resultate" geben. Der EU ist es seit 2015 nicht gelungen, sich auf verbindliche Aufnahmeregeln zu einigen.
Bessere Zusammenarbeit mit Herkunftsländern
Grundlage der Gespräche der Innenminister war ein Aktionsplan, den die EU-Kommission am vergangenen Montag vorgelegt hatte. Er sieht insbesondere vor, die Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Durchreiseländern zu intensivieren und in Nordafrika ein neues Programm gegen Menschenschmuggel zu starten. Für den Einsatz von privaten Seenotrettungsschiffen, die immer wieder Hunderte Migranten in europäische Häfen bringen, könnte es einen speziellen Rahmen und Richtlinien der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation geben.
Zudem soll der freiwillig von rund 20 EU-Staaten unterstützte "Solidaritätsmechanismus" besser genutzt werden. Er wurde im Juni ins Leben gerufen, um Länder zu unterstützen, in denen viele Bootsflüchtlinge ankommen. Diplomaten kritisierten vor dem Ministertreffen, dass der Aktionsplan nicht viel mehr als eine Zusammenstellung alter Maßnahmen und Vorschläge sei.
Nach Angaben des Innenministeriums in Rom kamen in Italien seit Anfang des Jahres mehr als 94.000 Migranten an. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stieg die Zahl damit um etwa 53 Prozent. Die zuständige EU-Kommissarin Ylva Johansson beschrieb die Situation am Montag als nicht haltbar und verwies dabei auch darauf, dass nur die wenigsten Ankommenden wegen politischer Verfolgung ihre Heimat verlassen.
Ylva Johansson, zuständige EU-Kommissarin
"Wir müssen bedenken, dass eine deutliche Mehrheit der Menschen, die heute über diese zentrale Mittelmeerroute ankommen, keinen internationalen Schutz braucht" Viele dieser Menschen wollten in der EU vor allem Geld verdienen.
Jean Asselborn, Luxemburg:
"Ich hoffe, dass wir nicht unsere ganze Energie verschwenden, um Häfen zu zu machen, sondern zu versuchen, dass wir wirklich im Kopf wissen, dass Menschen, die gerettet sind, mindestens ein Recht haben auf eine Prozedur. Ob sie dann internationalen Schutz bekommen, Ja oder Nein. Es gibt kein Argument, das zu verwehren."
Nachgang ZDF 27.11.2022: EVP-Chef Weber fordert: Mehr Solidarität mit Ukraine-Flüchtlingen
EVP-Chef Weber fordert angesichts des nahenden Winters mehr Solidarität bei der Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge. Alle EU-Staaten müssten Verantwortung übernehmen.
Angesichts des bevorstehenden Winters hat der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, die EU-Staaten zu mehr Solidarität bei der Unterbringung ukrainischer Flüchtlinge aufgefordert.
"Wenn jetzt über den Winter hinweg weitere Ukrainer durch die russischen Bombardements und Angriffe gezwungen werden zu fliehen, dann muss das westliche Europa mehr Verantwortung übernehmen", sagte der CSU-Politiker der "Bild am Sonntag". Diese "beispiellose Herausforderung" müsse "von allen EU-Staaten solidarisch getragen" werden.
Johansson: Solidarität in der EU intakt
Die EU-Innenkommissarin Ylva Johansson bezeichnete die Solidarität unter den EU-Staaten indes als "intakt". Mitgliedsstaaten, die noch Kapazitäten hätten, steigerten "ganz klar ihre Bemühungen, um Mitgliedsstaaten zu helfen, die an der Kapazitätsgrenze" seien, sagte Johansson der "Bild am Sonntag".
Johansson zufolge haben Ukrainer überall in der EU den gleichen Zugang zu den Sozialsystemen. In den vergangenen neun Monaten seien sie aber überwiegend dorthin gegangen, wo sie Freunde oder Familie hätten, sagte die EU-Kommissarin. Die EU intensiviere derzeit "in Abstimmung mit den Mitgliedsstaaten" ihre Bemühungen, "um für den Winter und mögliche Neuankömmlinge vorbereitet zu sein", sagte Johansson.