1-2018 vom 7.1.2018

Gespeichert von Susanne Rohde am So., 07.01.2018 - 14:27 Uhr

Liebe Bonner in der Flüchtlingspolitik und -unterstützung Engagierte,

misst man es an unseren Zielen und Anstrengungen, ist das vergangene Jahr leider kein wirklich gutes gewesen. Zu Vieles lief in die entgegengesetzte Richtung. Und auch zum Neuen Jahr kann nicht mit großer Hoffnung erwartet werden, dass es positive Entwicklungen in unseren Handlungsfeldern geben wird. Umso mehr wünsche ich uns allen persönliches Glück, Gesundheit und Stärke, damit wir unsere Arbeit fortsetzen können.

Weil ich annehme, dass manche der Leserinnen und Leser sich eine Ruhepause während der Feiertage gegönnt haben, möchte ich für diese die Stichworte zusammenfassen, die in der jüngsten Zeit für Schlagzeilen gesorgt haben.

Von der CSU-Klausur der letzten Tage ertönen schärfere Töne denn je, um „die rechte Flanke“ zu schließen und das neue Personal zu profilieren: Bekräftigung der harschen Ablehnung von Familiennachzug. Die Forderung nach routinemäßiger medizinischer Altersüberprüfung der hierher Geflüchteten. Und nach massiver Kürzung der Leistungen für Asylbewerber und das auf die Dauer von 36 Monaten verlängert. Mit dem CSU-Stammgast Viktor Orban ist man sich einig in dem Ziel, die Flüchtlingsaufnahme weiter zu minimieren. Er bezeichnete seine Mauer als „bayerische Außengrenze“.

Unter diesen Vorzeichen wird die politische Entwicklung auch 2018 weiter nach Rechts gerückt, und die nächsten Sondierungen und mögliche Koalitionsverhandlungen können wohl kaum ein befriedigendes Ergebnis erzielen.

Weitere (Aufreger-)Themen in Zusammenhang mit Flucht und Aufnahme von Geflüchteten waren die tödliche Attacke eines jungen Geflüchteten gegen ein junges Mädchen, (eine Beziehungstat, ein trauriger und tragischer Einzelfall, den populistische Politiker nutzten, um Ängste und Misstrauen zu schüren und die Altersüberprüfung zu verlangen), war die Veröffentlichung von Hinweisen der Kölner Polizei an die Silvesterfeiernden auch in arabischer Sprache, (ein Vorgang, den führende AfD-Politikerinnen dazu nutzten, sich durch rassistische und provokante Äußerungen erneut "ins rechte Licht“ der Aufmerksamkeit zu rücken), war zuletzt die Veröffentlichung einer Studie „Zur Entwicklung der Gewalt in Deutschland. Schwerpunkte: Jugendliche und Flüchtlinge als Täter und Opfer“, die feststellt, dass der jüngste Anstieg von Gewalt/Kriminalität unter Jugendlichen dem Zuzug junger Geflüchteter zugerechnet werden muss. Die Studie kann hier eingesehen werden: https://www.bmfsfj.de/blob/121226/0509c2c7fc392aa88766bdfaeaf9d39b/gutachten-zur-entwicklung-der-gewalt-in-deutschland-data.pdf . Die Autoren folgern, dass Faktoren wie die aussichtslose Bleibeperspektive, die fehlende Familieneinbindung und die schwierigen Lebensbedingungen in den großen Flüchtlingsunterkünften wesentlich dazu führen, dass junge Geflüchtete vor allem aus Nordafrika durch Gewalt/Kriminalität auffällig werden.

Neben solchen bundesweiten Themen werden wir uns auch im kommenden Jahr mit Problemen des Alltags der Geflüchteten auseinandersetzen müssen. Dazu gehören mit Sicherheit die Dauerbrenner BAMF-Verfahren und Klagen sowie Abschiebungen für die Abgewiesenen und die Suche nach Wohnungen und Arbeitsplätzen für die Aufgenommenen.

Gegenüber diesem langen Teil folgt nun ein kürzer Hinweis-Teil im Newsletter. Das Veranstaltungsangebot ist vorerst noch spärlich.

Mit Dank für die Aufmerksamkeit und freundlichen Grüßen

Susanne Rohde für das weltoffen Team

 

Veranstaltungshinweise und Verschiedenes

 

 

 

 

  • Auch jetzt Anfang Januar werden noch Unterschriften erbeten.

    Der Flüchtlingsrat NRW hatte ein Forderungspapier aufgelegt, das bis zum 31. 12. 2017 online unterzeichnet werden konnte. Die Unterschriftensammlung wird jetzt noch etwas ins neue Jahr hinein verlängert. http://www.frnrw.de/in-eigener-sache/aktionen/forderungspapier-ehrenamts...

    Dazu heißt es: "Wir haben zentrale Forderungen an EntscheidungsträgerInnen sowohl auf Landes- als auch auf kommunaler Ebene formuliert, die unter anderem Themen wie Arbeitsmarktzugang, Unterbringung, Bildung und Bleiberechtsmöglichkeiten adressieren. Wir fordern eine Umkehr in der Flüchtlingspolitik, um jedem Menschen ein nachhaltiges Ankommen zu ermöglichen.

    Wir wollen weder HandlangerInnen noch gesellschaftliche Vorbilder im Namen der aktuellen Flüchtlingspolitik sein. Die Rahmenbedingungen durch die Politik müssen neu justiert werden." siehe auch http://www.weltoffen-bonn.de/content/bitte-anschliessen-und-umkehr-der-fluechtlingspolitik-fordern

     

Oberverwaltungsgericht Münster urteilte über die Verpflichtungserklärungen

Die meisten werden von dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster im Dezember 2017 aus den Medien erfahren haben. Die Richter urteilten im Sinne von De Maizière und anderen Politikern, dass die vor allem 2014 beworbenen Verpflichtungserklärungen Geltung behalten sollen, auch wenn die damit ins Land geholten syrischen Bürgerkriegsflüchtlinge Asyl erhalten haben. Das Aufnahmeprogramm von NRW und anderen Ländern war geschaffen worden, um den hier schon lange lebenden und aus Syrien stammenden Menschen die Möglichkeit zu geben, nahe Verwandte registrieren zu lassen und dann auf legalem Weg hierher in Sicherheit zu holen. Dazu wurde das bestehende Mittel der Verpflichtungserklärungen genutzt, das üblicherweise für Besuchs- oder Arbeitsvisa gilt. In der Sorge um Eltern, Geschwister, Kinder haben manche sogar eine Vielzahl persönlicher Bürgschaften unterzeichnet.

Die Menschen, die mit diesem „Ticket“ gekommen waren, erhalten seit Anerkennung ihrer Asylanträge Leistungen vom Jobcenter und anderen Stellen. Dass diese Zahlungen einmal von den Bürgen zurückverlangt würden, ist die latent vorhandene Drohung, unter der diese seither leben. Nach dem Urteil wächst bei ihnen die Sorge, dass nun mehrere Tausend Euro pro Aufgenommenem von ihnen verlangt werden.

In dieser Frage liegen dem Landtag Petitionen vor. Eine der diskutierten Lösungsmöglichkeiten sieht die Schaffung eines Fonds vor, der besonders in solchen Fällen einspringen sollte, in denen den Bürgen der persönliche Ruin und größte Armut droht.