Newsletter 29. 7. 2016

Gespeichert von Susanne Rohde am Fr., 29.07.2016 - 11:13 Uhr

Liebe in Flüchtlingsunterstützung und -politik Engagierte,

auch jetzt in der Hauptferienzeit gibt es einen weiteren Newsletter von weltoffen. Wir bitten um Aufmerksamkeit und Beachtung für folgende Hinweise und Beiträge:

  1. Sommerfest der Initiative für Flüchtlinge IfF am Sonntag, 31. Juli

  2. TV-Dokumentation PROTOKOLL EINER ABSCHIEBUNG am Montag, den 01.08.2016 (22:00 Uhr) im NDR Fernsehen

  3. Abflug nach Pristina - „Freiwillige Rückkehr“ in den Kosovo

  4. Buchtipp: Conrad Schuhler: Die Große Flucht – Ursachen, Hintergründe, Konsequenzen.

  5. Überblick über örtliche Hilfsangebote und Beratungsstellen bez. psychischer Erkrankung und Therapiebedarf von Flüchtlingen (Rundschreiben der Integrationsbeauftragten)

Mit freundlichen Grüßen

Susanne Rohde für weltoffen

0.5s ease;">www.weltoffen-bonn.de

und ein PS: Die jüngsten Ereignisse von Anschlägen und Amoklauf bewegen uns alle in diesen Tagen. Vermutlich werden sie uns ebenso wie die Ereignisse der Kölner Silvesternacht noch lange beschäftigen. Die Beurteilung der Taten, der mutmaßlichen Täter und der politischen Debatte über Reaktionen, auch mit Auswirkung auf die Flüchtlings- und Integrationspolitik, wird jede/r in den Medien der eigenen Wahl verfolgen und kommentiert finden.

 

Und im Folgenden Ausführliches zu den 7 Punkten:

 

Zu 1. Sommerfest der Initiative für Flüchtlinge IfF am Sonntag, 31. Juli

 

„Wir möchten zum großen IfF Sommerfest in Bonn-Beuel einladen. Für Essen und Getränke ist gesorgt, wir haben außerdem ein Fußball-Turnier, Spiele für die Kinder und ganz viele andere Überraschungen geplant!

Wir treffen uns am Sonntag, den 31. Juli, um 12 Uhr auf der Beueler Wiese nahe der Rheinaustraße, nördlich von „Bahnhöffche“ und Bröltalbahnweg. Hier findet Ihr den Link zum Facebook-Event:
https://www.facebook.com/events/153551625069067/154544978303065/?notif_t=like&notif_id=1469640144199622 Wir freuen uns schon!“, schreibt die IfF, eine Hochschulgruppe der Universität Bonn, die das Ziel verfolgt, die jungen Bewohnenden der Asylunterkünfte und Bonner Studierende miteinander in Kontakt zu bringen.

 

Zu 2. TV-Dokumentation PROTOKOLL EINER ABSCHIEBUNG am Montag, den 01.08.2016 (22:00 Uhr) im NDR Fernsehen

„Nach unseren Dokumentarfilmen ‚Wadim‘ (2011) und ‚Willkommen auf Deutsch‘ (2014) haben wir einen neuen Film zum Thema Flucht und Migration fertiggestellt“, schreiben die Autoren von Pier53.

„Die TV-Dokumentation PROTOKOLL EINER ABSCHIEBUNG läuft am Montag, den 01.08.2016 (22:00 Uhr), im NDR Fernsehen. Der Film zeigt, wohin es führt, wenn die Stimmung in einem Land kippt, wenn sich immer mehr Bundesbürger von der ‚Willkommenskultur‘ abwenden und stattdessen die Forderungen nach härteren Gesetzen sowie mehr Abschiebungen lauter werden.

Der Film PROTOKOLL EINER ABSCHIEBUNG (Länge: 45 Min., Produktion: NDR/PIER 53) zeichnet erstmals in Deutschland das umfassende Bild einer Sammelabschiebung: von der Planung am Schreibtisch über den nächtlichen Einsatz in den Unterkünften der Asylbewerber bis zu deren Ankunft im Zielland. Am Beispiel zweier Familie, die nach Albanien zurück müssen, stellt der Film aber auch die heikle Frage, was nach der Abschiebung kommt. Bewegende, teils erschütternde Bilder und Eindrücke, die durch die Anwesenheit des Innenministers von Mecklenburg-Vorpommern Lorenz Caffier während der Abschiebungen noch verstärkt werden.“

Weitere Infos sind zu finden unter http://www.pier53.de/dokumentation/protokollabschiebung.html

 

Zu 3. Abflug nach Pristina - „Freiwillige Rückkehr“ in den Kosovo

 

Nicht alle, die sich in diesen Tagen in der Abflughalle des Düsseldorfer Flughafen drängen, sind glücklich und freuen sich auf eine beginnende schöne Urlaubsreise. Unter den Wartenden am Schalter des Fluges nach Pristina, der Hauptstadt des Kosovo, zum Beispiel befinden sich zahlreiche Männer, Frauen, Kinder, die gegen ihren Wunsch Deutschland verlassen müssen. Auch die Familie, die wir verabschieden, reist ungern ab, und es fließen Tränen der Traurigkeit, Enttäuschung, Bitterkeit, dass sie nun Deutschland verlassen muss. Tränen auch bei uns, denn in der langen Zeit in Beuel waren durch zahlreiche Treffen, gemeinsame Unternehmungen und durch Sprachstunden gute Beziehungen entstanden.

Im Winter 2014/2015 waren die Eltern mit drei schulpflichtigen Kindern nach Deutschland gekommen, wie Zehntausende andere auch. Sie flüchteten vor Arbeitslosigkeit, Armut, Perspektivlosigkeit auch für die Kinder, vor ethnischer Benachteiligung in der geteilten Heimatstadt und vor der unumgänglichen Korruption, die sie sich nicht leisten konnten. Sie kamen in der Hoffnung, in Deutschland Sicherheit für die Familie zu finden, gute Schulen für die Kinder, Arbeit für die Erwachsenen, denn sie wollten natürlich selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen. Um sich in Deutschland aufhalten zu können, mussten sie einen Asylantrag stellen, eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Eine Arbeitserlaubnis wurde wie üblich nicht erteilt, sie mussten von Sozialleistungen leben. Doch im Asylverfahren zählten ihre Fluchtgründe nicht, und so kam nach 14 Monaten bangen Wartens der Bescheid: abgelehnt! Dagegen halfen keine Rechtsmittel, und auch die erfolgreichen Integrationsanstrengungen und die hervorragenden Schulleistungen halfen nicht. Es blieb nur die Wahl, „freiwillig“ zurückzureisen oder es auf eine folgenschwere zwangsweise Abschiebung ankommen zu lassen. Sie entschieden sich für das Erstere und erreichten, dass ihr Aufenthalt noch bis zum Schuljahrsende geduldet wurde, damit die Kinder das Schuljahr beenden konnten. Doch dann war endgültig Schluss. Das Ausländeramt erwartet jetzt das Papier mit dem Stempel, dass die Ausreise erfolgt ist, dann wird die Akte geschlossen.

Was erwartet sie in ihrer Heimat Kosovo? Arbeit zu finden ist für die Eltern genau so unmöglich wie vor ihrer Abreise nach Deutschland, Sozialleistungen gibt es nicht. Eine Wohnung und Möbel haben sie nicht mehr, auch keine Rücklagen. Ein wenig kann die große Verwandtschaft helfen, wo die Fünf erst einmal für kurze Zeit auf engstem Raum unterkommen können. Vielleicht, vielleicht werden sie später einmal die Möglichkeit nutzen, die ihnen die „freiwillige Rückreise“ verheißt: mit Visum nach Deutschland zu kommen und Arbeit bzw. Ausbildungsplätze zu suchen, wobei die geknüpften Kontakte und die erworbenen Deutschkenntnisse hilfreich wären.

Das ist halt der Lauf der Dinge, sagen viele in Deutschland. Das sind doch „Wirtschaftsflüchtlinge“, und der Kosovo ist wie andere Länder auch als „sicheres Herkunftsland“ eingeordnet worden. Ich will das nicht so hinnehmen. Das Schicksal dieser fünf lieb gewonnenen Menschen steht für viele, die nach dem inzwischen eingeführten „Asylverfahrenbeschleunigungsgesetz“ gar nicht mehr die Möglichkeit haben (sollen!), Beziehungen aufzubauen und uns sichtbar zu werden, weil sie im Schnellverfahren binnen einer Woche zurückgeschickt werden. Ihnen allen wird nicht das Menschenrecht zugestanden, das für uns durch unser privilegiertes Herkunftsland selbstverständlich ist: dahin zu gehen, wo wir uns ein besseres Leben erhoffen. Im Gegenteil: Nach dem „Sommer des Willkommens“ geht es Deutschland und der EU ebenso wie den anderen reichen Staaten und Regionen in verstärktem Maße um Abschottung und Sicherung der reichen „Festung“. Im Namen von Menschlichkeit und Solidarität sind ein gestärktes Asylrecht und die Gewährleistung regulärer Zuwanderung nötig. Diese durchaus nicht mehr neue Forderung behält traurige Aktualität, deshalb erzähle ich hier von dem Abschied auf dem Düsseldorfer Flughafen.

In einem Beitrag „Nordrhein-Westfalen rüstet auf“ vom 21. Juli 2016 (und infamerweise vermengt mit Ausführungen über Terrorbekämpfung und – abwehr nach dem Amoklauf eines 17-jährigen Flüchtlings in Würzburg) schreibt der Bonner General Anzeiger: „Zugleich erhöht das Land den Druck bei den Abschiebungen, bis Jahresende peilt das Land eine Verdoppelung der Ausreisen an. So wurden 2016 bereits 11000 Flüchtlinge `freiwillig zurückgeführt´, wie es heißt – ebenso viele wie im gesamten Vorjahr. Auch die Zahl der zwangsweisen Abschiebungen sei bis Mai um 62 Prozent auf 2167 in den ersten fünf Monaten des Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen.“

Susanne Rohde, 21. 7. 2016

 

Zu 4. Buchtipp: Conrad Schuhler: Die Große Flucht – Ursachen, Hintergründe, Konsequenzen.

PapyRossa Verlag Köln 2016, 131 S., 12,90 €

Wir alle haben oftmals seit vielen Monaten in der unterschiedlicher Weise mit Geflüchteten und ihrer Unterstützung zu tun. Wir begegnen im Kleinen tagtäglich vielerlei Problemen hinsichtlich der aktuellen Situation, ihrer Perspektive, dem Wunsch, nach dem Willkommen auch den Weg zur umfassenden Teilhabe am Leben in Deutschland, in Europa zu beginnen. Vielleicht findet der eine oder die andere in diesen Sommerwochen die Zeit, sich etwas grundlegender der Thematik zuzuwenden, als das im Alltagsgetriebe möglich ist.

Wer sich hierfür Conrad Schuhlers „Die große Flucht“ vornimmt, erhält in kompakter und gut lesbarer Weise einen Blick auf die Zusammenhänge: Motive und Ursachen für die Flucht, für die Abschottung der „reichen“ Welt, der beunruhigenden Entwicklung rassistischer Kräfte, des Rollback nach dem „Sommer des Willkommens“. Doch Schuhler beschränkt sich nicht darauf: Er rechnet auch durch, was echte Integration kosten würde und wie das zu bezahlen wäre, ohne dass die von Armut Bedrohten in der Gesellschaft gegen die Neuankömmlinge ausgespielt werden. Und er entwickelt Perspektiven, was global und national getan werden müsste, um grundlegend gegen die Fluchtursachen anzukämpfen. Seine Analysen und Ideen stützt er auf belastbares Zahlenmaterial und Statistiken.

Das Besondere an dieser Veröffentlichung ist Schuhlers Radikalität, mit der er die Problematik durchdenkt und weiterdenkt. Sie weitet den Blick und unterscheidet sich wohltuend von dem üblichen Mainstream, mit dem wir täglich in den Medien überschwemmt werden, der uns meist hilf- und hoffnungslos werden lässt. S. R.

Die Kapitelüberschriften zeigen an, welche Fragen behandelt werden:

  1. Flüchtlinge, die Generalmobilmachung durch die Rechte und: Schaffen wir das?

  2. Die Hauptursachen der Flucht: Krieg, Armut, Umweltkatastrophen

  3. Die Flüchtlingsfrage oder die doppelte Zweiteilung der Weht: in Nord und Süd, in Arm und Reich

  4. Warum sind Europa und Deutschland die Hauptziele der Flüchtlinge?

  5. Die Antwort Deutschlands und Europas: Ausbau zur Festung

  6. „Das Boot ist voll“ - „Wir sind nicht das Weltsozialamt“ - Die Hauptlügen der Propaganda gegen Flüchtlinge

  7. Wie wir die Kosten der Integration aufbringen können

  8. Flüchtlinge und die „Islamisierung des Abendlandes“

  9. Flüchtlinge sind der Preis der kapitalistischen Globalisierung – Und wie lösen wir das Problem?

 

Zu 5. Überblick über örtliche Hilfsangebote und Beratungsstellen bez. psychischer Erkrankung und Therapiebedarf von Flüchtlingen

Die Integrationsbeauftragte informiert in einem Rundschreiben vom 27. 7.: „..uns erreichen vermehrt Anfragen nach Hilfsangeboten für Flüchtlinge, die psychisch erkrankt sind oder therapeutische Hilfe benötigen. In einigen Fällen sind es auch Helferinnen und Helfer, die Verhaltensauffälligkeiten bei Flüchtlingen feststellen und nicht wissen, wie Sie damit umgehen sollen. Aus diesem Grund möchten wir noch einmal auf die folgenden Hilfs-und Beratungsangebote bei psychischen Auffälligkeiten, Erkrankungen oder möglichen Erkrankungen von Flüchtlingen und Zugewanderten informieren.

Folgende Anlaufstellen stehen Ihnen zur für Fragen und zum Teil auch für eine Krisenintervention in dringenden Fällen zur Verfügung:

Stadt Bonn
Gesundheitsamt

Sozialpsychiatrischer Dienst
Engeltalstraße 6
53111 Bonn
E-Mail: sozialpsychiatrischer-dienst@bonn.de
Telefon: 0228 - 77 38 19 oder -70
Der Dienst bietet Beratung und Hilfe für Erwachsene und deren Bezugspersonen und Betreuer (auch z.B. für Mitarbeiter in Flüchtlingsunterkünften). Es erfolgt keine Therapie. Die Beratung ist kostenlos und unterliegt der Schweigepflicht. Die Beratung kann in den Sprachen Russisch, Englisch und Französisch erfolgen. Sprachmittler und Dolmetscher werden akzeptiert, können aber nicht finanziert werden.

Stadt Bonn
Psychologische Erziehungs- und Familienberatung

Kurfürstenalle 2-3
53177 Bonn
Telefon: 0228 -77 45 62
E-Mail: psychologische.beratungsstelle@bonn.de
Die Erziehungs- und Familienberatungsstelle ist offen für alle Bonner Eltern sowie Fachkräfte und Ehrenamtliche, die Bonner Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene betreuen. Fachkräfte erhalten auch Supervision und Beratung zum Umgang mit geflüchteten und traumatisierten Kindern. Das Angebot ist kostenlos und kann in Englisch, Französisch, Italienisch und Niederländisch erfolgen. Bei Bedarf werden Dolmetscher eingesetzt.

Stadt Bonn
Schulpsychologie
Sankt Augustiner Straße 86
53225 Bonn
Telefon:  0228 -77 45 63
E-Mail: schulpsychologie@bonn.de
Die Schulpsychologie Bonn bietet Beratung, Coaching und Supervision in Bonner Schulen an. Sie führt Fortbildungen durch (z.B. zu „Resilienz, Trauma und Schule als sicherer Ort“) und unterstützt die Schulen bei der Krisenprävention und –intervention. Bei Bedarf wird mit Dolmetschern und Sprachmittlern gearbeitet. Das Angebot ist kostenlos.

LVR-Klinik Bonn
Marion Winterscheid, Koordinatorin für Flüchtlingshilfen
Kaiser-Karl-Ring 20
53111 Bonn
Telefon: 0228 - 551 - 2816
E-Mail: bonn@profamilia.deMarion.winterscheid@lvr.de
Internet: www.klinik-bonn.lvr.de
Flüchtlingen stehen im Falle psychischer Erkrankungen die regulären Behandlungsangebote der Fachabteilungen der LVR KLinik Bonn zur Verfügung. Die Klinik arbeitet mit hauseigenen Dolmetschern und Sprach- und Integrationsmittlern zusammen und bietet so mehrsprachige Hilfs- und Unterstützungsangebote für Flüchtlinge an.

AWO Kreisverband Bonn /Rhein-Sieg e.V.
Sozialpsychiatrisches Kompetenzzentrum Migration Südliches Rheinland (SPKoM)
Theaterplatz 3
53177 Bonn
Telefon: 0228 - 85 02 77 56
E-Mail: spkom@awo-bnsu.de
Internet: http://www.awo-bonn-rhein-sieg.de/angebote/eingliederungshilfe-und-arbeit/spkom.html
Das SPKoM bietet Beratung für Fachleute und ehrenamtliche Helfer zu kultursensiblen Angeboten an. Es unterstützt bei der Suche nach Psychotherapeuten und Dolmetschern für Psychotherapie. Ziel ist die Sensibilisierung im Umgang mit traumatisierten Flüchtlingen. Das Angebot ist kostenlos.

Evangelische Beratungsstelle für Erziehungs-, Jugend-, Ehe- und Lebensfragen
Adenauerallee 37
53113 Bonn
Telefon: 0228 - 68 80 150
E-Mail: t.dobbek@beratungsstelle-bonn.de
Internet: www.beratungsstelle-bonn.de Die Beratungsstelle bietet Beratung für Flüchtlinge, deren Familien und Kinder an. Derzeit findet auch ein Gruppenangebot für jugendliche und heranwachsende Menschen statt. Weitere Informationen zu den Angeboten finden Sie im Flyer und in der Broschüre der Beratungsstelle.

Auf der Portalseite www.integration-in-bonn.de finden Sie unter dem Menüpunkt „Psychologische Hilfe und Beratung“ weitere Beratungsstellen mit thematischen Schwerpunkten.“

Ende des Newsletters vom 29. 7. 2016