Newsletter 29.11.2016

Gespeichert von Susanne Rohde am Di., 29.11.2016 - 14:38 Uhr

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Engagierte in der Unterstützung Geflüchteter,

der 5. Dezember ist als „Tag des Ehrenamtes“ den vielen Menschen gewidmet, die sich in ihrer Freizeit unentgeltlich Hilfs- und Pflegebedürftigen zuwenden oder Kultur, Sport und gemeinschaftliche Aufgaben unterstützen. Zu den Ehrenamtlichen zählen besonders seit dem vergangenen Jahr sehr viele Menschen, die Geflüchtete unterstützen und begleiten. Am 5. Dezember wird ihnen erneut Dank ausgesprochen, manche werden wohl auch zu einem kleinen oder größeren Treffen eingeladen werden.

Wenn von Ehrenamtlichen in der Flüchtlingshilfe die Rede ist, stehen – befördert durch die herkömmliche Organisierung und Anbindung des Ehrenamtes – die Alteingesessenen, die „Deutschen“ im Fokus. Es wird häufig übersehen, dass sich neben ihnen viele andere gleichermaßen ehrenamtlich einsetzen: Für die Unterstützung der Geflüchteten wirken in großer Zahl Migrantinnen und Migranten, ob mit oder ohne deutschen Pass, und Menschen, die selbst vor kurzer Zeit erst als Geflüchtete Hilfe empfangen haben und ihre Erfahrungen und gesammelten Kenntnisse nun an andere weitergeben wollen. Auch ihnen gebühren Dank, Anerkennung, Aufmerksamkeit, und wie allen Ehrenamtlichen nicht nur am 5. Dezember.

Wie weit die Arbeit der Ehrenamtlichen allerdings reichen kann und soll, ist problematisch. Können und sollen sie die hauptamtliche Arbeit ersetzen und damit Stadt, Land oder Bund von der entsprechenden Einstellung von Fachkräften der Sozialpädagogik oder des Unterrichtens entlasten? Diese Frage entwickelte sich nicht zum ersten Mal bei der kürzlichen Informationsveranstaltung wegen der Containerbauten in Pützchen. Für jeweils 200 Bewohner_innen gebe es eine Sozialarbeiter/instelle. 1 : 200 – Zweifel kamen auf, ob das ausreichen kann. Die Integrationsarbeit liege ganz bei den Ehrenamtlichen, beantwortete Flüchtlingskoordinator Tilgen eine Nachfrage aus dem Publikum. Die Absolutheit dieser Aussage korrigierte Tilgen bei der „Koordinierung Flüchtlingshilfe“ am 17. 11. im Alten Rathaus: Natürlich leisteten Ämter, Institutionen, Träger von Maßnahmen ihren Anteil an der Integrationsarbeit, es liege aber ganz bei den Ehrenamtlichen, die Menschen dabei zu begleiten und zu unterstützen. Bei der "Koordinierung Flüchtlingshilfe" kam auch der Schlüssel 1 : 200 zur Sprache. Er wurde seitens der Verwaltung als Ergebnis von Bemühungen gerechtfertigt, in vielen anderen Städten sei er schlechter. Die Hauptschwierigkeit liege darin, die Stellen überhaupt besetzen zu können. Ob 1 : 200 ausreicht, werden die Bewohner_innen der Gemeinschaftsunterkünfte und die Ehrenamtlichen, die sie begleiten, feststellen.

Auch in diesem Newsletter gibt es wieder Hinweise auf ganz unterschiedliche Veranstaltungen innerhalb weniger Tage. In chronologischer Reihenfolge

  1. Veranstaltungshinweis für 6. Dezember

    Sichere Herkunftsländer? Die Staaten Nordafrikas

  2. Veranstaltungshinweis für 9. Dezember

    Familiennachzug – Wie schaffen wir das? - Podiumsdiskussion in Siegburg

  3. Veranstaltungshinweis für 9. Dezember

    Muslimische Flüchtlinge in Bonn – Informationen für die Flüchtlingshilfe

  4. Veranstaltungshinweis für 9. Dezember

    Lesung mit anschließendem Erfahrungsaustausch zum Buch „Empowerment als Erziehungsaufgabe“

  5. Veranstaltungshinweis für 12. Dezember

    Die alte Heimat im Gepäck - Lebensbedingungen, Alltag und Kultur in ausgewählten Herkunftsländern

  6. Hinweis zur Handhabung der Wohnsitzauflage

 

Mit freundlichen Grüßen

Susanne Rohde für weltoffen

www.weltoffen-bonn.de

Übrigens: Auch bei weltoffen sind alle ausschließlich ehrenamtlich tätig.

 

Zu 1. Die Deutsch-Maghrebinische Gesellschaft lädt ein:

Sichere Herkunftsländer? Die Staaten Nordafrikas

Die Bundesregierung hat Marokko, Tunesien und Algerien zu sicheren Herkunftsländern erklärt. Das hat zur Folge, dass es für Angehörige dieser Länder praktisch unmöglich wird, als Asylbewerber anerkannt zu werden.
Aber gibt es nicht handfeste Gründe dafür, dass Tausende junger Menschen eine bessere Zukunft in Europa suchen? Welche Rolle spielen die verbreitete Korruption, Ausbeutung, die Unterdrückung der Meinungsfreiheit und
massive Menschenrechtsverletzungen? In welchem Maße sind die Regime der Region, mit denen Europa zusammenarbeitet, für die verbreitete Armut und das Elend der Bevölkerung mitverantwortlich?
Mahdi Alaoui kommt aus Zagora in Südmarokko und hat Geschichte und Geographie studiert. Seit 14 Jahren lebt er in Köln als freier Künstler und Musiker. Er geht der Frage nach, ob die Einordnung Marokkos als sicheres Herkunftsland gerechtfertigt ist.
Termin: Dienstag, 6. Dezember 2016, 18 Uhr
Ort: Haus der Bildung, Mülheimer Platz 1, (VHS - Bonn)
Der Eintritt ist frei.
Eine Veranstaltung in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule Bonn

 

Zu 2.

Familiennachzug – Wie schaffen wir das? - Podiumsdiskussion in Siegburg

„Die Familie ist die natürliche Grundeinheit der Gesellschaft und hat Anspruch auf Schutz durch Gesellschaft und Staat.“ (Artikel 13, Nr. 3 Allgemeine Erklärung der Menschenrechte) „Ehe und Familie stehen unter dem Schutz der staatlichen Ordnung.“ Artikel 6 Abs. 1 GG Beinahe täglich begegnen uns in der Flüchtlingsarbeit Geschichten rund um das Thema Familienzusammenführung. Die ungewisse Situation der Familienangehörigen in den Heimatländern und die Hürden, die für eine Zusammenführung überwunden werden müssen, sind für viele geflüchtete Menschen eine unerträgliche Belastung. Die gemeinsame Aktion verschiedener Träger und Initiativen aus Siegburg und Sankt Augustin möchte dieses Thema zum Tag der Menschenrechte aus verschiedenen Perspektiven beleuchten.

Einladung zur Podiumsdiskussion mit
Katja Dörner (MdB Bündnis90/die Grünen),
Sebastian Hartmann (MdB SPD),
Alexander Soranto Neu (MdB Die Linke),
Elisabeth Winkelmeier-Becker (MdB CDU) sowie
Menschen, die nach Deutschland geflohen sind.
Es moderiert Tom Hegermann
Musikalische Begleitung
am Freitag, 9. Dezember 2016, 19 bis 21 Uhr
St. Servatiushaus, Mühlenstraße 14, 53721 Siegburg

 

Zu 3. Die Stabsstelle Integration lädt ein zur Veranstaltung:

Muslimische Flüchtlinge in Bonn - Informationen für die Flüchtlingshilfe -

Freitag, 09. Dezember 2016 von 16.00 bis 19.00 Uhr
im Alten Rathaus (Eingang Markt), 3. Etage.

16.00 – 17.30 Uhr „Religiöse Praxis und Traditionen muslimischer Flüchtlinge in Bonn“ Vortrag und Diskussion. Referent:  Elhakam Sukhni, Islamwissenschaftler, Köln

17.30 – 19.00 Uhr „Radikalisierung und extremistischer Salafismus:  Beschreibung, Abgrenzung, Beratung, Prävention“ Vortrag und Diskussion. Referent: Kaan Orhon, Islamwissenschaftler, Mitarbeiter der Beratungsstelle Hayat, Bonn

Teilnahme nur nach Anmeldung bis 07.12.2016 
bei der Stabsstelle Integration, Telefon 77 3101, E-Mail
integrationsbeauftragte@bonn.de.
Nennen Sie bitte Ihren Namen und Ihre Gemeinde/Initiative/Gruppe. Vielen Dank.

 

Zu 4. Das Kommunale Integrationszentrum lädt ein zu einer Lesung mit anschließendem Erfahrungsaustausch zum Buch:
Empowerment als Erziehungsaufgabe“ Praktisches Wissen für Eltern im Umgang mit Rassismuserfahrungen bei Kindern und Jugendlichen
Freitag, 9. Dezember 2016, ab 18:00 Uhr, im literarischen Salon der Stadtbibliothek Bonn,
Haus der Bildung, Mülheimer Pl. 1, 53111 Bonn.

Das Buch richtet sich insbesondere an alle Eltern, deren Kinder (potenziell) von Rassismus betroffen sind. Der Fokus liegt dabei darauf, wie man Kinder in ihrem Selbstwert stärken kann, damit sie Gegen-entwürfe zu Vorurteile kennen und differenziert mit dem Erlebten umgehen lernen. Es ist das erste Buch auf dem deutschen Markt, das sich mit diesem Thema gezielt an Eltern richtet, aber auch an Lehrkräfte und Erzieherinnen.

Die Autorin ist promovierte Soziologin aus Marburg, Mitglied im Netzwerk gegen Diskriminierung in Hessen und selbst Mutter. Im Anschluss gibt es Gelegenheit zum Austausch.

Die Teilnehmerzahl ist begrenzt.
Anmeldung bis zum 5.12.2016 an:
mariela.georg@bonn.de oder Telefon 0228 77 6166.

 

Zu 5.

Die alte Heimat im Gepäck - Lebensbedingungen, Alltag und Kultur in ausgewählten Herkunftsländern

Die Dezember-Veranstaltung der Reihe „Informationen für die Arbeit in der Flüchtlingshilfe“ beschäftigt sich mit drei Herkunftsländern von Geflüchteten. Referent Christian van den Kerkhoff vom Bonner Institut für Migrationsforschung und Interkulturelles Lernen e.V. stellt die Herkunftsländer Afghanistan, Eritrea und Syrien vor. Dabei werden besonders die Lebenswelten und die Fluchtgründe der jeweiligen Länder sowie die daraus resultierenden Herausforderungen für das Leben in Deutschland dargestellt.

Montag, 12. Dezember 2016, 18:00 Uhr

Veranstaltungsort:  Stadthaus,  Berliner Platz 2, Ratssaal (1. Etage)

Anschließend besteht die Gelegenheit für Fragen und Anliegen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Die Inforeihe wird von der Stabsstelle Integration der Stadt Bonn veranstaltet und richtet sich an alle Akteure in der Flüchtlingshilfe.

Zu dieser Veranstaltung ist keine Anmeldung erforderlich.

 

Zu 6. Zur Wohnsitzauflage

Wie bereits in den vergangenen beiden Newslettern angesprochen, sorgt die Wohnsitzauflage für große Beunruhigung. Die mit dem Integrationsgesetz ermöglichte Einschränkung der Freizügigkeit anerkannter Geflüchteter wird in NRW besonders rigide gehandhabt: Hier wurde sie rückwirkend ab 1. Januar 2016 beschlossen. Das heißt: Alle diejenigen, die Anfang des Jahres von ihrem damals geltenden Recht Gebrauch machten und nach Abschluss ihres Asylverfahrens nach NRW (oder innerhalb von NRW) umgezogen sind, hier eine Wohnung gefunden und angemietet haben, müssen befürchten, in das frühere Bundesland zurück geschickt zu werden. In Bonn sind zahlreiche Zuzüge vor allem aus Bayern und Sachsen zu verzeichnen. Spätestens, wenn die Aufenthaltsbefristung im Ausweis abläuft und im hiesigen Ausländeramt die Verlängerung beantragt werden muss, fällt der plötzlich nicht mehr erlaubte Umzug auf. Droht dann die „Abschiebung“ nach Weiden in Bayern oder Meißen in Sachsen? Im Prinzip ja, und das sei eine hohe Belastung für die Betroffenen, so der Leiter des Bonner Ausländeramtes, Wald, während der Koordinierung Flüchtlingshilfe am 17. 11.. Doch es gibt Härtefall-Ausnahmen: Wenn minderjährige Kinder hier inzwischen die Schule besuchen, wenn ein Integrationskurs begonnen wurde, wenn innerhalb der Familie eine Pflegebedürftigkeit vorliegt, die nur hier geleistet werden kann. Wald versprach entgegenkommenden Umgang mit diesen Fällen und erwartet im Dezember die „Ausländerwohnsitzregelungsverordnung“, die Näheres regelt.

In unserem Newsletter vom 28. 10. hatten wir bereits eine Stellungnahme des Flüchtlingsrates NRW veröffentlicht, die wir im Folgenden wiederholen:

Aus aktuellem Anlass: Aufhebung der Wohnsitzregelung mittels Härtefallantrag möglich

Mit dem Integrationsgesetz, welches am 06. August 2016 in Kraft getreten ist, unterliegen Flüchtlinge, die ab dem 01. Januar 2016 einen positiven Bescheid über ihr Asylverfahren erhalten haben sowie Flüchtlinge, denen über bestimmte Aufnahmeregelungen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde, der sog. Wohnsitzregelung nach § 12a des Aufenthaltsgesetzes. In der Praxis bedeutet dies, dass die Flüchtlinge in den ersten drei Jahren nach der Anerkennung bzw. Erhalt der Aufenthaltserlaubnis nicht frei über ihren Wohnort entscheiden können.

Die Regelung trifft auf breite Kritik, denn sie verstößt gegen internationales Recht, welches die freie Wohnsitzwahl von anerkannten Flüchtlingen vorsieht (siehe z.B. Art. 26 der Genfer Flüchtlingskonvention).

Problematisch ist auch, dass die Wohnsitzregelung rückwirkend zum 01. Januar 2016 gilt. Damit müssen auch Flüchtlinge, die bereits vor Monaten - legal - Wohnungen im Bundesland ihrer Wahl bezogen haben, ihre Wohnungen verlassen und wieder zurück in das für die Erstaufnahme zuständige Bundesland. Siehe hierzu den gemeinsamen Runderlass des MAIS NRW vom 28.09.16.

Als Flüchtlingsrat NRW kritisieren wir diese Regelung, da sie unverhältnismäßig und in vielen Fällen unzumutbar ist. Betroffene haben jedoch die Möglichkeit, einen Antrag auf Aufhebung oder Änderung der Wohnsitzauflage zur Vermeidung einer Härte (Härtefallantrag) bei der zuständigen Ausländerbehörde des aktuellen Wohnsitzes zu stellen.

In einer Arbeitshilfe des Paritätischen Gesamtverbandes (Stand: Sep. 2016) werden Gründe für die Aufhebung einer Wohnsitzverpflichtung aufgelistet, welche für die Formulierung des Härtefallantrages hilfreich sind.

http://www.frnrw.de/themen-a-z/wohnsitzauflage-residenzpflicht.html