1 - 2019

Gespeichert von Susanne Rohde am Do., 10.01.2019 - 16:34 Uhr

Liebe in Asylpolitik und um geflüchtete Menschen Aktive in Bonn,

den guten Wünschen allerseits zum Neuen Jahr schließe ich mich an: Gesundheit und Wohlsein sind wohl die wichtigsten persönlichen Wünsche, die wir alle haben. Ob es aber auch für unser gemeinsames Anliegen ein gutes Neues Jahr wird, hängt bekanntlich nicht nur von uns ab. Trotzdem sollten wir weiter unsere Kräfte dafür einsetzen, dass Deutschland und Europa Mut und Entschlossenheit aufbringen, flüchtende und geflüchtete Menschen aufzunehmen und ihnen ebenso wie allen anderen Menschen in unserem Land bzw. in den europäischen Ländern eine ehrliche Perspektive für ein Leben in Würde zu gewähren. Auch ein erfolgreiches Zurückdrängen von nationalistischen und rassistischen Kräften und Stimmungen in der Gesellschaft und nicht nur bei Wahlen wäre in meinen Augen ein wichtiges Merkmal für ein gutes Jahr. Möge es gelingen!

Erstaunlicherweise gibt es für Januar noch keinerlei Veranstaltungshinweise. Das veranlasst mich, doch wieder einmal alle zu bitten, uns zum Weiterverbreiten solche Hinweise zuzuschicken.

Um den Newsletter trotzdem zu füllen und mich auch selbst wieder auf unser Thema zu fokussieren, fasse ich zusammen, was sich (neben den Weihnachts- und Jahreswechsel-Feierlichkeiten und der Ruhepause) ereignet hat und gemeldet wurde. Vielleicht ist im Folgenden für die eine oder den anderen etwas Neues dabei.

Danke fürs Lesen und herzliche Grüße

Susanne Rohde (für das Team von weltoffen)

 

Das Jahr ist neu, die Themen sind die alten, ebenso wie der Innenminister in seiner Schlüsselstellung weiter der alte ist.

  • Europa verweigert über Wochen die Aufnahme von aus Seenot geretteten Menschen. 2018 habe Deutschland bereits 115 solcher Geflüchteten (in Worten: einhundertfünfzehn!) aufgenommen. Zwei Schiffe von Seawatch erlebten nicht nur metereologisch stürmische Tage. Die Seebrücke Bonn mahnte in einem Offenen Brief bei OB Sridharan noch einmal an, sein Versprechen vom Sommer einzuhalten und Gerettete nach Bonn zu holen. Nachzulesen hier. Doch gestern, am 9. 1. ist endlich eine Lösung gefunden, wie gerade berichtet wird. Im Newsletter von Sea-Watch heißt es dazu: „c’est fini. It's over. É finita. Es ist vorbei. Nach 19 langen, ungewissen und dementsprechend qualvollen Tagen haben sich die Entscheidungsträger*innen von neun Staaten der Europäischen Union dazu durchgerungen, die untragbare Situation auf der Sea-Watch 3 zu beenden. Unsere 32 Gäste wurden von der maltesischen Marine abgeholt und sicher an Land gebracht. Gemäß des Abkommens, das Malta mit den acht anderen Ländern geschlossen hat, werden sie zusammen mit 192 Geflüchteten, die zuletzt auf Malta angekommen sind, in Gruppen nach Deutschland, Frankreich, Portugal, Irland, Rumänien, Luxemburg, die Niederlande und Italien weiterreisen... Allerdings vergessen wir nicht, dass wir auf 19 Tage der Schande zurückblicken. 19 Tage voller Einschüchterungsversuche und Anschuldigungen, die sich bis in die finale Presseaussendung des maltesischen Premiers Muscat am heutigen Tag ziehen. 19 Tage, an denen Europas Mächtige auf dem Rücken dieser Menschen Politik betrieben haben. 19 Tage des Muskelspiels und Feilschens, während sich verängstigte, seekranke Geflüchtete auf der Sea-Watch 3 bei stürmischer See bis an die Grenze der Dehydrierung übergeben haben. 19 Tage, an denen die Verzweifeltsten schließlich Nahrung und Wundpflege verweigerten und einer sogar über Bord sprang...“

 

  • Zunehmend lebensgefährlich entwickeln sich die Fluchtrouten südlich der Mittelmeerküste. Die Zahl der auf Fluchtrouten Verstorbenen und Vermissten belief sich laut Bericht der Internationalen Organisation für Migration der UN vom 8.1. 2019 weltweit auf mindestens 4592 Menschen. 2.297 davon verloren ihr Leben auf dem Mittelmeer. Gezählt 567 kamen auf den Routen im nördlichen Afrika und in der Sahara zu Tode und 559 in den Ländern südlich der Sahara. Die tatsächliche Zahl wird erheblich größer sein, denn ihr Tod wird nur in Ausnahmefällen sichtbar für Menschenrechtler*innen und kritische Dokumentationen (und das ist vielleicht auch Sinn und Zweck verschiedener Verhandlungen zwischen Europäern und afrikanischen Regimes).  Das Ziel der meisten Flüchtenden und Migrant*innen ist Europa, aber auch an der Grenze zwischen Mexiko und USA starben mindestens 393 Menschen.

 

  • Die Forderung nach Verschärfung von Abschiebungen ist die stereotype Reaktion, zuletzt auf eine Schlägerei an Silvester unter Beteiligung von Geflüchteten in Amberg, die bundesweit skandalisiert wurde. Die Abschiebeflüge nach Afghanistan gehen unvermindert weiter. Am Dienstag, 8. Januar 2019 startete der erste Abschiebeflieger des Jahres in München. 36 Menschen wurden zwangsweise ins bekannt gefährliche Land geschafft.

 

 

  • Und in Bonn? Natürlich fehlt es weiter an Wohnraum für Alleinstehende und für Familien. Es bleibt weiter ein hoher Bedarf an individueller Unterstützung beim Lernen in Integrationskursen und der Schule. Der Alltag ist auch für schon länger und gut Angekommene immer wieder überraschend kompliziert. Da merken andere vermutlich ebenso wie ich, welche unerwarteten bürokratischen Vorgänge erst einmal angstvoll und ratlos machen und dann irgendwie bewältigt werden müssen. Allein gelingt es den Betroffenen wohl kaum, und ich gestehe: Oft genug ist das Problem auch mir erst einmal völlig unverständlich.