Gewerbehalle in der Beueler Maarstraße bezugsfertig

Ein Kommentar zur öffentlichen Info-Veranstaltung der Stadt am 13.04.

Ist die Stadt Bonn bereit für die Aufnahme weiterer Flüchtlinge?

Am Mittwochabend, 13. 4. 2016 stellte die Stadt Bonn das Gebäude und die Absichten für ihre neueste Flüchtlingsunterkunft vor. Zu der Informationsveranstaltung waren verschiedene Beueler PolitikerInnen und etliche Interessierte aus den umliegenden Ortsteilen in die Ödnis des Beueler Gewerbegebietes gekommen, um sich ein eigenes Bild vom Gebäudeinneren zu machen und von den Verantwortlichen der Verwaltung, des DRK und der Polizei zu hören, wie das dort mit der Flüchtlingsunterbringung konkret ablaufen soll.

Hier sollen Menschen wohnen?“

Mit dieser entsetzten Fragestellung aus der Infoveranstaltung macht der Bonner GeneralAnzeiger seinen Bericht am 15. 4. 2016 auf und verweist damit auf das Hauptproblem: Es betrifft Menschen!

Beim Gang durch die riesige Halle fällt zuerst auf, wie laut sich sämtliche Geräusche, Schritte, Stimmen darin verbreiten: Betonboden, Betonwände. Überwiegend Kunstlicht, Fenster, die sich anscheinend nicht öffnen lassen. Am Rande der Halle sind beispielhaft Unterkunftsabteile aufgebaut, mit denen nach und nach die große Fläche gefüllt werden soll: Drei mal vier Meter Raum für vier Liegen, vier Kisten, um die Habe zu verstauen, eine Kleiderstange mit einem Bügel pro Person. Jedes Abteil ist bis auf eine Eingangsöffnung im wahrsten Sinne des Wortes eingezäunt, denn die zwei Meter hohen „Wände“ sind Bauzäune, die zum Sichtschutz mit Plastikplanen verhängt sind. Nicht einmal die Plastikkisten lassen Privatatmosphäre zu, denn sie sind durchsichtig und nicht verschließbar.

Beim vorangegangenen Pressetermin gab es, anders als in der Infoveranstaltung, offenbar auch die Ankündigung, dass die Halle noch mit Schränken und Schallschluckelementen ausgestattet werden solle, so der GeneralAnzeigerbericht vom 14. 4. 2016. Ein Teil der ungegliederten Halle soll als Aufenthaltsbereich eingerichtet werden, später sollen noch Küchenbereiche dazukommen. Hinter Rolltoren schließt sich eine weitere riesige Halle an. Außen vor der Halle befinden sich Sanitärcontainer mit Duschen, WCs, Waschbecken.

Wenn auch Platz für 500 Betten ist, hofft die Verwaltung darauf, dass hier nur bis zu 100 Personen gleichzeitig ausharren müssen, bis ihnen Wohnunterkünfte, zum Beispiel in Containern, zugewiesen werden können. Es sollen ausschließlich Neuankömmlinge hier untergebracht werden, und dies auch nur für sechs bis acht Wochen. Eine Zeit zum Kennenlernen, zum Orientieren sei das, ja, die Menschen könnten hier sogar „erste Möglichkeiten von Arbeit im Kleinen üben“, wenn sie im Küchenbereich gemeinschaftlich kochen und helfen, das Gebäude in Ordnung zu halten. Deshalb wolle man auch baldigst auf die sonst in Gemeinschaftsunterkünften übliche Vollversorgung durch Catering verzichten. (Diese löbliche Absicht ausgerechnet hier zu erproben, wo es keinen Einzelhandel in der Nachbarschaft gibt und erst recht keine Geschäfte, die die vertrauten Produkte der heimischen Küche im Angebot haben, wo die gerade Angekommenen noch kaum selbständige Schritte unternehmen können und nun wirklich nicht motiviert sein dürften, die kargen Möglichkeiten der unwirtlichen Umgebung zu erkunden, weil sie ja doch nicht hier bleiben sollen, das kommt mir völlig abstrus vor!) Dazu wird es einen Sicherheitsdienst geben und Betreuung durch Hauptamtliche, wegen der Umgebung intensiver und abschirmend, und auch hier wie anderswo ist die ehrenamtliche Mitwirkung sehr erwünscht. „Wir zählen auf Sie, ich sage jetzt schon danke!“, versicherte Kurt Berger, Leiter des Amtes für Soziales und Wohnen. Diesbezügliche Gespräche mit den christlichen Gemeinden in Pützchen wurden schon geführt.

Zahlreiche Anwesende zeigten durch Beiträge, Kommentare, Beifall, dass sie in der Tat den Geflüchteten beim Ankommen, Orientieren, Integrieren helfen, aber sich mit den hier gegebenen Bedingungen nicht abfinden wollen. Trotz der beschönigenden Worte bleiben die elementaren Vorbehalte gegen die Massenunterkunft in isolierter Lage bestehen.

Aus den Worten der VerwaltungsvertreterInnen wurde deutlich, unter welchem immensen Druck diese seit Monaten stehen: Die hohe Zahl der Woche für Woche Neueintreffenden brauchte schneller den Wohnraum auf, als dieser allen Anstrengungen zum Trotz beschafft werden konnte, ganz zu schweigen von Vorratsbeschaffung. Die Zielsetzung zur Unterbringung in kleinen dezentralen Einheiten musste aufgegeben, die Neuangekommenen mussten schließlich in Turnhallen untergebracht werden.

Jetzt ist die Stadt Bonn bereit zur Aufnahme weiterer Flüchtlinge. Aber zu welchem Preis?

Es bleibt beim Nein zur Unterbringung in Turn- oder Gewerbehallen!

Bei allem Verständnis und bei Anerkennung der Bemühungen: Was macht die Unterbringung in der Gewerbehalle denn besser als die in einer Turnhalle? Für die Menschen, die darin leben, schlafen, Ruhe und sich zurecht finden sollen, überhaupt nichts: Hier ist es innen und in der Umgebung sogar deutlich schlechter. Und das ist es, was zahlreiche Anwesende wie mich alarmiert und am „Nein“ festhalten lässt: Gewerbehalle, Gewerbegebiet gehen nicht!

Die Halle in der Maarstraße ist aus meiner Sicht noch weniger eine Lösung des Problems, als es die geplanten temporären Unterkünfte in Pützchen, Vilich-Müldorf, Geislar, Ramersdorf sein werden.

Lösungen müssen zuallerst menschenwürdig sein, sollen aber auch zukunftsfähig, nachhaltig und integrativ sein, um wirklich Lösungen genannt zu werden.

Ich hoffe und erwarte, dass die Verwaltung (weiter) jede bessere Möglichkeit sucht und nutzt, so dass die Einquartierung in dieser Halle nicht nötig wird!
Und ich dränge weiter darauf, dass die politischen Gremien in Bonn ganz schnell Kraft, Entschlussfreudigkeit, Ideenreichtum, Empathie aufbringen, um den seit langem dringend benötigten neuen Wohnraum in Bonn zu schaffen.

15. 4. 2016. Susanne Rohde, Bonner flüchtlingspolitisches Netzwerk weltoffen.