Newsletter 2. 5. 2016

Gespeichert von Susanne Rohde am So., 01.05.2016 - 10:44 Uhr

Liebe an Flüchtlingspolitik Interessierte und in der Unterstützung der Zugewanderten Engagierte in Bonn,

 

zu folgenden Themen bringen wir heute Informationen und Kommentare:

  1. Ankunftszentrum in der Ermekeilkaserne nimmt Arbeit auf - Beginnt hier eine Asyl- und Abschiebungsfabrik?

  2. Hiergeblieben! - Bonner Bündnis gegen Abschiebungen“ tritt an die Öffentlichkeit

  3. Ledenhof: Auszug in unmenschlichem Hauruck-Verfahren

  4. Angebot: Kostenloser Kurs "Deutsch sprechen lernen" für Frauen, ab 11. 5., Anmeldung bis 5. 5.

Es gibt auch heute wieder viel zu lesen, wir bedanken uns für Geduld und Aufmerksamkeit.

Mit freundlichen Grüßen

Susanne Rohde von weltoffen
 

 

1. Ankunftszentrum in der Ermekeilkaserne nimmt Arbeit auf -

Beginnt hier eine Asyl- und Abschiebungsfabrik?

Am 28. 4. 2016 fand in den Räumen der Lutherkirchengemeinde eine Informationsveranstaltung zur beginnenden Nutzung des Ermekeilkasernen-Geländes als „Ankunftszentrum“ statt. Dass dieser Abend von weniger Interessierten genutzt wurde, lag vermutlich an der geringen Bekanntgabe und war vielleicht sogar beabsichtigt.

„Ankunftszentrum“ klingt wunderbar, und viele schöne Worte fanden die VertreterInnen vom Regierungspräsidium, vom BAMF, vom DRK, was dort räumlich und zeitlich konzentriert ablaufen soll: Innerhalb nur einer Woche sollen bis zu 800 Neuankömmlinge in einem Durchgang hier medizinisch in Augenschein genommen und auf ansteckende Krankheiten überprüft werden, vom DRK im Auftrag des RP eingekleidet, auf dem Gelände untergebracht und verköstigt werden, von der zentralen Ausländerbehörde des Landes erstregistriert werden, den Asylantrag stellen und vom BAMF angehört werden, bei günstiger Prognose sogar schon in Kontakt mit der Arbeitsagentur kommen, am Abend vielleicht sogar erste Sprachkenntnisse erwerben. Und dann werden sie busweise abtransportiert in andere Landesunterkünfte, wo ihnen wenige Tage später der Bescheid über Anerkennung oder Ablehnung ihres Asylantrages ausgehändigt wird.

Auf Nachfrage wurde versichert: Ja, auch eine Beratung über das Asylverfahren wird im Gelände angeboten. Dafür erhielt die Caritas zusätzliche 1,5 Stellen. Angesichts des Zahlenverhältnisses  800 zu 1,5 für Beratung binnen weniger Tage oder Stunden zur Vorbereitung auf die Anhörung mit ihrer ausschlaggebenden Rolle im Verfahren möchte ich das als Feigenblatt bewerten.

Wenn das „Ankunftszentrum“ nicht durch die auf dem Gelände Untergebrachten ausgelastet ist, sollen aus Landesunterkünften oder Kommunen andere Geflüchtete ebenfalls busweise „zugeführt“ werden, die schon länger, teils Monate auf ihre Anhörung oder überhaupt auf das Stellen des Asylantrages warten. Das sind immerhin 100.000 Menschen allein in NRW. Für die überlangen Wartezeiten stand das BAMF berechtigterweise in heftiger Kritik.

Mehrfach war die Rede davon, mit diesen Konzepten habe das BAMF sich neu erfunden, gelobt wurde die längst überfällige Zusammenarbeit der verschiedenen Behörden. Und natürlich ist eine Beschleunigung des Verfahrens im Interesse derjenigen, die zum untätigen Warten verdammt sind, das kommentierten verschiedene Ehrenamtliche mit Blick auf die Situation ihrer Schützlinge.

Doch wird das „Ankunftszentrum“ den neuankommenden Menschen gerecht? Wird ihr Recht auf individuelle Behandlung ihres Asylantrages unter diesen Umständen wirklich gewahrt?

Mir drängen sich Begriffe wie „Maschinerie“ oder „Fließband“ auf. Sind die hier Aufgenommenen nicht eher Objekte eines automatisierten Ablaufes? Beziehungen können jedenfalls nicht entstehen, nur kurze Begegnung mit Haupt- oder Ehrenamtlichen, die auch nicht erfahren, was aus den Männern, Frauen, Familien wird, mit denen sie ein paar Stunden zu tun hatten, weil der Bescheid ja, so ist es mehrfach betont worden, an anderem, fremdem Ort ausgehändigt wird. All das, so scheint mir nach den verschiedenen Gesetzesänderungen und Verlautbarungen der Politik, ist gewollt. Hiermit wird effektiver realisiert, die Zugewanderten zu unterscheiden zwischen denjenigen mit guter Bleibeperspektive und denjenigen, die „Verwerfliches“ im Sinn haben - sich einfach ein besseres und sicheres Leben für sich und ihre Familie wünschen, obwohl sie doch aus „sicheren" Herkunftsländern kommen. Für diese soll es einzig die schnelle Abschiebung geben, beschönigend von den Behörden als „Rückführung“ bezeichnet.

Noch ein paar Informationen aus der Veranstaltung:

  • Das BAMF ist mit 300 VollzeitmitarbeiterInnen im Ermekeilgelände. Das DRK hat dort 33 sozialversicherungspflichtige Stellen. Gerechnet wird mit insgesamt ca. 2000 Personen, die innerhalb des Geländes tätig oder untergebracht sind.

  • Die Zufahrt erfolgt über die Reuterstraße. Ein Tor für Fußgänger ist an der Ermekeilstraße.

  • Die Ermekeilinitiative ist gekündigt, soll bis 31. 5. das Gelände verlassen. Seitens der Initiative wird noch gehofft und verhandelt und ein „Bürokraten- und Flüchtlingsghetto“ befürchtet, wenn die zivilen NutzerInnen verschwinden müssen.

  • Ebenso werden die bisher in der Landesunterkunft auf dem Gelände Untergebrachten in andere Landesunterkünfte umquartiert. Einige der Betroffenen waren anwesend und hörten sich die Mitteilungen an.

  • Zugang erhalten nur Personen mit Ausweis. Diesen erhalten Personen, die ein „berechtigtes Interesse“ begründen und ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis vorlegen.

  • Die Unterstützung Ehrenamtlicher ist wie üblich sehr erwünscht. Wegen des hohen Durchlaufs betrifft sie vor allem die Arbeit in der Kleiderkammer und Kinderbetreuung, während die Eltern ihre Termine absolvieren. Ist bei dem kurzen Aufenthalt unser Kontaktcafé überhaupt noch sinnvoll, fragte sich eine Ehrenamtliche der Lutherkirchengemeinde und befürchtet die eintretende Anonymisierung.

  • Das „Ankunftszentrum“ ist eines von 5 in NRW und hat eine Langfristperspektive von 5 Jahren.

  • Die 300.000 Euro, die die Stadt Bonn für die Einrichtung der kommunalen Unterkunft in Haus 6 aufwandte, sind verloren. Wie bekannt, musste es auf Veranlassung des BAMF nach drei Monaten Betrieb im Februar in aller Eile leergeräumt werden, die 340 dort Untergebrachten wurden überwiegend in Turnhallenunterkünfte vertrieben.

Text veröffentlicht am 1. 5. 2016 auf http://www.weltoffen-bonn.de/content/ankunftszentrum-der-ermekeilkaserne...

 

2. „Hiergeblieben! - Bonner Bündnis gegen Abschiebungen“ tritt an die Öffentlichkeit

Gegen das „Ankunftszentrum“ in der Ermekeilkaserne protestiert ein neuer Akteur im flüchtlingspolitischen Geschehen Bonns. „Hiergeblieben! - Bonner Bündnis gegen Abschiebungen“ stellt sich dagegen, wird in einem ersten Flyer mit der Überschrift „Keine Asyl- und Abschiebefabrik in Bonn!“ erklärt.

In dem Flyer heißt es nach einer kritischen Schilderung der angekündigten Abläufe im Ankunftszentrum: „Hiergeblieben! Bonner Bündnis gegen Abschiebungen steht bedingungslos hinter dem Menschenrecht auf Bewegungsfreiheit und setzt sich für ein Bleiberecht für ALLE ein. Die aktuellen Entwicklungen der Asylpolitik mit ihren Verschärfungen wollen wir nicht nur kommentierend hinnehmen. In Anbetracht der gravierenden Auswirkungen auch hier in Bonn wird es Zeit zu reagieren.

Hier können wir handeln:

Termine:

10. Mai, 18 Uhr, Poppelsdorfer Allee / Nähe Hbf: Info & Aktion "Den Blick lenken auf die Maschinerie des Asylverfahrens"

21. Mai, Ermekeilkaserne: Uhrzeit wird noch bekannt gegeben: Aktion & Info anlässlich des Frühlingsfestes der Ermekeilinitiative e.V. (angefragt)

Falls Ihr Euch mit uns gegen diese und andere Formen der deutschen Asylpolitik positionieren wollt, meldet euch: Kontakt: hiergeblieben.bonn@riseup.net

Bleiberecht für ALLE!“, so die Forderung am Schluss des Flyers.

 

3. Ledenhof: Auszug in unmenschlichem Hauruck-Verfahren

Dass das im Dezember 2015 begonnene Wohnglück für 80 Geflüchtete nur für begrenzte Dauer halten würde, war allen Beteiligten von Anfang an klar. Schließlich standen Teile des Heilpädagogischen Heimes an der Beueler Stiftsstraße nur deshalb leer und zur Verfügung, weil nach dem Verkauf des schönen Geländes an den Investor NCC der Abriss bevorstand.

In den Monaten in Vilich wurden Beziehungen aufgebaut, zu den noch verbliebenen HeimbewohnerInnen und dem Personal des LVR, zu den Ehrenamtlichen im eigens dafür gegründeten "Café Nordlicht" der Evangelischen Gemeinde Beuel-Nord, zum benachbarten Fußballverein, zu den Geschäften in der Umgebung und – ganz wichtig – zur Grundschule, die für die Kinder der Neuankömmlinge eine völlig neue und gute Umgebung darstellte.

Es wuchsen so gute Beziehungen, dass alle schon mit Bedauern an die Umsiedlung dachten.

Doch dass das Ende so unvermittelt schnell, so rücksichtslos vollzogen würde, empört die Neuankömmlinge ebenso wie ihre UnterstützerInnen. Am Sonntag noch war trotz widrigem Wetter gemeinsam ein fröhliches Fußballfest gefeiert worden, in der Erwartung, noch mindestens einen Monat bleiben zu können, wie es ein raar Tage zuvor mitgeteilt wurde. Doch am Dienstag wurde bekanntgegeben: Bis zum Wochenende (30. 4.) müssen alle raus sein. Dafür kommt am Donnerstag um 8 Uhr in der Frühe ein Bus zum Abtransport. Wohin, ist ebenso unklar wie der Transport der persönlichen Habe, zum Beispiel die von Spendern erhaltenen Küchenutensilien und Fahrräder. Werden sie in der begonnenen Gemeinschaft zusammen bleiben oder an unterschiedlichen Orten untergebracht? Die Antwort auf die letzte Frage liegt mittlerweile vor: Die Single-Männer kommen in die Pestalozzi-Schule, die Familien werden in Wohnungen verteilt über das Stadtgebiet einquartiert.

Untereinander und von der Nachbarschaft muss überstürzt Abschied genommen werden. Besonders schlimm ist das sicher für die Schulkinder.

Den Ehrenamtlichen des „Café Nordlicht“ aber bleibt nur übrig, ihre Schützlinge so gut es geht beim Verlassen der liebgewonnenen Umgebung zu unterstützen, trotz Wut im Bauch über den menschenfeindlichen Umgang, zu dem das Verwaltungshandeln hier geführt hat. LVR oder die Stadt Bonn? - allem Anschein nach wurden Fehler eher bei letzterer gemacht. Es sind solche kleinen Fehler wie das Versäumen der Verlängerung des Mietvertrages, die schlimme Auswirkungen auf die Menschen haben, die auf einmal nur noch als Objekte verschoben werden.

 

4. Angebot für kostenlosen Kurs "Deutsch sprechen lernen" für Frauen

„Am 11. Mai 2016 startet in unserem Haus ein Konversationskurs, der sich speziell an Frauen richtet. Der Kurs findet 10x mittwochs von 9.00-10.30 Uhr statt, zusätzlich ist eine Exkursion mit den Teilnehmerinnen geplant. Die Teilnahme an dem Kurs ist kostenlos. Voraussetzung ist, dass die Teilnehmerinnen über einen dauerhaften Aufenthaltsstatus verfügen und ihre Schul- oder Berufsausbildung nicht in Deutschland abgeschlossen haben.

Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie die Ausschreibung an interessierte Frauen in Ihrem Netzwerk weiterleiten könnten. Beigefügt erhalten Sie die Ausschreibung, das Anmeldeformular und unsere AGBs. Der Anmeldeschluss ist Donnerstag, der 5.5.2016“,

schreibt Silke Leicht, Bildungsreferentin der Weiterbildungseinrichtung der Evangelischen Frauenhilfe im Rheinland e.V., Ellesdorfer Straße 52, 53179 Bonn, Tel: (0228) 9541  127, Fax: (0228) 9541 100. Mail: silke.leicht@frauenhilfe-rheinland.de... http://www.frauenhilfe-rheinland.de/Weiterbildung.16.0.html

Ende des Newsletters vom 2. 5. 2016